Zur Psychatrisierung über den Krankheitsbegriff

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19.1.1. Zur Psychiatrisierung über den Krankeitsbegriff

Dass Menschen, die ein Gesellschaftssystem in verschiedenster Art und Weise "stören", als "krank" bezeichnet werden, ist sicher kein neues Phänomen. Auch nicht, dass Zwangsmedikamentierung, sofern sie aus Gefängnissen und Psychatrien anderer Staaten bekannt wird, durchaus angeklagt wird, im eigenen Land aber als eine von vielen Behandlungsmethoden gilt, um den kranken Menschen, sprich: Störfaktor, zu heilen (z.B. mit Haldol). Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erlangt der psychiatrische Sektor kaum. Auffallend ist die Tendenz, den Krankheitsbegriff, der sich im psychiatrischen Bereich gerade im Zusammenhang mit Entmündigung und Hospitalisierung sehr bewährt hat, auf andere Bereiche, also z.B. Knast (Behandlungsvollzug!) zu übertragen. Worin aber liegen Sinn und Erfolg dieser Methode, alle Formen des Unangepasstseins - von Verweigerung bis Widerstand gegen Funktionieren im Sinne dieses Staates - als krank zu bezeichnen? Zunächst einmal schränkt sie ganz klar die Solidarisierungsmöglichkeiten ein. Basierend auf der These, die "Krankheit" sei Resultat ganz persönlicher Geschichte des_der Einzelnen, also nur Ergebnis individueller Sozialisationsverläufe oder gar "vererbt" (mit der Erbtheorie haben wir ja speziell in Deutschland einige Erfahrung), wird jeglicher gesellschaftlicher Zusammenhang geleugnet. So kommt wohl Mitleid/Verständnis mit diesen ach so armen Menschen auf, denen das Schicksal so hart mitgespielt hat - aber ganz entscheidend: jeder Mensch wird nur in seiner ganz individuellen Geschichte gesehen, die er mit keinem anderen teilt. "Behandelt wird also immer das Resultat (das Symptom) der individuellen Geschichte - hier fühlen sich sodann Laienhelferkreise und Patientenklubs gefordert, die beim gemütlichen Kaffeetrinken beisammen sitzen, ehrenamtliche Betreuer_innen spielen und sich bemühen, die individuellen Folgen des Lebens in diesem Staat beseitigen zu helfen. Unbeachtet bleibt, dass gerade dieses System die Ursache für die verschiedenen Formen der Verweigerung und des Widerstands ist, also nicht Mitleid und Verständinis, sondern eine grundsätzliche Solidarisierung mit denen angesagt ist, die so oder so durch das "soziale Netz" gefallen sind, eine Unterstützung ihrer Gegenwehr gegen das, was sie kaputt macht. Wie oben bereits angedeutet, dient die Diagnose "individuelle Krankheit" auch dazu, von der grundsätzlichen Krankheit des Systems abzulenken, die Aufmerksamkeit soll von der Ursache auf die Wirkung gelenkt werden. Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Sinn dieser Methode liegt darin, die Betroffenen dazu zu bringen, sich selbst als "krank" zu begreifen. So wird ihnen dies über einen langen Zeitraum hinweg mit Hilfe verschiedener subtiler "Behandlungsmethoden" eingeredet. Hierzu dienen einschlägige sanfte Maßnahmen: keine offene Gewalt, d.h. jedenfalls keine sichtbare, direkt spürbare, sofort offensichtliche Gewalt; also: Medikamente, Gespräche, Zuwendungen und kleine Sanktionen, alles freundlich un therapeutisch begründet. So wird der_die Einzelne abgelenkt von den gesellschaftlichen Ursachen seines_ihres Schicksals (also auch des "Psychiatrisiert-Seins"), bis nur noch das eigene persönlich "Unglück" oder gar "Versagen" sehen. Wer dadurch noch nicht das gewünschte "bewusstlose" Objekt wird, das die führende Hand der Psychiater_innen braucht, wer noch sein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gewahrt hat (sich einfach nicht für dumm verkaufen lassen will), in dessen Fall wird zu den gewaltsamen Disziplinarmaßnahmen, wie Isozellen, Bunker, Fixiergurte, körperliche Misshandlung, Betonspritzen etc. gegriffen. Zwar sollen die Behandlungsmethoden sauber und undurchsichtig - für drinnen und für draußen - sein, doch selbst die offenen Gewaltmaßnahmen sind über den Krankheitsbegriff noch zu rechtfertigen; Schlagworte wie Krankheituneinsichtigkeit, Schutz der Patienten vor sich selbst, usw. sind ja hinlänglich bekannt. Wichtig ist auch der Aspekt, dass es in der Psychiatrie keine offiziellen "Versagensquoten" gibt. D.h. z.B., dass Selbstmord in der Psychiatrie eben auf die bei den jeweiligen "Patient_innen" bereits vorhandenen "Krankheiten" zurückgeführt wird; deren angebliches Vorhandensein verdeckt den Blick auf die tatsächlichen Ursachen des Selbstmords, nämlich den zerstörerischen "Lebensbedingungen" sowohl