Was mensch im Rechtsstreit mit der Justiz beachten muss

Aus Gefangenenratgeber

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22. Was man im Rechtsstreit mit der Justiz beachten muß

Das wichtigste ist, daß man sich keine Illusionen macht: Die Erfolgsaus­sichten im Rechtsstreit mit der Justiz sind äußerst gering. Die vielfältigen Rechtsmittel (oder wie es korrekt heißt: „Rechtsbe­helfe") sind für einen Ahnungslosen zunächst recht eindrucksvoll. Den­jenigen, der sie benutzen soll, erschlagen sie jedoch gerade wegen ihrer verwirrenden Vielfalt und bürokratischen Kompliziertheit. Wer sich dennoch durch den Paragräphendschungel durchkämpft, gibt meist ebenfalls bald auf, wenn er merkt, daß er nicht zu seinem „Recht" kommt, dafür aber viel von seinem Stolz aufgibt. Läßt er nicht locker, so gilt er als Querulant. Und oft ist tatsächlich der einzige Erfolg, den man erreichen kann, daß man der Justiz Arbeit macht. In Einzelfällen kann man überraschende kleine „Erfolge" erzielen, die aber nicht über die allgemeine Rechtlosigkeit hinwegtäuschen können. Sie beruhen meist nur darauf, daß die Justiz nachgibt, um sich weitere Arbeit zu ersparen, daß sie befürchtet, ihre Rechtsbrüche könnten ans Tageslicht geraten oder daß sie durch eine geweckte Öffentlichkeit dazu gezwungen wird. Stelle dich darauf ein, wenn du dich auf das juristische „Spiel" einläßt. Das Spiel, bei dem der Gegner die Regeln bestimmt, ohne sich selbst daran halten zu müssen, eine Sprache spricht, die du nicht verstehen sollst, damit du immer der Unterlegene bist, und der schließlich selbst die Rolle des Schiedsrichters übernimmt.

Die juristische Sprache und das juristische Denken

Daß sich ein Gefangener der juristischen Sprache bedienen muß, ist das Ergebnis der überwältigenden Macht, welche die Justiz über ihn ausübt. Eingeschlossen in seine Zelle und einem ungewissen Schicksal überlas­sen, das allein vom Willen der Justiz bestimmt wird, beginnt er nach juristischen Gründen zu suchen, mit denen er seine Lage zu verbessern sucht. Er/ sie lernt die trübe Sprache der Gesetze: Er/ sie muss sich, wenn er/ sie seinen/ ihren „Fall" schildert, einen juristischen Standpunkt zueigen machen, der ihm fremd ist. Er muß sich Gründe überlegen, die nicht seine eigenen sind. Denn mit seinen eigenen würde er nicht weit kommen. Ein der äußersten Unfreiheit Ausgelieferter kann seine Bedürfnisse niemals „rechtmäßig"' äußern und begründen, dazu ist seiner Existenz bereits zuviel Illegalität auferlegt worden. So schafft er sich eine Schein-Existenz und Schein-Bedürfnisse, auf die seine Begründungen zutreffen. Diese Schein-Existenz ist die „rechtmäßige" Existenz, die „erlaubte" Forderung, die „rechtens" Bedürfnisse anmelden kann, zum Beispiel auf freie Meinungsbildung, den Genuß von Bildung und Ausbildung, der Teilnahme an „Gemeinschaftsveranstaltungen" - nicht das eigene Leben, dafür aber das fremde, künstliche, verordnete, industriell herge­stellte, den Besitz eines Apparats, der künstliches Leben vorführt, wie Radio und Fernsehen, - nicht die Äußerung eigenen Schicksals, eigener Erfahrung und eigenen Wissens, sondern das gezwungene Anhören der sozialen Phrasen, die Vorfiihrungvor die akademischen Trainer, Einüben von „richtigem Verhalten" in den „Gemeinschaftsveranstaltungen". Die Justiz, die mächtige Verwaltung des Lebens, läßt eine Sprache, die nicht ihre eigene ist, nicht zu - sie überhört sie. Für das Leben des Gefangenen gibt es in ihrer Spräche keine Wörter, es läßt sich darin nicht ausdrücken. Es läßt sich darin nur ausdrücken, was nicht dieses Leben ist, was seine Verwaltung ist. Diese Sprache zu gebrauchen ist nicht nur deshalb problematisch, weil Rechtsmittel in Haft statistisch meistens erfolglos sind. Durch falsche Hoffnungen, die sie erwecken, können sie auch - vermittels der damit bewirkten Anpassung - zu einem Abschwö­ren gegenüber dem eigenen Schicksal führen. Einer will dann anders sein als er ist. Er geht nicht mehr von sich aus, sondern von seinem „Recht". Aber Sprache und Leben sind nichts getrenntes. Über die erzwungene Änderung der Sprache ändert sich auch das eigene Denken. Ein Gefan­gener, der in der juristischen Sprache zu denken begonnen hat, hat den Knast endgültig in sich aufgenommen.

