Drogenentzug, Heroinentzug

Aus Gefangenenratgeber

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15.7. Drogenentzug, Heroinentzug

Es gibt zwei extreme Standpunkte darüber, was bei einem Entzug, insbesondere Heroinentzug, zu tun sei. Die einen sagen: intensive ärztliche Betreuung, womit sie gleich Tablettenverordnung, Injektionen, Kreislaufüberwachung und Krankenbett meinen. Die anderen sagen: keine Tabletten, gar nichts, durchstehen von Schmerzen, hart anpacken und so ähnlich. Es fällt mir daher schwer, klare Ratschläge zu geben. Wie sieht ein Entzug aus? Du wirst nervös, unruhig, schläfst schlecht. In der Magengegend sind Krämpfe, deine Glieder tun dir weh. Wenn der Entzug stärker ist, hast du Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen, z.B. Schwarzwerden vor den Augen beim Aufstehen. Beim Atmen fehlt dir die Luft, Angstgefühle tauchen auf. Unruhe, Zittern sind vorrangig. Wenn es noch schlimmer kommt - was Gott sei Dank nicht SO häufig ist - kann auch Bewusstlosigkeit auftreten; du musst klinische Behandlung bekommen, Infusionen, Kreislauf Überwachung u.a. Wie verhalte ich mich bei der Verhaftung? Gib klar zu verstehen, dass du drogenab­hängig bist, denn es soll vorgekommen sein, dass Leute erst später in der Zelle auf den turkey (Entzug) gekommen sind. Es ist wichtig, ärztliche Behandlung zu fordern. Das Recht steht dir zu. Viel Hilfe würde ich allerdings nicht erwarten, denn man findet nicht viel Verständnis. Oft heißt es, die_der ist ja selbst schuld. Ratsam sind eher einige Übungen, sofern das der Zustand erlaubt: ruhiges Atmen, autogenes Training, Entspannen der Muskulatur, Massage, Gespräche und Hilfen von der Zellennachbarin_vom Zellennachbarn. Ich meine, dass es für dich wichtig ist, beim Entzug auch zu versuchen, ne Menge durchzustehen. Die Symptome sind ja Signale deines Körpers, der das Gift wieder rausschaffen muss. Man sagt, diese Krise bringt dir auch was. Ich bin mir klar darüber, dass das einfacher zu schreiben ist, als so was durchzuhalten. Oft kommt man ohne Tabletten nicht aus, z.B. Beruhigungsmittel, wie Valium, Librium, Distaneurin oder Valoron. Distaneurin hilft dir überhaupt nichts, dir wird höchstens schlecht. Und mit Valoron tauschst du deine Sucht nur gegen eine andere aus. Sei sparsam mit Medikamenten, insbesondere am Anfang, denn du weißt nicht, wie sich der Entzug entwickelt und wann du wieder zu einer_m Ärzt_in kommst. Erfahrungsgemäß ist der dritte Tag der schlimmste. Wichtig ist auch, zu erreichen, dass du in eine Gemeinschaftszelle kommst, denn es müssen Leute um dich sein, die entweder Hilfe holen oder dich beruhigen können. Sonst besteht die Gefahr von starken Depressionen mit allen Folgen. Die Frage, ob man sich auf Ersatzdrogen einlassen soll, wird von Gefangenen, die im Knast Heroinentzug durchgemacht haben; verschieden beantwortet. Dazu einen Bericht über den Entzug in der JVA Mannheim: „Grundsätzlich kommen dort alle Fixer ins Krankenrevier, wo sie von den Sanis (Arzt wird nur in dringenden Notfällen herbeigerufen) mit Ersatzdrogen behandelt werden. In der Praxis sieht das dann so aus: der Heroinabhängige wird ans Valoron umgewöhnt, nach einiger Zeit das Valoron langsam wieder abgesetzt, evtl. mit Valium nachbehandelt bis alles überstanden ist. Einen Missbrauch der Ersatzdrogen verhindert man dadurch, dass die Medikamente nur im Beisein der Sanis verabreicht werden. Durch diese Methode kommt der Heroinentzug nicht zum Ausbruch, sondern wird überbrückt. Ein Arzt ist dabei nicht unbedingt nötig. Ich will mich nicht unbedingt dafür einsetzen, dass im Knast Ersatzdrogen verabreicht werden, aber wenn schon im Knast keine ausreichende ärztliche Betreuung möglich ist, so ist diese Methode immerhin eine Notlösung und ist vor allem weitaus ungefährlicher, als eine Radikalkur ohne ärztliche Betreuung." Nach meiner Erfahrung wird jedoch durch Valoron der Entzug nur unnötig hinausgezögert ― und der Valoron-Entzug ist schlimmer als der von Heroin. Du solltest dir also überlegen, möglichst gar nichts zu nehmen, und wenn sie dich zwingen wollen, dich auch dagegen zu wehren.