in der Psychiatrie als auch draußen. Im offiziellen Jargon wird ein solcher Selbstmord als "bedauerlich" bezeichnet und zynisch darauf zurückgeführt, dass der_die Betroffene eben noch nicht lange genung in "Behandlung" war. Um derartigen "selbstzerstörerischen" Handlungen also "vorzubeugen", werden die Menschen in der Psychiatrie oft rund um die Uhr "ruhiggestellt", d.h. mit Psychopillen und Nervengiften (von den Medizinern beschönigend Psychopharmaka und Neuroleptika genannt)vollgeknallt (diese Form der Zwangsbehandlung ist seit 1985 auch legal). Voll zugedröhnt sind die so Behandelten gefühls- und willenlose Wesen, deren einziges Interesse es - dank der suchterzeugenden Komponente der "kleinen bunten Helfer" - nach einiger Zeit ist, ausreichende Mengen der Psychodrogen zu ergattern. So wird es Vielen immer gleichgültiger, ob sie in der Klapse sind oder nicht. Ein weiterer "Vorteil" der Psychiatrie liegt in der Möglichkeit, Menschen dort auf unbegrenzte Zeit zu internieren - der richtige Entlassungszeitpunkt ist gekommen, wenn "Heilung" festgestellt wird.Und da sind die Psycho-Schließer sehr erfinderisch und phantasievoll... Nach Psychiatrieregeln einzufahren ist sogar noch einfacher als nach dem Strafvollzugsgesetz, da diese schwammig genug definiert sind, um den Handlangern der Herrschenden zu ermöglichen, sie auf fast jeden anzuwenden. Tatsächlich gerät jeder dritte Bundesbürger irgendwann im Laufe seines Lebens in den Machtbereich der Psychiatrie - ambulant oder stationär, freiwillig oder zwangsweise.

Je stärker nun die Definition des Andersseins als Kranksein auch auf den Knast übertragen wird, desto mehr setzt sich die Strategie des "Behandlungsvollszugs" durch. Die Gewalt wird subtiler, das Feindbild verwischt sich - statt des Rollkommandos steht ein/e sanft lächelnde/r Prsycholog/in in der Zelle, der/die sich deine Probleme anhört, deine Kindheit analysiert und dir genau erklären kann, warum es gut für dich ist, hier zu sein, eine Chance der Veränderung eben. Arbeitest du brav und willig am Therapieprogramm mit, winken dir vorzeitige Entlassung und die anderen Bonbons, die die Justiz and Angepasste so verteilt - lehnst du es ab, dich dieser Zwangstherapie zu unterwerfen, bist du eben "krankheitsuneinsichtig" und begreifst nicht, dass alle schließlich nur dein Bestes wollen. Diese Einsicht muss dir dann eben mit Gewalt vermittelt werden. Schon jetzt ist es ja neben den altbekannten gewaltsamen Disziplinierungsmaßnahmen üblich, sogenannte "Störer" vom Knast in die Klapse zu verlegen, in Berlin-Tegel gibt's der Einfachheit halber schon 'ne eigene psychiatrisch/neurologische Abteilung. Nun noch ein eigenes zur medikamentösen Behandlung, der du mit einiger Sicherheit in die Psychiatrie oder auf psychiatrisch/neurologischen Abteilung. Nun noch einiges zur medikamentösen Behandlung, der du mit einiger Sicherheit in der Psychiatrie oder auf psychiatrisch/neurologischen Abteilung (PN-Station) eines Knastes ausgesetzt bist. Die am häufigsten verwendeten Mittel wie Haldol, Glianimon, Lyogen, Neurocil, Dapotum, Akineton, Melleril, Fluaxol, Taxilan, Atosil, Imap, Apponal usw. - es kommen übrigens auch immer neue Pillen mit anderem Namen aber gleichen Wirkstoffen auf den Markt - haben eines gemeinsam: Sie sind absolut ungesund, krankmachend, schädlich. Psychopharmaka greifen die irnorganischen Stoffwechselvorgänge an und führen zu körperlichen, psychischen, unter Umständen auch hirnorganischen Schäden. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen deines Verhaltens gelten dann aber gerade als Beweis für deine Geisteskrankheit. Von einem bekannten Psychiatrieprof (Helmchen, FU Berlin)wurde die Belastung des Organismus durch eine Dauertherapie mit Psychopharmaka den Auswirkungen des chronischen Alkohlolismus gleichgestellt (was noch untertrieben sein dürfte). Konkret tauchen folgende körperliche Schäden als "Nebenwirkungen" der Medikamente auf: Zerstörung der weißen Blutkörperchen, Leber- und Gallenschäden, Hautkrankheiten, Krampfanfälle, Krebs, Lähmungserscheinungen, optische und akustische Verzerrungen, Menstruationsbeschwerden, erhöhte Missbildungsgefahr bei Schwangerschaften, Impotenz, Beeinflussung des Stammhirns in Form von Parkinsonismus (mimische Starre, Krampf der Rückenmuskulatur, Vorstrecken der Zunge, Schmatzen, Speichelfluss, Sprachstörungen, Streckkrämpfe, unwillkürliche Bewegungen, Zittern der Hände und Füße, Sitzunruhe) - diese Symptome treten vor allem nach Haldol-Einnahme bzw. - Verabreichung