Was kannst du im Rechtsmittelteil finden?

Wir haben versucht, so verständlich wie uns möglich die wichtigsten juristischen Kenntnisse zu vermitteln, die man dafür braucht. Jeweils für U-Haft und Strafhaft geben wir einen allgemeinen überblick:

-welche Anträge und Beschwerden es überhaupt gibt —an wen sie zu richten sind

-welche Form und welche Fristen dabei einzuhalten sind

-welche Schreiben man nebeneinander in einer Sache machen kann

Wir führen das dann an einem Musterbeispiel vor. Danach gibt es jeweils eine Zusammenstellung einiger juristischer Musterbegründungen für häufige Situationen im Knast, gegen die du rechtlich vorgehen kannst. Nach den Teilen über U-Haft (Kapitel 23) und Strafhaft (Kapitel 24) beschreiben wir die juristischen Wege und Probleme, die sowohl für U-Haft als auch für Strafhaft gelten:

-anfallende Kosten von Verfahren (Kapitel 25)

-Dienstaufsichtsbeschwerden (Abschnitt 26.1.)

-Strafanzeigen (Abschnitt 26.2.)

-Petitionen an die Länderparlamente (Abschnitt 26.3.)

-Verfassungsbeschwerde (Abschnitt 26.4.)

-Menschenrechtsbeschwerde (Abschnitt 26.5.)

Zunächst jedoch noch einige allgemeine Hinweise:

Worauf man beim Schreiben von Rechtsmitteln achten sollte

Anträge, Beschwerden usw. - Privatbriefe natürlich auch - werden meist morgens dem sogenannten Kaffeebeamten beim Frühstücksempfang mitgegeben. Das heißt man sollte seine Schriftstücke bis dahin fertig und im Begleitumschlag haben. Von allen Schreiben mindestens einen Durchschlag machen, damit man sich darauf beziehen kann. Bei Fristsachen - zum Beispie! Antrag auf gerichtliche Entscheidung -, die von den Anstalten manchmal verzögert werden, sollte man auf den Durchschlag einen Zusatz schreiben:' „Hier­mit bestätige ich das Schreiben an die' Strafvollzugskammer des Herrn/der Frau ... am ... zur Weiterleitung in Empfang genommen zu haben." Diesen Zusatz sollte der „Kaffeebeamte" unterschreiben, was er allerdings in den seltensten Fällen machen wird. Laßt euch dann die Abgabe des Briefes von einem oder mehreren Gefangenen als Zeugen bestätigen. In manchen Anstalten gibt es auch sogenannte Fristzettel, auf denen vom Stationsbeamten die genaue Annahmezeit eingetragen wird. Dieser Zet­tel kommt dann in die Personalakte. Das ist kein Nachteil. Besteht auf der Ausfüllung eines solchen Fristzettels! Wenn es ganz dringend und wichtig ist, sendet den Brief per Einschreiben weg. Das ist zwar teuer, aber auch „fristsicher". Macht am besten noch zusätzlich in den Kalen­der einen Vermerk, was wann abgeschickt wurde, damit ihr dann das Nachhaken nicht so schnell vergeßt. Ansonsten gebt die Behörden-und Gerichtspost erstmal unfrankiert und verschlossen ab, Privatbriefe natürlich frankiert. Bei der Beförderung der „offiziellen“ Post ist das in den Bundesländern und einzelnen Knästen sehr unterschiedlich — wie mit der Zensur derselben. Versucht es also erstmal ,gratis', man kann dabei viel Geld sparen. „Schreibkundige" Gefangene sollten anderen, die mit dem Abfassen von Schreiben Schwierigkeiten haben, helfen. Besonders bei Ausländern ist das wichtig, da die meistens noch nicht mal die ankommenden Behör­den- und Gerichtsbriefe verstehen. Außerdem sollten Gefangene sich gegenseitig bei Dienstaufsichtsbe­schwerden, allgemeinen Beschwerden, Strafanzeigen etc. bezeugen, daß die z.B. gegen Knastbeamte erhobenen Beschuldigungen richtig sind. Anstalt, Aufsichtsbehörde und Gerichte können dann nicht so leicht behaupten, daß die Behauptungen des Gefangenen erlogen sind. Macht es denen also ruhig gemeinsam schwer! Versucht bei Beschwerden, Dienstaufsichtsbeschwerden usw. so sachlich wie möglich zu bleiben, denn bei offensichtlichen Beleidigungen gegen Richter und Wärter - wie zum Beispiel „Arschloch", „Faschist" -wandert der Schrieb sofort in den Papierkorb und wird nicht bearbeitet. Außerdem darf man nur in eigener Sache schreiben - außer bei Petitio­nen - d.h. du darfst dich z.B. nicht in deinem Namen für andere beschweren. Allerdings sind Dritte dann antragsberechtigt, wenn sie von einer Maßnahme gegen dich raitbetroffen sind: z.B. Angehörige drau­ßen, deren Brief an dich von der Anstalt angehalten wurde und Freunde, denen die Besuchserlaubnis verweigert wurde. Bist du noch minderjährig - also unter 18 - so kann auch dein gesetzlicher Vertreter für dich eine Beschwerde schreiben.

Wo ist die Haft rechtlich geregelt?

Hier noch ein Überblick über die wichtigsten Vorschriften, die die Haft regeln und ihre Abkürzungen. Es ist sinnvoll, sich einige davon im Wortlaut zu beschaffen und mit ihnen zu argumentieren. Weitergehende Literatur, d.h. Kommentare zu den einzelnen Gesetzen, die. z.T. in den weiter unten stehenden Musterentwürfen zitiert werden, findest du noch in der Buchliste im Anhang genannt.

U-Haft:

-Strafprozeßordnung (StPO), insbesondere §§ 119, 296 ff, 304 ff

-Untersuchungshaftvoläzugsordnung (UVollzO)

-Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG), insbesondere §§ 23 ff

-Regelungen, die nur in dem jeweiligen Bundesland gelten: Erlasse, Rechtsver-Ordnungen, Verwaltungsvorschriften (sie sind im „Justiz-Ministerial-Blatt" ab­gedruckt)

-Hausordnung der Anstalt

-Anordnungen des zuständigen Haftrichters

Strafhaft:

-Strafvollzugsgesetz (StVollzG)

-Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz (VVStVollzG)

-Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug (DSVollz)

-Regelungen, die nur in dem Bundsland gelten: Erlasse, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften

-Hausordnung der Anstalt

Sonderregelungen für Jugendliche:

-Jugendgerichtsgesetz (JGG)

-Verwalzungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug (bundeseinheitlich) (VVJug)


Allgemeine Regelungen für alle Vollzugsarten:

-Strafgesetzbuch (StGB)

-Strafvollstreckungsordnung (bundeseinheitlich) (StVollstrO)

-Grundgesetz (GG), insbesondere Artikel 1-6, 9, 12, 16, 17, 19, 103, 104

-Europäische Menschenrechtskonvention (MRK), insbesondere Artikel 2-8

-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen (Minima)