15.7. Drogenentzug, Heroinentzug

Es gibt zwei extreme Standpunkte darüber, was bei einem Entzug, insbesondere Heroinentzug, zu tun sei. Die einen sagen: intensive ärztliche Betreuung, womit sie gleich Tablettenverordnung, Injektionen, Kreislaufüberwachung und Krankenbett meinen. Die anderen sagen: keine Tabletten, gar nichts, durchstehen von Schmerzen, hart anpacken und so ähnlich. Es fällt mir daher schwer, klare Ratschläge zu geben. Wie sieht ein Entzug aus? Du wirst nervös, unruhig, schläfst schlecht. In der Magengegend sind Krämpfe, deine Glieder tun dir weh. Wenn der Entzug stärker ist, hast du Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen, z.B. Schwarzwerden vor den Augen beim Aufstehen. Beim Atmen fehlt dir die Luft, Angstgefühle tauchen auf. Unruhe, Zittern sind vorrangig. Wenn es noch schlimmer kommt - was Gott sei Dank nicht SO häufig ist - kann auch Bewusstlosigkeit auftreten; du musst klinische Behandlung bekommen, Infusionen, Kreislauf Überwachung u.a. Wie verhalte ich mich bei der Verhaftung? Gib klar zu verstehen, dass du drogenab­hängig bist, denn es soll vorgekommen sein, dass Leute erst später in der Zelle auf den turkey (Entzug) gekommen sind. Es ist wichtig, ärztliche Behandlung zu fordern. Das Recht steht dir zu. Viel Hilfe würde ich allerdings nicht erwarten, denn man findet nicht viel Verständnis. Oft heißt es, die_der ist ja selbst schuld. Ratsam sind eher einige Übungen, sofern das der Zustand erlaubt: ruhiges Atmen, autogenes Training, Entspannen der Muskulatur, Massage, Gespräche und Hilfen von der Zellennachbarin_vom Zellennachbarn. Ich meine, dass es für dich wichtig ist, beim Entzug auch zu versuchen, ne Menge durchzustehen. Die Symptome sind ja Signale deines Körpers, der das Gift wieder rausschaffen muss. Man sagt, diese Krise bringt dir auch was. Ich bin mir klar darüber, dass das einfacher zu schreiben ist, als so was durchzuhalten. Oft kommt man ohne Tabletten nicht aus, z.B. Beruhigungsmittel, wie Valium, Librium, Distaneurin oder Valoron. Distaneurin hilft dir überhaupt nichts, dir wird höchstens schlecht. Und mit Valoron tauschst du deine Sucht nur gegen eine andere aus. Sei sparsam mit Medikamenten, insbesondere am Anfang, denn du weißt nicht, wie sich der Entzug entwickelt und wann du wieder zu einer_m Ärzt_in kommst. Erfahrungsgemäß ist der dritte Tag der schlimmste. Wichtig ist auch, zu erreichen, dass du in eine Gemeinschaftszelle kommst, denn es müssen Leute um dich sein, die entweder Hilfe holen oder dich beruhigen können. Sonst besteht die Gefahr von starken Depressionen mit allen Folgen. Die Frage, ob man sich auf Ersatzdrogen einlassen soll, wird von Gefangenen, die im Knast Heroinentzug durchgemacht haben; verschieden beantwortet. Dazu einen Bericht über den Entzug in der JVA Mannheim: „Grundsätzlich kommen dort alle Fixer ins Krankenrevier, wo sie von den Sanis (Arzt wird nur in dringenden Notfällen herbeigerufen) mit Ersatzdrogen behandelt werden. In der Praxis sieht das dann so aus: der Heroinabhängige wird ans Valoron umgewöhnt, nach einiger Zeit das Valoron langsam wieder abgesetzt, evtl. mit Valium nachbehandelt bis alles überstanden ist. Einen Missbrauch der Ersatzdrogen verhindert man dadurch, dass die Medikamente nur im Beisein der Sanis verabreicht werden. Durch diese Methode kommt der Heroinentzug nicht zum Ausbruch, sondern wird überbrückt. Ein Arzt ist dabei nicht unbedingt nötig. Ich will mich nicht unbedingt dafür einsetzen, dass im Knast Ersatzdrogen verabreicht werden, aber wenn schon im Knast keine ausreichende ärztliche Betreuung möglich ist, so ist diese Methode immerhin eine Notlösung und ist vor allem weitaus ungefährlicher, als eine Radikalkur ohne ärztliche Betreuung." Nach meiner Erfahrung wird jedoch durch Valoron der Entzug nur unnötig hinausgezögert ― und der Valoron-Entzug ist schlimmer als der von Heroin. Du solltest dir also überlegen, möglichst gar nichts zu nehmen, und wenn sie dich zwingen wollen, dich auch dagegen zu wehren.


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