auf. Als Gegenmittel wird dann Akineton gegeben, wodurch wieder neue Nebenwirkungen wie Verstopfung, Harnverhaltung, Verwirrtheitszustände, Schlafstörungen, Unruhe, Kreislauf und Herzrythmusstörungen dazu kommen. Zu den körperlichen Schädigungen kommen dann noch die psychischen, als da sind Verwirrtheit, Benommenheit, Bewusstseinsstörungen, vegetative Krisen, Delirien, Depressionen, Selbsttötung, Entzugserscheinungen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Psychopharmaka nur ein Symptom "heilen", an die Ursachen natürlich nicht herankommen, sondern vielmehr verhindern, dass du dich mit deinem Ausflippen, deiner Traurigkeit oder was auch immer auseinandersetzt - und das sie außerdem echte Krankheit erzeugen. Gilt die Behandlung als abgeschlossen setzen oft die alten "Krankheitssymptome" wieder ein, und du wirst aufs Neue behandelt. So kommt es zur sogenannten "Drehtürpsychiatrie". Das ganze lässt nur einen Schluss zu: Lass dich nicht "ruhigstellen"! Das ist nicht immer so einfach, da, wie erwähnt, die Zwangsbehandlung nach § 30 Abs.2 PsychKG (unaufschiebbare Behandlungsmaßnahmen hat der Kranke zu dulden) 1985 legalisiert wurde. Wenn du in der Klapse landest, gib vor allem keine Unterschriften bei der Einlieferung ab. Du sollst da oft pauschal unterschreiben, dass du dich dem Behandlungsprogramm unterwirfst und am Therapieprogramm, dazu gehört auch die medikamentöse Therapie, mitarbeitest. Statt dessen solltest du gleich einleitend schriftlich und im Beisein eines Zeugen deine Zustimmung zur Behandlung mit Psychopharmaka und Neuroleptika verweigern. Eine Kopie davon schickst du dann deiner/m Anwalt_in. Wirst du trotzdem abgefüllt, ist das Körperverletzung; wirst du durch Drohungen dazu gezwungen, ist das Nötigung, wogegen du Strafantrag stellen kannst. Der_die Psychiater_in muss dann erstmal beweisen, dass es sich um eine "unaufschiebbare Maßnahme" handelte. Trotzdem wird er in der Regel vor Gericht recht kriegen, denn du bist ja verrückt und wohl krankheitsuneinsichtig. Wenn dein_e behandelnde_r Arzt/Ärztin von vorneherein ablehnend deiner Medikamenten-Verweigerung gegenüber steht ("aber Sie müssen das nehemen, sonst müssen wir Sie auf die Geschlossene verlegen, sonst wird die Krankheit schlimmer, Sie werden sich danach besser fühlen"), wenn er_sie solche Äußerungen ablässt und du dich einer Zwangsbehandlung, die meist mit Gewalt (Fixierung) einhergeht, nicht aussetzen willst, kannst du dich auch nach außen hin bereit erklären, ein paar der Medikamente zu nehmen. Versuche die Dosis mit Ärzt_innen so gering wie möglich auszuhandeln, und bestehe auf Tablettenform, weil du Saft oder Spritzen nicht verträgst oder sowas. Die Tabletten kannst du dann unter der Zunge behalten und in einem unbeobachteten Moment wegschmeißen. Dreh sie nicht anderen Leidensgenoss_innen an. Es gibt Leute in der Klapse, besonders ältere, die schon länger drinsitzen, die ganz wild auf die Dinger sind. Eine andere Möglichkeit, gegen die Medikamenteneinnahme zu argumentieren, ist die Bestellung eines Gegengutachtens, was allerdings einiges kostet. Die einzelnen Anti-Psychiatriegruppen haben oft eine Liste von Gutachter_innen, die dich unterstützen können. Dritter und ganz wichtiger Punkt: Nichts ohne Anwalt oder Absprache mit diesem unternehmen, da dir alles und jedes als krankheitsbedingt ausgelegt werden kann. Unter Umständen kriegst du dann ganz schnell eine Pflegschaft oder Vormundschaft angehängt und hast überhaupt keine Selbstbestimmungsmöglichkeit mehr. In der Drogenklinik Frohnau (Berlin) wurde ein Typ als "pathologischer Schreiberling" bezeichnet, weil er versuchte, durch Briefe an Knastgruppen, Psychiatriegruppen, Radio und Zeitungen die Öffentlichkeit auf die üblen Geschichten, die dort ablaufen, aufmerksam zu machen. Sogenannte Psychiatrie-Anwälte, die die Tricks, Sprache und Methoden der Psychiater kennen, werden ebenso wie Gegengutachter von Anti-Psychiatriegruppen vermittelt. Da es von drinnen schwer ist, da ran zu kommen, bevollmächtige am besten eine Vertrauensperson damit, dir einen guten Anwalt zu besorgen. Du musst davon ausgehen, dass dort, wo Psychiatrieregeln herrschen, deine Grundrechte erheblich eingeschränkter sind als im Knast. Einige Beispiele dazu: § 33 - das Besuchsrecht darf eingeschränkt werden, wenn gesundheitliche Nachteile für dich entstehen können oder die Sicherheit der Einrichtung erheblich gefährdet wird. Mit der gleichen Begründung kann eingeschränkt werden: dein Recht auf persönliche