Selbstschutz gegen Benachteiligung und Rassismus

Aus Gefangenenratgeber

Wechseln zu: Navigation, Suche

Zum Inhaltsverzeichnis


7.3 Selbstschutz gegen Benachteilugung und Rassismus

In den Augen der Beamten sind Ausländer nicht gleich Ausländer: die Gefangenen, die aus nordischen Ländern, wie England, Skandinavien, Frankreich, Holland stammen, sind von einer massiven Diskriminierung meist ausgenommen. Sie zählen nicht zu den "Kanacken". Offenbar sind sie den Beamten nicht ganz so fremd wie die Gefangenen aus Jugosla­wien, Italien, der Türkei und den arabischen Ländern oder Schwarze, die nicht selten mit offen rasistischem Auftreten der Beamten konfrontiert sind - aber auch von Seiten mancher deutscher Mitgefangener.


Die ausländischen Gefangenen und die Beamten

Die Beamten sind von der großen Zahl der ausländischen Gefangen offensichtlich überfordert. Die Beamten beherrschen nur die deutsche Sprache - und selbst die oft noch auf das erstarrte Beamtendeutsch beschränkt, mit dem oft auch ein deutschkundiger Ausländer nichts anfangen kann. Die deutsche Sprache zu verstehen, ist aber eine wichtige Voraussetzung für den einzelnen, um sich gegen ausländerfeindliche Beamten zu weh­ren. Nur den Beamten, den man versteht, kann man auch beobachten und einschätzen. Vielleicht kannst du gerade als Ausländer interessante Gespräche zwischen den Beamten belauschen, die dir keine Deutsch­kenntnisse zutrauen. Das Verhältnis der Beamten gegenüber den ausländischen Gefangenen scheint gespalten zu sein: Einerseits hat die Fremdheit und damit eine Unberechenbarkeit für die Beamten etwas bedrohliches, was bei ihnen Unsicherheit und Furcht hervorrufen kann. Andererseits sind Ausländer für sie oft die Blitzableiter, die "Prügelknaben" (auch im eigentlichen Wortsinn), die sich nicht zu wehren wissen. Viele Beamten nehmen die Ausländer nicht für voll, sondern halten sie für dumm und primitiv. In manchen Situationen kann das ein Vorteil sein. Ein fester Zusammenhalt von Gefangenen gleicher Nationalität hat oft zur Folge, daß die Unsicherheit und Furcht bei den Beamten überwiegt. Man spricht dann zum Beispiel mit Respekt von "den Jugoslawen" oder "den Italienern", die "wie Pech und Schwefel" zusammenhalten und von denen man am besten die Finger läßt: denn "greift man einen an, dann hat man es gleich mit allen zu tun". Ein sichtbarer Zusammenhalt kann also schon ein großer Schutz sein. Man soll auch ruhig gegen die rassistischen Beamten mit Dienstaufsichts­beschwerden und Strafanzeigen vorgehen, Petitionen schreiben, Auslän­dergruppen, Knastgruppen, Konsulate benachrichtigen, sich auch an die Presse wenden, vielleicht sogar an die ausländische Presse. Besonders wichtig dabei ist, daß sich auch deutsche Mitgefangene einset­zen. Die betreffenden Beamten müssen den Eindruck bekommen, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden und daß jeder Übergriff sofort spürbare Folgen für sie hat, zum Beispiel in der Form von zusätzlicher Arbeit, die sie dadurch bekommen, daß sie zu den Beschwerden und Anzeigen Stellungnahmen schreiben müssen. Einen gewissen Schutz kann auch ein Anwalt bieten, wenn er sich ab und zu im Knast blicken läßt und auf Mißhandlungen und Erniedrigungen seiner Mandanten gleich reagiert. Helft also einem besonders gequälten Gefangenen dabei, einen Anwalt zu finden. Manchmal genügt schon die Drohung mit dem Anwalt oder mit Strafanzeige, um den Beamten zu einer Entschuldigung zu bewegen.


