Verhalten bei akuten Notfällen

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17. Verhalten bei akuten Notfällen

Es ist sehr schwer, bei der Abhandlung von akuten Notfällen im Knast die entscheidenden Schwerpunkte herauszufinden, die allein aus der Sicht des_der Gefangenen von Belang sein können. Die Wahmehmungsmöglichkeiten sind in einem Ausmaß eingeengt, das nur für jene verständlich ist, die selbst schon einmal gesessen haben. Zum einen zwingt der Knast durch die Einengung der Lebensäußerung auf einen kleinen Raum und einen festge­legten persönlichen Zusammenhang zur Beschäftigung mit dem eigenen Körper und den eingeschränkten Gefühlen, zum anderen werden gerade dieser Körper und diese Gefühle im Knastalltag krank gemacht,so dass weniger schlimme Krankheiten draußen im Knast viel gefährlicher und lebensbedrohlicher sein können. Ein Verfasser des folgenden Kapitels hat in den vergangenen Jahren alle Formen der Haft durchgemacht, die gegenwärtig in der BRD und West­berlin praktiziert werden. Er ist gleichzeitig medizinisch ausgebildet. Er versucht, sein Wissen und seine Erfahrungen so zu vermitteln, dass sie im Knast-Alltag gebraucht werden können. Er hat daher versucht, in den verschiedenen Abschnitten die Krankheitszeichen zur Selbstdiagnose und die Möglichkeiten der Selbsthilfe hervorzuheben. Darüber hinaus soll auch soviel Wissen vermittelt werden, dass gegenüber den Knastärzten_Innen und Sanis Forderungen nach einer bestimmten medizinischen Versorgung — auch im Knast — gestellt werden können. Wir geben dabei auch Stichwörter, die über das Wissen des_der einzelnen Gefangenen hinausgehen. Aber jede_r Gefangene braucht für sein Überleben ein paar Grundkenntnisse, er_sie sollte überall nach den Begriffen fragen, die mit seiner_ihrer Erkrankung zusammenhängen. Denn wenn er_sie über sie verfügt, wird er_sie fähig, gegen die Sanis und Knastärzte_Innen zu kämpfen, die ja sein_ihr absolutes Unwissen brauchen, um mit ihm_ihr nach Lust und Laune um­springen zu können. Die kurzen Stichworte reichen natürlich nur aus, um mit ihrer Hilfe die Gesundheit auch im Knast einzufordern und von der Knastmedizin, die zerstörerisch ist, etwas unabhängiger zu werden. Man kann diese Stichworte benutzen, um über Anwälte_Innen, Angehörige usw. mit seiner besonderen Krankheit umgehen und überleben zu lernen. Bei Notfällen genügt oft schon die Kenntnis von ein paar Schlagwörtern, um Sanis und Knastärzte_Innen zu veranlassen schnell zu handeln. Ein Beispiel: Ein_e Mitgefangene_r litt an schwerem Zucker (Diabetis), der nie richtig eingestellt wurde. Er_Sie lernte zu fragen: "Wie ist denn heute der Zuckerspiegel im Blut?" Er_Sie lernte weiter, dass es bei einem Wert über 350 (mg %) kritisch wird, das entsprach ja auch seinen Beschwerden. Er_Sie lernte zu fordern, mehr als einmal den Blutzucker zu untersuchen. Er/Sie lernte zu erklären, dass er sich immer häufiger dem Koma nah fühle. Schließlich wurde er in eine Klinik außerhalb des Knasts verlegt und erhielt Haftverschonung. Die Kenntnis lebensbedrohlicher Zustände durch den_die Gefangene_n selbst sollen dafür sorgen, dass sie nach Möglichkeit gar nicht erst auftreten. Wir beginnen mit einer Beschreibung lebensbedrohlicher Erscheinungsbilder (Abschnitt 17.1) und allgemeinen bedrohlichen Zuständen (abschnitt 7.2. - 17.6.). In den darauffolgenden Abschnitten beschreiben wir einige besondere d.h. an bestimmten Körperregionen auftretende bedrohliche Zustände und die erforderlichen Nothilfemaßnahmen (Abschnitt 17.7. - 17.12.). Am Ende fassen wir noch einmal die wichtigsten lebensrettenden Maßnahmen zusammen (Abschnitt 17.13.). Hier zunächst die Übersicht über die behandelten Notfallsituationen:

17.1. Lebensbedrohliche Erscheinungsbilder

     Herz- und Kreislaufstillstand                                                    
     Todesangst                                                                       
     "Durchdrehen"                                                                    
     Selbsttötung                                                                     

17.2 Schock

     Allergieschock         
     Unterzuckerung, Insulinschock
     Überzuckerung, Insulinmangelschock
     Leberschock, Leberkoma
     Akutes Nierenversagen
     Akutes Herzversagen, Herzinfarkt
     Akute Bauchschmerzen, Koliken