Gegenstände (PsychKG § 31), dein Recht auf Schriftwechsel und telefonieren (§§ 34 und 35). Das Ganze liegt in den Händen der Ärzte und Psychiater. Wenn du im Maßregelvollzug (nach §§ 63 oder 64 StGB)drinhängst, gibt es eine Möglichkeit früher wieder rauszukommen, nämlich die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung und Führungsaufsicht. Du beantragst mit deinem/r Anwält_in beim Amtsgericht die Einrichtung einer Pflegschaft und schlägst als Pfleger_in eine Person deines Vertrauens vor. Pfleger_in kann jede_r sein. Das Gericht wird eher zur Aussetzung der Maßregel bereit sein, wenn jemand da ist der_die sich um dich "kümmert". Selbst wenn du die Auflage bekommst noch eine Weile in der Klapse zu bleiben, regelt dein_e Pfleger_in für dich Ausgang, Urlaub oder z.B. die Behandlungsform. Ist der/die Pfleger_in also jemand der/die sich nach deinen Wünschen richtet, kannst du dir einige Erleichterungen verschaffen. Bist du dann draußen, kannst du nach einer Weile (ca. einem Jahr) beim Amtsgericht beantragen, dass die Pflegschaft abgesetzt wird, weil sie überflüssig geworden ist und du inzwischen allein klar kommst. Gut sind dafür irgendwelche Beweismittel, Gegengutachten oder Zeugen. Das Ganze ist nicht ohne Risiko, denn du kannst auch gleich eine_n Amtspfleger_in vorgesetzt kriegen oder dein_e Pfleger_in wird spätestens dann von von dem/der Amtspfleger_in abgelöst, wenn die Ärzt_innen meinen, er/sie würde nun wirklich zu weit gehen. Amtspfleger_innen kannst du in der Regel vergessen. Sie haben etwa 300 "Fälle" wie dich und regeln dein Leben vom Schreibtisch aus. Der Einfachheit halber geben sie fast immer den Ärzt_innen recht.Beschwerden über die Pfleger_innen oder den Pfleger_innenwechsel sind über das Amtsgericht möglich, aber selten erfolgreich. Noch einmal zurück zu den Medikamenten: Bist du erstmal längere Zeit damit "behandelt" worden, ergibt sich das Problem der Absetzung, sobald du dem psychiatrischen Machtbereich entkommen bist, denn einige dieser Mittel machen durchaus abhängig. Ein Absetzen kann 1. Entzugserscheinungen (Schlafstörungen, Herzjagen, Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüche usw.) und 2. ein Wieder-Hochkommen deiner "Verrücktheit" hervorbringen. Die unangenehmen Auswirkungen dieser Faktoren können dazu führen, dass dein Psychiater und auch du denken, dass du ohne diese Medikamente nicht mehr gesund/normal existieren kannst und eine "Dauertherapie" benötigst. Das ist den Firmen Sandoz, Janssen, Bayer und Schering usw. natürlich nur recht. Du verdienst allerdings nicht daran. Die Entzugserscheinungen treten natürlich nicht immer direkt nach dem Absetzen auf, sondern je nach vorausgegangener Dosis und Dauer oft auch erst ein bis zwei Wochen später, wenn das Medikamenten-Depot abgebaut ist.Die Schwierigkeit des Medikamententzugs ist von mehreren Faktoren abhängig: Art, Dosis und Einnahmedauer des Medikaments, deine allgemeine Gesundheit und deine Einstellung zum Entzug, die Qualität der Unterstützung, die du während des Entzugs erhälst, deine Kenntnis des Entzugsprozesses. Das Ganze ist zu überstehen, und wahrscheinlich geht es dir anschließend besser als mit den Medikamenten. In der Klapse selbst stellt sich das Problem des Entzugs meist nicht, da du entweder vor der Entlassung langsam runterdosiert wirst oder draussen ambulant weiter behandelt werden sollst und auf voller Dosis entlassen wirst. Allerdings hast du wie bei der heimlichen Medikamentenverweigerung auch die Möglichkeit, in der Klapse heimlich die Pillen abzusetzen. Bei Depot-Verabreichung und Spritzen hast du diese Möglichkeit nicht. Versuche also am Besten von vorneherein zu verweigern, denn du brauchst einen klaren Kopf, um die vielen psychiatrischen Überwachungs- und Steuerungsmechanismen zu durchschauen, ihnen zu widerstehen, bzw. dich dagegen zu wehren. Anschließend noch kurz zur Zuständigkeit Klapse/Knast: unter das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) fällst du in jedem Fall, wenn du im Maßregelvollzug (nach § 63 oder 64 StGB und § 126 a StPO) untergebracht bist. Ebenso, wenn du, ohne eine Straftat begangen zu haben, in die Klapse einfährst. Auf der PN-Abteilung und wenn du während einer Haftstrafe in die Klapse kommst, weil du vielleicht in deiner Zelle ausgetickt bist, unterliegst du dem Strafvollzugsgesetz, wobei die Behandlungsaspekte, d.h. die Meinung der Ärzte mitunter Vorrang haben. Entscheidend, z.B. über deine Aufenthaltsdauer in der Klapse, bleibt aber der/die Justizsenator_in.


