Zur Psychatrisierung über den Krankheitsbegriff

Aus Gefangenenratgeber

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Im offiziellen Jargon wird ein solcher Selbstmord als "bedauerlich" bezeichnet und zynisch darauf zurückgeführt, dass der_die Betroffene eben noch nicht lange genung in "Behandlung" war. Um derartigen "selbstzerstörerischen" Handlungen also "vorzubeugen", werden die Menschen in der Psychiatrie oft rund um die Uhr "ruhiggestellt", d.h. mit Psychopillen und Nervengiften (von den Medizinern beschönigend Psychopharmaka und Neuroleptika genannt)vollgeknallt (diese Form der Zwangsbehandlung ist seit 1985 auch legal). Voll zugedröhnt sind die so Behandelten gefühls- und willenlose Wesen, deren einziges Interesse es - dank der suchterzeugenden Komponente der "kleinen bunten Helfer" - nach einiger Zeit ist, ausreichende Mengen der Psychodrogen zu ergattern. So wird es Vielen immer gleichgültiger, ob sie in der Klapse sind oder nicht.
Im offiziellen Jargon wird ein solcher Selbstmord als "bedauerlich" bezeichnet und zynisch darauf zurückgeführt, dass der_die Betroffene eben noch nicht lange genung in "Behandlung" war. Um derartigen "selbstzerstörerischen" Handlungen also "vorzubeugen", werden die Menschen in der Psychiatrie oft rund um die Uhr "ruhiggestellt", d.h. mit Psychopillen und Nervengiften (von den Medizinern beschönigend Psychopharmaka und Neuroleptika genannt)vollgeknallt (diese Form der Zwangsbehandlung ist seit 1985 auch legal). Voll zugedröhnt sind die so Behandelten gefühls- und willenlose Wesen, deren einziges Interesse es - dank der suchterzeugenden Komponente der "kleinen bunten Helfer" - nach einiger Zeit ist, ausreichende Mengen der Psychodrogen zu ergattern. So wird es Vielen immer gleichgültiger, ob sie in der Klapse sind oder nicht.
Ein weiterer "Vorteil" der Psychiatrie liegt in der Möglichkeit, Menschen dort auf unbegrenzte Zeit zu internieren - der richtige Entlassungszeitpunkt ist gekommen, wenn "Heilung" festgestellt wird.Und da sind die Psycho-Schließer sehr erfinderisch und phantasievoll...
Ein weiterer "Vorteil" der Psychiatrie liegt in der Möglichkeit, Menschen dort auf unbegrenzte Zeit zu internieren - der richtige Entlassungszeitpunkt ist gekommen, wenn "Heilung" festgestellt wird.Und da sind die Psycho-Schließer sehr erfinderisch und phantasievoll...
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Nach Psychiatrieregeln einzufahren ist sogar noch einfacher als nach dem Strafvollzugsgesetz
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Nach Psychiatrieregeln einzufahren ist sogar noch einfacher als nach dem Strafvollzugsgesetz, da diese schwammig genug definiert sind, um den Handlangern der Herrschenden zu ermöglichen, sie auf fast jeden anzuwenden. Tatsächlich gerät jeder dritte Bundesbürger irgendwann im Laufe seines Lebens in den Machtbereich der Psychiatrie - ambulant oder stationär, freiwillig oder zwangsweise.
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Je stärker nun die Definition des Andersseins als Kranksein auch auf den Knast übertragen wird, desto mehr setzt sich die Strategie des "Behandlungsvollszugs" durch. Die Gewalt wird

Version vom 1. Juni 2011, 19:24 Uhr

(Da der folgende Themenkomplex unabhängig von dem in diesem Kapitel vorab beschriebenen bearbeitet wurde und eine in sich geschlossene Abhandlung darstellt, wird sich die ein oder andere Information wiederholen.)