22. Was man im Rechtsstreit mit der Justiz beachten muß

Das wichtigste ist, daß man sich keine Illusionen macht: Die Erfolgsaus­sichten im Rechtsstreit mit der Justiz sind äußerst gering. Die vielfältigen Rechtsmittel (oder wie es korrekt heißt: „Rechtsbe­helfe") sind für einen Ahnungslosen zunächst recht eindrucksvoll. Den­jenigen, der sie benutzen soll, erschlagen sie jedoch gerade wegen ihrer verwirrenden Vielfalt und bürokratischen Kompliziertheit. Wer sich dennoch durch den Paragräphendschungel durchkämpft, gibt meist ebenfalls bald auf, wenn er merkt, daß er nicht zu seinem „Recht" kommt, dafür aber viel von seinem Stolz aufgibt. Läßt er nicht locker, so gilt er als Querulant. Und oft ist tatsächlich der einzige Erfolg, den man erreichen kann, daß man der Justiz Arbeit macht. In Einzelfällen kann man überraschende kleine „Erfolge" erzielen, die aber nicht über die allgemeine Rechtlosigkeit hinwegtäuschen können. Sie beruhen meist nur darauf, daß die Justiz nachgibt, um sich weitere Arbeit zu ersparen, daß sie befürchtet, ihre Rechtsbrüche könnten ans Tageslicht geraten oder daß sie durch eine geweckte Öffentlichkeit dazu gezwungen wird. Stelle dich darauf ein, wenn du dich auf das juristische „Spiel" einläßt. Das Spiel, bei dem der Gegner die Regeln bestimmt, ohne sich selbst daran halten zu müssen, eine Sprache spricht, die du nicht verstehen sollst, damit du immer der Unterlegene bist, und der schließlich selbst die Rolle des Schiedsrichters übernimmt.

Die juristische Sprache und das juristische Denken

Daß sich ein Gefangener der juristischen Sprache bedienen muß, ist das Ergebnis der überwältigenden Macht, welche die Justiz über ihn ausübt. Eingeschlossen in seine Zelle und einem ungewissen Schicksal überlas­sen, das allein vom Willen der Justiz bestimmt wird, beginnt er nach juristischen Gründen zu suchen, mit denen er seine Lage zu verbessern sucht. Er/ sie lernt die trübe Sprache der Gesetze: Er/ sie muss sich, wenn er/ sie seinen/ ihren „Fall" schildert, einen juristischen Standpunkt zueigen machen, der ihm fremd ist. Er muß sich Gründe überlegen, die nicht seine eigenen sind. Denn mit seinen eigenen würde er nicht weit kommen. Ein der äußersten Unfreiheit Ausgelieferter kann seine Bedürfnisse niemals „rechtmäßig"' äußern und begründen, dazu ist seiner Existenz bereits zuviel Illegalität auferlegt worden. So schafft er sich eine Schein-Existenz und Schein-Bedürfnisse, auf die seine Begründungen zutreffen. Diese Schein-Existenz ist die „rechtmäßige" Existenz, die „erlaubte" Forderung, die „rechtens" Bedürfnisse anmelden kann, zum Beispiel auf freie Meinungsbildung, den Genuß von Bildung und Ausbildung, der Teilnahme an „Gemeinschaftsveranstaltungen" - nicht das eigene Leben, dafür aber das fremde, künstliche, verordnete, industriell herge­stellte, den Besitz eines Apparats, der künstliches Leben vorführt, wie Radio und Fernsehen, - nicht die Äußerung eigenen Schicksals, eigener Erfahrung und eigenen Wissens, sondern das gezwungene Anhören der sozialen Phrasen, die Vorfiihrungvor die akademischen Trainer, Einüben von „richtigem Verhalten" in den „Gemeinschaftsveranstaltungen". Die Justiz, die mächtige Verwaltung des Lebens, läßt eine Sprache, die nicht ihre eigene ist, nicht zu - sie überhört sie. Für das Leben des Gefangenen gibt es in ihrer Spräche keine Wörter, es läßt sich darin nicht ausdrücken. Es läßt sich darin nur ausdrücken, was nicht dieses Leben ist, was seine Verwaltung ist. Diese Sprache zu gebrauchen ist nicht nur deshalb problematisch, weil Rechtsmittel in Haft statistisch meistens erfolglos sind. Durch falsche Hoffnungen, die sie erwecken, können sie auch - vermittels der damit bewirkten Anpassung - zu einem Abschwö­ren gegenüber dem eigenen Schicksal führen. Einer will dann anders sein als er ist. Er geht nicht mehr von sich aus, sondern von seinem „Recht". Aber Sprache und Leben sind nichts getrenntes. Über die erzwungene Änderung der Sprache ändert sich auch das eigene Denken. Ein Gefan­gener, der in der juristischen Sprache zu denken begonnen hat, hat den Knast endgültig in sich aufgenommen.