19.1.1. Zur Psychiatrisierung über den Krankeitsbegriff

Dass Menschen, die ein Gesellschaftssystem in verschiedenster Art und Weise "stören", als "krank" bezeichnet werden, ist sicher kein neues Phänomen. Auch nicht, dass Zwangsmedikamentierung, sofern sie aus Gefängnissen und Psychatrien anderer Staaten bekannt wird, durchaus angeklagt wird, im eigenen Land aber als eine von vielen Behandlungsmethoden gilt, um den kranken Menschen, sprich: Störfaktor, zu heilen (z.B. mit Haldol). Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erlangt der psychiatrische Sektor kaum. Auffallend ist die Tendenz, den Krankheitsbegriff, der sich im psychiatrischen Bereich gerade im Zusammenhang mit Entmündigung und Hospitalisierung sehr bewährt hat, auf andere Bereiche, also z.B. Knast (Behandlungsvollzug!) zu übertragen. Worin aber liegen Sinn und Erfolg dieser Methode, alle Formen des Unangepasstseins - von Verweigerung bis Widerstand gegen Funktionieren im Sinne dieses Staates - als krank zu bezeichnen? Zunächst einmal schränkt sie ganz klar die Solidarisierungsmöglichkeiten ein. Basierend auf der These, die "Krankheit" sei Resultat ganz persönlicher Geschichte des_der Einzelnen, also nur Ergebnis individueller Sozialisationsverläufe oder gar "vererbt" (mit der Erbtheorie haben wir ja speziell in Deutschland einige Erfahrung), wird jeglicher gesellschaftlicher Zusammenhang geleugnet. So kommt wohl Mitleid/Verständnis mit diesen ach so armen Menschen auf, denen das Schicksal so hart mitgespielt hat - aber ganz entscheidend: jeder Mensch wird nur in seiner ganz individuellen Geschichte gesehen, die er mit keinem anderen teilt. "Behandelt wird also immer das Resultat (das Symptom) der individuellen Geschichte - hier fühlen sich sodann Laienhelferkreise und Patientenklubs gefordert, die beim gemütlichen Kaffeetrinken beisammen sitzen, ehrenamtliche Betreuer_innen spielen und sich bemühen, die individuellen Folgen des Lebens in diesem Staat beseitigen zu helfen. Unbeachtet bleibt, dass gerade dieses System die Ursache für die verschiedenen Formen der Verweigerung und des Widerstands ist, also nicht Mitleid und Verständinis, sondern eine grundsätzliche Solidarisierung mit denen angesagt ist, die so oder so durch das "soziale Netz" gefallen sind, eine Unterstützung ihrer Gegenwehr gegen das, was sie kaputt macht. Wie oben bereits angedeutet, dient die Diagnose "individuelle Krankheit" auch dazu, von der grundsätzlichen Krankheit des Systems abzulenken, die Aufmerksamkeit soll von der Ursache auf die Wirkung gelenkt werden. Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Sinn dieser Methode liegt darin, die Betroffenen dazu zu bringen, sich selbst als "krank" zu begreifen. So wird ihnen dies über einen langen Zeitraum hinweg mit Hilfe verschiedener subtiler "Behandlungsmethoden" eingeredet. Hierzu dienen einschlägige sanfte Maßnahmen: keine offene Gewalt, d.h. jedenfalls keine sichtbare, direkt spürbare, sofort offensichtliche Gewalt; also: Medikamente, Gespräche, Zuwendungen und kleine Sanktionen, alles freundlich un therapeutisch begründet. So wird der_die Einzelne abgelenkt von den gesellschaftlichen Ursachen seines_ihres Schicksals (also auch des "Psychiatrisiert-Seins"), bis nur noch das eigene persönlich "Unglück" oder gar "Versagen" sehen. Wer dadurch noch nicht das gewünschte "bewusstlose" Objekt wird, das die führende Hand der Psychiater_innen braucht, wer noch sein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gewahrt hat (sich einfach nicht für dumm verkaufen lassen will), in dessen Fall wird zu den gewaltsamen Disziplinarmaßnahmen, wie Isozellen, Bunker, Fixiergurte, körperliche Misshandlung, Betonspritzen etc. gegriffen. Zwar sollen die Behandlungsmethoden sauber und undurchsichtig - für drinnen und für draußen - sein, doch selbst die offenen Gewaltmaßnahmen sind über den Krankheitsbegriff noch zu rechtfertigen; Schlagworte wie Krankheituneinsichtigkeit, Schutz der Patienten vor sich selbst, usw. sind ja hinlänglich bekannt. Wichtig ist auch der Aspekt, dass es in der Psychiatrie keine offiziellen "Versagensquoten" gibt. D.h. z.B., dass Selbstmord in der Psychiatrie eben auf die bei den jeweiligen "Patient_innen" bereits vorhandenen "Krankheiten" zurückgeführt wird; deren angebliches Vorhandensein verdeckt den Blick auf die tatsächlichen Ursachen des Selbstmords, nämlich den zerstörerischen "Lebensbedingungen" sowohl in der Psychiatrie als auch draußen. Im offiziellen Jargon wird ein solcher