Einleitung

Das Kapitel " Psychiatrisierung über den Krankheitsbegriff beschäftigt sich mit der Bedeutung der Klapse in dieser Gesellschaft und der sog "Behandlung" der dort internierten Menschen. Wie Justiz und Psychiatrie zusammenwirken, dem gleichen Ziel dienen sollen, versuchen wir im 2. Kapitel darzustellen. Unterpunkte sind das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sowie der Ausbau von Drogenknästen und sogenannten Drogenkliniken. Ob du im Knast oder in der Klapse landest, hängt oft von einer Person ab: dem/der Gutachter_in. Deshalb haben wir im 3. Kapitel alles zusammengestellt, was du wissen solltest, wenn du mit ihm/ihr zu tun hast. Im 4. Kapitel versuchen wir noch einmal detailliert zu schildern, was es heißt, als Drogenabhängige_r im Knast zu sein und dort auch noch "Therapie" zu machen; und im 5. Kapitel geht es darum darzustellen, welche Möglichkeiten der Verweigerung von Zwangstherapien es gibt, sowie Strategien bzw. Techniken ohne § 35 BtMG aus dem Knast zu kommen bzw. in zu überstehen.

19.1.1. Zur Psychiatrisierung über den Krankeitsbegriff

Dass Menschen, die ein Gesellschaftssystem in verschiedenster Art und Weise "stören", als "krank" bezeichnet werden, ist sicher kein neues Phänomen. Auch nicht, dass Zwangsmedikamentierung, sofern sie aus Gefängnissen und Psychatrien anderer Staaten bekannt wird, durchaus angeklagt wird, im eigenen Land aber als eine von vielen Behandlungsmethoden gilt, um den kranken Menschen, sprich: Störfaktor, zu heilen (z.B. mit Haldol). Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erlangt der psychiatrische Sektor kaum. Auffallend ist die Tendenz, den Krankheitsbegriff, der sich im psychiatrischen Bereich gerade im Zusammenhang mit Entmündigung und Hospitalisierung sehr bewährt hat, auf andere Bereiche, also z.B. Knast (Behandlungsvollzug!) zu übertragen. Worin aber liegen Sinn und Erfolg dieser Methode, alle Formen des Unangepasstseins - von Verweigerung bis Widerstand gegen Funktionieren im Sinne dieses Staates - als krank zu bezeichnen? Zunächst einmal schränkt sie ganz klar die Solidarisierungsmöglichkeiten ein. Basierend auf der These, die "Krankheit" sei Resultat ganz persönlicher Geschichte des_der Einzelnen, also nur Ergebnis individueller Sozialisationsverläufe oder gar "vererbt" (mit der Erbtheorie haben wir ja speziell in Deutschland einige Erfahrung), wird jeglicher gesellschaftlicher Zusammenhang geleugnet. So kommt wohl Mitleid/Verständnis mit diesen ach so armen Menschen auf, denen das Schicksal so hart mitgespielt hat - aber ganz entscheidend: jeder Mensch wird nur in seiner ganz individuellen Geschichte gesehen, die er mit keinem anderen teilt. "Behandelt wird also immer das Resultat (das Symptom) der individuellen Geschichte - hier fühlen sich sodann Laienhelferkreise und Patientenklubs gefordert, die beim gemütlichen Kaffeetrinken beisammen sitzen, ehrenamtliche Betreuer_innen spielen und sich bemühen, die individuellen Folgen des Lebens in diesem Staat beseitigen zu helfen. Unbeachtet bleibt, dass gerade dieses System die Ursache für die verschiedenen Formen der Verweigerung und des Widerstands ist, also nicht Mitleid und Verständinis, sondern eine grundsätzliche Solidarisierung mit denen angesagt ist, die so oder so durch das "soziale Netz" gefallen sind, eine Unterstützung ihrer Gegenwehr gegen das, was sie kaputt macht. Wie oben bereits angedeutet, dient die Diagnose "individuelle Krankheit" auch dazu, von der grundsätzlichen Krankheit des Systems abzulenken, die Aufmerksamkeit soll von der Ursache auf die Wirkung gelenkt werden. Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Sinn dieser Methode liegt darin, die Betroffenen dazu zu bringen, sich selbst als "krank" zu begreifen. So wird ihnen dies über einen langen Zeitraum hinweg mit Hilfe verschiedener subtiler "Behandlungsmethoden" eingeredet. Hierzu dienen einschlägige sanfte Maßnahmen: keine offene Gewalt, d.h. jedenfalls keine sichtbare, direkt spürbare, sofort offensichtliche Gewalt; also: Medikamente, Gespräche, Zuwendungen und kleine Sanktionen, alles freundlich un therapeutisch begründet. So wird der_die Einzelne abgelenkt von den gesellschaftlichen Ursachen seines_ihres Schicksals (also auch des "Psychiatrisiert-Seins"), bis nur noch das eigene persönlich "Unglück" oder gar "Versagen" sehen. Wer dadurch noch nicht das gewünschte "bewusstlose" Objekt wird, das die führende Hand der Psychiater_innen braucht, wer noch sein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gewahrt hat (sich einfach nicht für dumm verkaufen lassen will), in dessen Fall wird zu den gewaltsamen Disziplinarmaßnahmen, wie Isozellen, Bunker, Fixiergurte, körperliche Misshandlung, Betonspritzen etc. gegriffen. Zwar sollen die Behandlungsmethoden sauber und undurchsichtig - für drinnen und für draußen - sein, doch selbst die offenen Gewaltmaßnahmen sind über den Krankheitsbegriff noch zu rechtfertigen; Schlagworte wie Krankheituneinsichtigkeit, Schutz der Patienten vor sich selbst, usw. sind ja hinlänglich bekannt. Wichtig ist auch der Aspekt, dass es in der Psychiatrie keine offiziellen "Versagensquoten" gibt. D.h. z.B., dass Selbstmord in der Psychiatrie eben auf die bei den jeweiligen "Patient_innen" bereits vorhandenen "Krankheiten" zurückgeführt wird; deren angebliches Vorhandensein verdeckt den Blick auf die tatsächlichen Ursachen des Selbstmords, nämlich den zerstörerischen "Lebensbedingungen" sowohl in der Psychiatrie als auch draußen. Im offiziellen Jargon wird ein solcher Selbstmord als "bedauerlich" bezeichnet und zynisch darauf zurückgeführt, dass der_die Betroffene eben noch nicht lange genung in "Behandlung" war. Um derartigen "selbstzerstörerischen" Handlungen also "vorzubeugen", werden die Menschen in der Psychiatrie oft rund um die Uhr "ruhiggestellt", d.h. mit Psychopillen und Nervengiften (von den Medizinern beschönigend Psychopharmaka und Neuroleptika genannt)vollgeknallt (diese Form der Zwangsbehandlung ist seit 1985 auch legal). Voll zugedröhnt sind die so Behandelten gefühls- und willenlose Wesen, deren einziges Interesse es - dank der suchterzeugenden Komponente der "kleinen bunten Helfer" - nach einiger Zeit ist, ausreichende Mengen der Psychodrogen zu ergattern. So wird es Vielen immer gleichgültiger, ob sie in der Klapse sind oder nicht. Ein weiterer "Vorteil" der Psychiatrie liegt in der Möglichkeit, Menschen dort auf unbegrenzte Zeit zu internieren - der richtige Entlassungszeitpunkt ist gekommen, wenn "Heilung" festgestellt wird.Und da sind die Psycho-Schließer sehr erfinderisch und phantasievoll... Nach Psychiatrieregeln einzufahren ist sogar noch einfacher als nach dem Strafvollzugsgesetz, da diese schwammig genug definiert sind, um den Handlangern der Herrschenden zu ermöglichen, sie auf fast jeden anzuwenden. Tatsächlich gerät jeder dritte Bundesbürger irgendwann im Laufe seines Lebens in den Machtbereich der Psychiatrie - ambulant oder stationär, freiwillig oder zwangsweise.

Je stärker nun die Definition des Andersseins als Kranksein auch auf den Knast übertragen wird, desto mehr setzt sich die Strategie des "Behandlungsvollszugs" durch. Die Gewalt wird