Was kannst du im Rechtsmittelteil finden?

Wir haben versucht, so verständlich wie uns möglich die wichtigsten juristischen Kenntnisse zu vermitteln, die man dafür braucht. Jeweils für U-Haft und Strafhaft geben wir einen allgemeinen überblick:

-welche Anträge und Beschwerden es überhaupt gibt —an wen sie zu richten sind

-welche Form und welche Fristen dabei einzuhalten sind

-welche Schreiben man nebeneinander in einer Sache machen kann

Wir führen das dann an einem Musterbeispiel vor. Danach gibt es jeweils eine Zusammenstellung einiger juristischer Musterbegründungen für häufige Situationen im Knast, gegen die du rechtlich vorgehen kannst. Nach den Teilen über U-Haft (Kapitel 23) und Strafhaft (Kapitel 24) beschreiben wir die juristischen Wege und Probleme, die sowohl für U-Haft als auch für Strafhaft gelten:

-anfallende Kosten von Verfahren (Kapitel 25)

-Dienstaufsichtsbeschwerden (Abschnitt 26.1.)

-Strafanzeigen (Abschnitt 26.2.)

-Petitionen an die Länderparlamente (Abschnitt 26.3.)

-Verfassungsbeschwerde (Abschnitt 26.4.)

-Menschenrechtsbeschwerde (Abschnitt 26.5.)

Zunächst jedoch noch einige allgemeine Hinweise:

Worauf man beim Schreiben von Rechtsmitteln achten sollte

Anträge, Beschwerden usw. - Privatbriefe natürlich auch - werden meist morgens dem sogenannten Kaffeebeamten beim Frühstücksempfang mitgegeben. Das heißt man sollte seine Schriftstücke bis dahin fertig und im Begleitumschlag haben. Von allen Schreiben mindestens einen Durchschlag machen, damit man sich darauf beziehen kann. Bei Fristsachen - zum Beispie! Antrag auf gerichtliche Entscheidung -, die von den Anstalten manchmal verzögert werden, sollte man auf den Durchschlag einen Zusatz schreiben:' „Hier­mit bestätige ich das Schreiben an die' Strafvollzugskammer des Herrn/der Frau ... am ... zur Weiterleitung in Empfang genommen zu haben." Diesen Zusatz sollte der „Kaffeebeamte" unterschreiben, was er allerdings in den seltensten Fällen machen wird. Laßt euch dann die Abgabe des Briefes von einem oder mehreren Gefangenen als Zeugen bestätigen. In manchen Anstalten gibt es auch sogenannte Fristzettel, auf denen vom Stationsbeamten die genaue Annahmezeit eingetragen wird. Dieser Zet­tel kommt dann in die Personalakte. Das ist kein Nachteil. Besteht auf der Ausfüllung eines solchen Fristzettels! Wenn es ganz dringend und wichtig ist, sendet den Brief per Einschreiben weg. Das ist zwar teuer, aber auch „fristsicher". Macht am besten noch zusätzlich in den Kalen­der einen Vermerk, was wann abgeschickt wurde, damit ihr dann das Nachhaken nicht so schnell vergeßt. Ansonsten gebt die Behörden-und Gerichtspost erstmal unfrankiert und verschlossen ab, Privatbriefe natürlich frankiert. Bei der Beförderung der „offiziellen“ Post ist das in den Bundesländern und einzelnen Knästen sehr unterschiedlich — wie mit der Zensur derselben. Versucht es also erstmal ,gratis', man kann dabei viel Geld sparen. „Schreibkundige" Gefangene sollten anderen, die mit dem Abfassen von Schreiben Schwierigkeiten haben, helfen. Besonders bei Ausländern ist das wichtig, da die meistens noch nicht mal die ankommenden Behör­den- und Gerichtsbriefe verstehen. Außerdem sollten Gefangene sich gegenseitig bei Dienstaufsichtsbe­schwerden, allgemeinen Beschwerden, Strafanzeigen etc. bezeugen, daß die z.B. gegen Knastbeamte erhobenen Beschuldigungen richtig sind. Anstalt, Aufsichtsbehörde und Gerichte können dann nicht so leicht behaupten, daß die Behauptungen des Gefangenen erlogen sind. Macht es denen also ruhig gemeinsam schwer! Versucht bei Beschwerden, Dienstaufsichtsbeschwerden usw. so sachlich wie möglich zu bleiben, denn bei offensichtlichen Beleidigungen gegen Richter und Wärter - wie zum Beispiel „Arschloch", „Faschist" -wandert der Schrieb sofort in den Papierkorb und wird nicht bearbeitet. Außerdem darf man nur in eigener Sache schreiben - außer bei Petitio­nen - d.h. du darfst dich z.B. nicht in deinem Namen für andere beschweren. Allerdings sind Dritte dann antragsberechtigt, wenn sie von einer Maßnahme gegen dich raitbetroffen sind: z.B. Angehörige drau­ßen, deren Brief an dich von der Anstalt angehalten wurde und Freunde, denen die Besuchserlaubnis verweigert wurde. Bist du noch minderjährig - also unter 18 - so kann auch dein gesetzlicher Vertreter für dich eine Beschwerde schreiben.

Wo ist die Haft rechtlich geregelt?

Hier noch ein Überblick über die wichtigsten Vorschriften, die die Haft regeln und ihre Abkürzungen. Es ist sinnvoll, sich einige davon im Wortlaut zu beschaffen und mit ihnen zu argumentieren. Weitergehende Literatur, d.h. Kommentare zu den einzelnen Gesetzen, die. z.T. in den weiter unten stehenden Musterentwürfen zitiert werden, findest du noch in der Buchliste im Anhang genannt.

U-Haft:

-Strafprozeßordnung (StPO), insbesondere §§ 119, 296 ff, 304 ff

-Untersuchungshaftvoläzugsordnung (UVollzO)

-Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG), insbesondere §§ 23 ff

-Regelungen, die nur in dem jeweiligen Bundesland gelten: Erlasse, Rechtsver-Ordnungen, Verwaltungsvorschriften (sie sind im „Justiz-Ministerial-Blatt" ab­gedruckt)

-Hausordnung der Anstalt

-Anordnungen des zuständigen Haftrichters

Strafhaft:

-Strafvollzugsgesetz (StVollzG)

-Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz (VVStVollzG)

-Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug (DSVollz)

-Regelungen, die nur in dem Bundsland gelten: Erlasse, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften

-Hausordnung der Anstalt

Sonderregelungen für Jugendliche:

-Jugendgerichtsgesetz (JGG)

-Verwalzungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug (bundeseinheitlich) (VVJug)


Allgemeine Regelungen für alle Vollzugsarten:

-Strafgesetzbuch (StGB)

-Strafvollstreckungsordnung (bundeseinheitlich) (StVollstrO)

-Grundgesetz (GG), insbesondere Artikel 1-6, 9, 12, 16, 17, 19, 103, 104

-Europäische Menschenrechtskonvention (MRK), insbesondere Artikel 2-8

-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen (Minima)


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