Selbstmord als "bedauerlich" bezeichnet und zynisch darauf zurückgeführt, dass der_die Betroffene eben noch nicht lange genung in "Behandlung" war. Um derartigen "selbstzerstörerischen" Handlungen also "vorzubeugen", werden die Menschen in der Psychiatrie oft rund um die Uhr "ruhiggestellt", d.h. mit Psychopillen und Nervengiften (von den Medizinern beschönigend Psychopharmaka und Neuroleptika genannt)vollgeknallt (diese Form der Zwangsbehandlung ist seit 1985 auch legal). Voll zugedröhnt sind die so Behandelten gefühls- und willenlose Wesen, deren einziges Interesse es - dank der suchterzeugenden Komponente der "kleinen bunten Helfer" - nach einiger Zeit ist, ausreichende Mengen der Psychodrogen zu ergattern. So wird es Vielen immer gleichgültiger, ob sie in der Klapse sind oder nicht. Ein weiterer "Vorteil" der Psychiatrie liegt in der Möglichkeit, Menschen dort auf unbegrenzte Zeit zu internieren - der richtige Entlassungszeitpunkt ist gekommen, wenn "Heilung" festgestellt wird.Und da sind die Psycho-Schließer sehr erfinderisch und phantasievoll... Nach Psychiatrieregeln einzufahren ist sogar noch einfacher als nach dem Strafvollzugsgesetz, da diese schwammig genug definiert sind, um den Handlangern der Herrschenden zu ermöglichen, sie auf fast jeden anzuwenden. Tatsächlich gerät jeder dritte Bundesbürger irgendwann im Laufe seines Lebens in den Machtbereich der Psychiatrie - ambulant oder stationär, freiwillig oder zwangsweise.

Je stärker nun die Definition des Andersseins als Kranksein auch auf den Knast übertragen wird, desto mehr setzt sich die Strategie des "Behandlungsvollszugs" durch. Die Gewalt wird subtiler, das Feindbild verwischt sich - statt des Rollkommandos steht ein/e sanft lächelnde/r Prsycholog/in in der Zelle, der/die sich deine Probleme anhört, deine Kindheit analysiert und dir genau erklären kann, warum es gut für dich ist, hier zu sein, eine Chance der Veränderung eben. Arbeitest du brav und willig am Therapieprogramm mit, winken dir vorzeitige Entlassung und die anderen Bonbons, die die Justiz and Angepasste so verteilt - lehnst du es ab, dich dieser Zwangstherapie zu unterwerfen, bist du eben "krankheitsuneinsichtig" und begreifst nicht, dass alle schließlich nur dein Bestes wollen. Diese Einsicht muss dir dann eben mit Gewalt vermittelt werden. Schon jetzt ist es ja neben den altbekannten gewaltsamen Disziplinierungsmaßnahmen üblich, sogenannte "Störer" vom Knast in die Klapse zu verlegen, in Berlin-Tegel gibt's der Einfachheit halber schon 'ne eigene psychiatrisch/neurologische Abteilung. Nun noch ein eigenes zur medikamentösen Behandlung, der du mit einiger Sicherheit in die Psychiatrie oder auf psychiatrisch/neurologischen Abteilung. Nun noch einiges zur medikamentösen Behandlung, der du mit einiger Sicherheit in der Psychiatrie oder auf psychiatrisch/neurologischen Abteilung (PN-Station) eines Knastes ausgesetzt bist. Die am häufigsten verwendeten Mittel wie Haldol, Glianimon, Lyogen, Neurocil, Dapotum, Akineton, Melleril, Fluaxol, Taxilan, Atosil, Imap, Apponal usw. - es kommen übrigens auch immer neue Pillen mit anderem Namen aber gleichen Wirkstoffen auf den Markt - haben eines gemeinsam: Sie sind absolut ungesund, krankmachend, schädlich. Psychopharmaka greifen die irnorganischen Stoffwechselvorgänge an und führen zu körperlichen, psychischen, unter Umständen auch hirnorganischen Schäden. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen deines Verhaltens gelten dann aber gerade als Beweis für deine Geisteskrankheit. Von einem bekannten Psychiatrieprof (Helmchen, FU Berlin)wurde die Belastung des Organismus durch eine Dauertherapie mit Psychopharmaka den Auswirkungen des chronischen Alkohlolismus gleichgestellt (was noch untertrieben sein dürfte). Konkret tauchen folgende körperliche Schäden als "Nebenwirkungen" der Medikamente auf: Zerstörung der weißen Blutkörperchen, Leber- und Gallenschäden, Hautkrankheiten, Krampfanfälle, Krebs, Lähmungserscheinungen, optische und akustische Verzerrungen, Menstruationsbeschwerden, erhöhte Missbildungsgefahr bei Schwangerschaften, Impotenz, Beeinflussung des Stammhirns in Form von Parkinsonismus (mimische Starre, Krampf der Rückenmuskulatur, Vorstrecken der Zunge, Schmatzen, Speichelfluss, Sprachstörungen, Streckkrämpfe, unwillkürliche Bewegungen, Zittern der Hände und Füße, Sitzunruhe) - diese Symptome treten vor allem nach Haldol-Einnahme bzw. - Verabreichung auf. Als Gegenmittel wird dann Akineton gegeben, wodurch