17.3. Bewusstlosigkeit

     Schlaganfall
     Bluthochdruckkrise
     Hitzschlag

17.4. Krampfanfälle, Vergiftungen

     Epilepsi
     Wundstarrkrampf
     Tetanie
     Vergiftungen
     Verätzungen durch Laugen
     Verätzungen durch Säuren
     Vergiftungen mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln
     Vergiftungen mit Kohlenmonoxid

17.5. Blutungen

     Blutungen nach Verletzungen
     Bluthusten
     Bluterbrechen
     Blut im Urin
     Blut im Stuhl
     Blutungen aus Nase, Ohr und Bluterguss am Auge

17.6. Verbrennungen, Erfrierungen, Stromschlag 17.7. Kopf und Hals

     Schädel-, Hirn-Verletzungen
     Gehirnerschütterung
     Hirnhautentzündung
     Plötzliche Erblindung
     Plötzliche Augenschmerzen, Glaukomaanfall
     Plötzlicher Hörsturz, Gehörverlust
     Augenverletzungen
     Augenverätzung
     Manderabszeß

17.8. Herz, Kreislauf, Lunge

     Brustverengung, Brustschmerzen
     Atemnot
     Riss des Lungenfells
     Akuter Schlagaderverschluss, Embolie
     Akuter Venenverschluss, Thrombose

17.9. Speiseröhre, Magen, Darm

     Durchbruch eines Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs
     Magenblutungen
     Darmverschluss
     Blinddarmentzündung

17.10.Galle, Leber, Bauchspeicheldrüse

     Gallenkolik
     Bauchspeicheldrüsenentzündung
     Gelbverfärbung der Haut, Ikterus

17.11.Niere, Harnweg, Sexualorgane

     Akute Nierenkolik
     Harnverhalten
     Elektrolytstörungen
     Priapismus, Steifbleiben des Gliedes, Beckenkrämpfe

17.12.Knochen Muskeln und Gelenke

     Akuter Gichtanfall
     Akutes Rheuma
     Akuter Bandscheibenvorfall
     Knochenbrüche

17.13 Lebensrettende Maßnahmen

     Maßnahmen bei Herz-Kreislauf-Atemstillstand
     Maßnahmen bei schweren Blutungen
     Maßnahmen bei Knochenbrüchen
     Ausrüstung einer Sanitätsstation für den Notfall


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17. Verhalten bei akuten Notfällen

Es ist sehr schwer, bei der Abhandlung von akuten Notfällen im Knast die entscheidenden Schwerpunkte herauszufinden, die allein aus der Sicht des_der Gefangenen von Belang sein können. Die Wahmehmungsmöglichkeiten sind in einem Ausmaß eingeengt, das nur für jene verständlich ist, die selbst schon einmal gesessen haben. Zum einen zwingt der Knast durch die Einengung der Lebensäußerung auf einen kleinen Raum und einen festge­legten persönlichen Zusammenhang zur Beschäftigung mit dem eigenen Körper und den eingeschränkten Gefühlen, zum anderen werden gerade dieser Körper und diese Gefühle im Knastalltag krank gemacht,so dass weniger schlimme Krankheiten draußen im Knast viel gefährlicher und lebensbedrohlicher sein können. Ein Verfasser des folgenden Kapitels hat in den vergangenen Jahren alle Formen der Haft durchgemacht, die gegenwärtig in der BRD und West­berlin praktiziert werden. Er ist gleichzeitig medizinisch ausgebildet. Er versucht, sein Wissen und seine Erfahrungen so zu vermitteln, dass sie im Knast-Alltag gebraucht werden können. Er hat daher versucht, in den verschiedenen Abschnitten die Krankheitszeichen zur Selbstdiagnose und die Möglichkeiten der Selbsthilfe hervorzuheben. Darüber hinaus soll auch soviel Wissen vermittelt werden, dass gegenüber den Knastärzten_Innen und Sanis Forderungen nach einer bestimmten medizinischen Versorgung — auch im Knast — gestellt werden können. Wir geben dabei auch Stichwörter, die über das Wissen des_der einzelnen Gefangenen hinausgehen. Aber jede_r Gefangene braucht für sein Überleben ein paar Grundkenntnisse, er_sie sollte überall nach den Begriffen fragen, die mit seiner_ihrer Erkrankung zusammenhängen. Denn wenn er_sie über sie verfügt, wird er_sie fähig, gegen die Sanis und Knastärzte_Innen zu kämpfen, die ja sein_ihr absolutes Unwissen brauchen, um mit ihm_ihr nach Lust und Laune um­springen zu können. Die kurzen Stichworte reichen natürlich nur aus, um mit ihrer Hilfe die Gesundheit auch im Knast einzufordern und von der Knastmedizin, die zerstörerisch ist, etwas unabhängiger zu werden. Man kann diese Stichworte benutzen, um über Anwälte_Innen, Angehörige usw. mit seiner besonderen Krankheit umgehen und überleben zu lernen. Bei Notfällen genügt oft schon die Kenntnis von ein paar Schlagwörtern, um Sanis und Knastärzte_Innen zu veranlassen schnell zu handeln. Ein Beispiel: Ein_e Mitgefangene_r litt an schwerem Zucker (Diabetis), der nie richtig eingestellt wurde. Er_Sie lernte zu fragen: "Wie ist denn heute der Zuckerspiegel im Blut?" Er_Sie lernte weiter, dass es bei einem Wert über 350 (mg %) kritisch wird, das entsprach ja auch seinen Beschwerden. Er_Sie lernte zu fordern, mehr als einmal den Blutzucker zu untersuchen. Er/Sie lernte zu erklären, dass er sich immer häufiger dem Koma nah fühle. Schließlich wurde er in eine Klinik außerhalb des Knasts verlegt und erhielt Haftverschonung. Die Kenntnis lebensbedrohlicher Zustände durch den_die Gefangene_n selbst sollen dafür sorgen, dass sie nach Möglichkeit gar nicht erst auftreten. Wir beginnen mit einer Beschreibung lebensbedrohlicher Erscheinungsbilder (Abschnitt 17.1) und allgemeinen bedrohlichen Zuständen (abschnitt 7.2. - 17.6.). In den darauffolgenden Abschnitten beschreiben wir einige besondere d.h. an bestimmten Körperregionen auftretende bedrohliche Zustände und die erforderlichen Nothilfemaßnahmen (Abschnitt 17.7. - 17.12.). Am Ende fassen wir noch einmal die wichtigsten lebensrettenden Maßnahmen zusammen (Abschnitt 17.13.). Hier zunächst die Übersicht über die behandelten Notfallsituationen:

17.1. Lebensbedrohliche Erscheinungsbilder

     Herz- und Kreislaufstillstand                                                    
     Todesangst                                                                       
     "Durchdrehen"                                                                    
     Selbsttötung                                                                     

17.2 Schock

     Allergieschock         
     Unterzuckerung, Insulinschock
     Überzuckerung, Insulinmangelschock
     Leberschock, Leberkoma
     Akutes Nierenversagen
     Akutes Herzversagen, Herzinfarkt
     Akute Bauchschmerzen, Koliken

17.3. Bewusstlosigkeit

     Schlaganfall
     Bluthochdruckkrise
     Hitzschlag

17.4. Krampfanfälle, Vergiftungen

     Epilepsi
     Wundstarrkrampf
     Tetanie
     Vergiftungen
     Verätzungen durch Laugen
     Verätzungen durch Säuren
     Vergiftungen mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln
     Vergiftungen mit Kohlenmonoxid

17.5. Blutungen

     Blutungen nach Verletzungen
     Bluthusten
     Bluterbrechen
     Blut im Urin
     Blut im Stuhl
     Blutungen aus Nase, Ohr und Bluterguss am Auge

17.6. Verbrennungen, Erfrierungen, Stromschlag 17.7. Kopf und Hals

     Schädel-, Hirn-Verletzungen
     Gehirnerschütterung
     Hirnhautentzündung
     Plötzliche Erblindung
     Plötzliche Augenschmerzen, Glaukomaanfall
     Plötzlicher Hörsturz, Gehörverlust
     Augenverletzungen
     Augenverätzung
     Manderabszeß

17.8. Herz, Kreislauf, Lunge

     Brustverengung, Brustschmerzen
     Atemnot
     Riss des Lungenfells
     Akuter Schlagaderverschluss, Embolie
     Akuter Venenverschluss, Thrombose

17.9. Speiseröhre, Magen, Darm

     Durchbruch eines Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs
     Magenblutungen
     Darmverschluss
     Blinddarmentzündung

17.10.Galle, Leber, Bauchspeicheldrüse

     Gallenkolik
     Bauchspeicheldrüsenentzündung
     Gelbverfärbung der Haut, Ikterus

17.11.Niere, Harnweg, Sexualorgane

     Akute Nierenkolik
     Harnverhalten
     Elektrolytstörungen
     Priapismus, Steifbleiben des Gliedes, Beckenkrämpfe

17.12.Knochen Muskeln und Gelenke

     Akuter Gichtanfall
     Akutes Rheuma
     Akuter Bandscheibenvorfall
     Knochenbrüche

17.13 Lebensrettende Maßnahmen

     Maßnahmen bei Herz-Kreislauf-Atemstillstand
     Maßnahmen bei schweren Blutungen
     Maßnahmen bei Knochenbrüchen
     Ausrüstung einer Sanitätsstation für den Notfall


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