wieder neue Nebenwirkungen wie Verstopfung, Harnverhaltung, Verwirrtheitszustände, Schlafstörungen, Unruhe, Kreislauf und Herzrythmusstörungen dazu kommen. Zu den körperlichen Schädigungen kommen dann noch die psychischen, als da sind Verwirrtheit, Benommenheit, Bewusstseinsstörungen, vegetative Krisen, Delirien, Depressionen, Selbsttötung, Entzugserscheinungen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Psychopharmaka nur ein Symptom "heilen", an die Ursachen natürlich nicht herankommen, sondern vielmehr verhindern, dass du dich mit deinem Ausflippen, deiner Traurigkeit oder was auch immer auseinandersetzt - und das sie außerdem echte Krankheit erzeugen. Gilt die Behandlung als abgeschlossen setzen oft die alten "Krankheitssymptome" wieder ein, und du wirst aufs Neue behandelt. So kommt es zur sogenannten "Drehtürpsychiatrie". Das ganze lässt nur einen Schluss zu: Lass dich nicht "ruhigstellen"! Das ist nicht immer so einfach, da, wie erwähnt, die Zwangsbehandlung nach § 30 Abs.2 PsychKG (unaufschiebbare Behandlungsmaßnahmen hat der Kranke zu dulden) 1985 legalisiert wurde. Wenn du in der Klapse landest, gib vor allem keine Unterschriften bei der Einlieferung ab. Du sollst da oft pauschal unterschreiben, dass du dich dem Behandlungsprogramm unterwirfst und am Therapieprogramm, dazu gehört auch die medikamentöse Therapie, mitarbeitest. Statt dessen solltest du gleich einleitend schriftlich und im Beisein eines Zeugen deine Zustimmung zur Behandlung mit Psychopharmaka und Neuroleptika verweigern. Eine Kopie davon schickst du dann deiner/m Anwalt_in. Wirst du trotzdem abgefüllt, ist das Körperverletzung; wirst du durch Drohungen dazu gezwungen, ist das Nötigung, wogegen du Strafantrag stellen kannst. Der_die Psychiater_in muss dann erstmal beweisen, dass es sich um eine "unaufschiebbare Maßnahme" handelte. Trotzdem wird er in der Regel vor Gericht recht kriegen, denn du bist ja verrückt und wohl krankheitsuneinsichtig. Wenn dein_e behandelnde_r Arzt/Ärztin von vorneherein ablehnend deiner Medikamenten-Verweigerung gegenüber steht ("aber Sie müssen das nehemen, sonst müssen wir Sie auf die Geschlossene verlegen, sonst wird die Krankheit schlimmer, Sie werden sich danach besser fühlen"), wenn er_sie solche Äußerungen ablässt und du dich einer Zwangsbehandlung, die meist mit Gewalt (Fixierung) einhergeht, nicht aussetzen willst, kannst du dich auch nach außen hin bereit erklären, ein paar der Medikamente zu nehmen. Versuche die Dosis mit Ärzt_innen so gering wie möglich auszuhandeln, und bestehe auf Tablettenform, weil du Saft oder Spritzen nicht verträgst oder sowas. Die Tabletten kannst du dann unter der Zunge behalten und in einem unbeobachteten Moment wegschmeißen. Dreh sie nicht anderen Leidensgenoss_innen an. Es gibt Leute in der Klapse, besonders ältere, die schon länger drinsitzen, die ganz wild auf die Dinger sind. Eine andere Möglichkeit, gegen die Medikamenteneinnahme zu argumentieren, ist die Bestellung eines Gegengutachtens, was allerdings einiges kostet. Die einzelnen Anti-Psychiatriegruppen haben oft eine Liste von Gutachter_innen, die dich unterstützen können. Dritter und ganz wichtiger Punkt: Nichts ohne Anwalt oder Absprache mit diesem unternehmen, da dir alles und jedes als krankheitsbedingt ausgelegt werden kann. Unter Umständen kriegst du dann ganz schnell eine Pflegschaft oder Vormundschaft angehängt und hast überhaupt keine Selbstbestimmungsmöglichkeit mehr. In der Drogenklinik Frohnau (Berlin) wurde ein Typ als "pathologischer Schreiberling" bezeichnet, weil er versuchte, durch Briefe an Knastgruppen, Psychiatriegruppen, Radio und Zeitungen die Öffentlichkeit auf die üblen Geschichten, die dort ablaufen, aufmerksam zu machen. Sogenannte Psychiatrie-Anwälte, die die Tricks, Sprache und Methoden der Psychiater kennen, werden ebenso wie Gegengutachter von Anti-Psychiatriegruppen vermittelt. Da es von drinnen schwer ist, da ran zu kommen, bevollmächtige am besten eine Vertrauensperson damit, dir einen guten Anwalt zu besorgen. Du musst davon ausgehen, dass dort, wo Psychiatrieregeln herrschen, deine Grundrechte erheblich eingeschränkter sind als im Knast. Einige Beispiele dazu: § 33 - das Besuchsrecht darf eingeschränkt werden, wenn gesundheitliche Nachteile für dich entstehen können oder die Sicherheit der Einrichtung erheblich gefährdet wird. Mit der gleichen Begründung kann eingeschränkt werden: dein Recht auf persönliche Gegenstände (PsychKG § 31), dein Recht auf Schriftwechsel und telefonieren (§§ 34 und 35). Das Ganze liegt in den Händen der Ärzte und Psychiater. Wenn du im Maßregelvollzug (nach §§ 63 oder 64 StGB)drinhängst, gibt es eine Möglichkeit früher wieder rauszukommen, nämlich die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung und Führungsaufsicht. Du beantragst mit deinem/r Anwält_in beim Amtsgericht die Einrichtung einer Pflegschaft und schlägst als Pfleger_in eine Person deines Vertrauens vor. Pfleger_in kann jede_r sein. Das Gericht wird eher zur Aussetzung der Maßregel bereit sein, wenn jemand da ist der_die sich um dich "kümmert". Selbst wenn du die Auflage bekommst noch eine Weile in der Klapse zu bleiben, regelt dein_e Pfleger_in für dich Ausgang, Urlaub oder z.B. die Behandlungsform. Ist der/die Pfleger_in also jemand der/die sich nach deinen Wünschen richtet, kannst du dir einige Erleichterungen verschaffen. Bist du dann draußen, kannst du nach einer Weile (ca. einem Jahr) beim Amtsgericht beantragen, dass die Pflegschaft abgesetzt wird, weil sie überflüssig geworden ist und du inzwischen allein klar kommst. Gut sind dafür irgendwelche Beweismittel, Gegengutachten oder Zeugen. Das Ganze ist nicht ohne Risiko, denn du kannst auch gleich eine_n Amtspfleger_in vorgesetzt kriegen oder dein_e Pfleger_in wird spätestens dann von von dem/der Amtspfleger_in abgelöst, wenn die Ärzt_innen meinen, er/sie würde nun wirklich zu weit gehen. Amtspfleger_innen kannst du in der Regel vergessen. Sie haben etwa 300 "Fälle" wie dich und regeln dein Leben vom Schreibtisch aus. Der Einfachheit halber geben sie fast immer den Ärzt_innen recht.Beschwerden über die Pfleger_innen oder den Pfleger_innenwechsel sind über das Amtsgericht möglich, aber selten erfolgreich. Noch einmal zurück zu den Medikamenten: Bist du erstmal längere Zeit damit "behandelt" worden, ergibt sich das Problem der Absetzung, sobald du dem psychiatrischen Machtbereich entkommen bist, denn einige dieser Mittel machen durchaus abhängig. Ein Absetzen kann 1. Entzugserscheinungen (Schlafstörungen, Herzjagen, Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüche usw.) und 2. ein Wieder-Hochkommen deiner "Verrücktheit" hervorbringen. Die unangenehmen Auswirkungen dieser Faktoren können dazu führen, dass dein Psychiater und auch du denken, dass du ohne diese Medikamente nicht mehr gesund/normal existieren kannst und eine "Dauertherapie" benötigst. Das ist den Firmen Sandoz, Janssen, Bayer und Schering usw. natürlich nur recht. Du verdienst allerdings nicht daran. Die Entzugserscheinungen treten natürlich nicht immer direkt nach dem Absetzen auf, sondern je nach vorausgegangener Dosis und Dauer oft auch erst ein bis zwei Wochen später, wenn das Medikamenten-Depot abgebaut ist.Die Schwierigkeit des Medikamententzugs ist von mehreren Faktoren abhängig: Art, Dosis und Einnahmedauer des Medikaments, deine allgemeine Gesundheit und deine Einstellung zum Entzug, die Qualität der Unterstützung, die du während des Entzugs erhälst, deine Kenntnis des Entzugsprozesses. Das Ganze ist zu überstehen, und wahrscheinlich geht es dir anschließend besser als mit den Medikamenten. In der Klapse selbst stellt sich das Problem des Entzugs meist nicht, da du entweder vor der Entlassung langsam runterdosiert wirst oder draussen ambulant weiter behandelt werden sollst und auf voller Dosis entlassen wirst. Allerdings hast du wie bei der heimlichen Medikamentenverweigerung auch die Möglichkeit, in der Klapse heimlich die Pillen abzusetzen. Bei Depot-Verabreichung und Spritzen hast du diese Möglichkeit nicht. Versuche also am Besten von vorneherein zu verweigern, denn du brauchst einen klaren Kopf, um die vielen psychiatrischen Überwachungs- und Steuerungsmechanismen zu durchschauen, ihnen zu widerstehen, bzw. dich dagegen zu wehren. Anschließend noch kurz zur Zuständigkeit Klapse/Knast: unter das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) fällst du in jedem Fall, wenn du im Maßregelvollzug (nach § 63 oder 64 StGB und § 126 a StPO) untergebracht bist. Ebenso, wenn du, ohne eine Straftat begangen zu haben, in die Klapse einfährst. Auf der PN-Abteilung und wenn du während einer Haftstrafe in die Klapse kommst, weil du vielleicht in deiner Zelle ausgetickt bist, unterliegst du dem Strafvollzugsgesetz, wobei die Behandlungsaspekte, d.h. die Meinung der Ärzte mitunter Vorrang haben. Entscheidend, z.B. über deine Aufenthaltsdauer in der Klapse, bleibt aber der/die Justizsenator_in. Zum Inhaltsverzeichnis