Die ausländischen und die deutschen Gefangenen

Man hört auch von Anfeindungen durch deutsche Mitgefangene. Und auch die Sprache vieler deutscher Gefangener umfaßt abfällige Aus­drücke für Ausländer: "Kqnacken", "Kameltreiber", "Koksbrocken" und ähnliches. Der einfachste Weg für den Unterdrückten, seine Wut gegen die Unter­drücker loszuwerden, ist, sich jemanden zu suchen, den man selbst drücken kann. Das ist eigentlich ein ganz aligemein bekanntes Problem, das sich nicht nur im Knast stellt, sondern ebenso draußen, zum Beispiel in den Schulen, Familien, Betrieben usw.. Es wäre jedoch oberflächlich, zu sagen, daß diese Diskriminierung der Ausländer so allgemein ist, wie es zunächst von außen aussieht. Viele Gefangenen gehen auch sonst mit einer ziemlich groben Sprache mitein­ander um, die ihre Gefühle verdecken soll, aber noch keine Feindselig­keit bedeutet. So kann man beobachten, daß die verachtende Sprache gegenüber den Ausländern nicht unbedingt ein verachtendes sonstiges Verhalten bedeutet. Auch einem Gefangenen, der im Knastalltag viel mit seinen Mitgefangenen macht, rutscht schon mal das Wort "Kanacke" raus. Aber man gibt sich zu verstehen, daß alles nicht so ernst zu nehmen ist. Viele erkennen in ihrem eigenen aggressiven Verhalten gegen die Ausländer die eigene Wut gegen die Anstalt wieder und ziehen daraus auch Konsequenzen. Dies sich gegenseitig klar zu machen, ist der einzige Weg, den "Rassis­mus" unter den Gefangenen zu bekämpfen. Nur wenn die Ausländerfeindlichkeit zum Thema wird, über das man im Knast täglich redet, kann unter den deutschen Mitgefangenen ein gewis­ses Empfindungsvermögen entstehen, das zumindest die Gedankenlosig­keit verschwinden läßt, mit der Ausländer beleidigt und gekränkt werden. Bei hoffnungslosen Fällen kann man sich diese Bekehrungsversuche sparen. Als Betroffener kann man ihnen nur aus dem Weg gehen, sich gemeinsam vor ihnen verteidigen oder sich verlegen lassen. Strafanzei­gen oder ähnliches sind eine Umgangsform der Justiz - oder eine Verteidigung gegen die Justiz. Konflikte unter den Gefangenen lassen sich damit nicht lösen. Im Gegenteil, man richtet damit mehr Schaden an als mit einer handgreiflichen Auseinandersetzung.


7.3 Selbstschutz gegen Benachteilugung und Rassismus

In den Augen der Beamten sind Ausländer nicht gleich Ausländer: die Gefangenen, die aus nordischen Ländern, wie England, Skandinavien, Frankreich, Holland stammen, sind von einer massiven Diskriminierung meist ausgenommen. Sie zählen nicht zu den "Kanacken". Offenbar sind sie den Beamten nicht ganz so fremd wie die Gefangenen aus Jugosla­wien, Italien, der Türkei und den arabischen Ländern oder Schwarze, die nicht selten mit offen rasistischem Auftreten der Beamten konfrontiert sind - aber auch von Seiten mancher deutscher Mitgefangener.


Die ausländischen Gefangenen und die Beamten

Die Beamten sind von der großen Zahl der ausländischen Gefangen offensichtlich überfordert. Die Beamten beherrschen nur die deutsche Sprache - und selbst die oft noch auf das erstarrte Beamtendeutsch beschränkt, mit dem oft auch ein deutschkundiger Ausländer nichts anfangen kann. Die deutsche Sprache zu verstehen, ist aber eine wichtige Voraussetzung für den einzelnen, um sich gegen ausländerfeindliche Beamten zu weh­ren. Nur den Beamten, den man versteht, kann man auch beobachten und einschätzen. Vielleicht kannst du gerade als Ausländer interessante Gespräche zwischen den Beamten belauschen, die dir keine Deutsch­kenntnisse zutrauen. Das Verhältnis der Beamten gegenüber den ausländischen Gefangenen scheint gespalten zu sein: Einerseits hat die Fremdheit und damit eine Unberechenbarkeit für die Beamten etwas bedrohliches, was bei ihnen Unsicherheit und Furcht hervorrufen kann. Andererseits sind Ausländer für sie oft die Blitzableiter, die "Prügelknaben" (auch im eigentlichen Wortsinn), die sich nicht zu wehren wissen. Viele Beamten nehmen die Ausländer nicht für voll, sondern halten sie für dumm und primitiv. In manchen Situationen kann das ein Vorteil sein. Ein fester Zusammenhalt von Gefangenen gleicher Nationalität hat oft zur Folge, daß die Unsicherheit und Furcht bei den Beamten überwiegt. Man spricht dann zum Beispiel mit Respekt von "den Jugoslawen" oder "den Italienern", die "wie Pech und Schwefel" zusammenhalten und von denen man am besten die Finger läßt: denn "greift man einen an, dann hat man es gleich mit allen zu tun". Ein sichtbarer Zusammenhalt kann also schon ein großer Schutz sein. Man soll auch ruhig gegen die rassistischen Beamten mit Dienstaufsichts­beschwerden und Strafanzeigen vorgehen, Petitionen schreiben, Auslän­dergruppen, Knastgruppen, Konsulate benachrichtigen, sich auch an die Presse wenden, vielleicht sogar an die ausländische Presse. Besonders wichtig dabei ist, daß sich auch deutsche Mitgefangene einset­zen. Die betreffenden Beamten müssen den Eindruck bekommen, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden und daß jeder Übergriff sofort spürbare Folgen für sie hat, zum Beispiel in der Form von zusätzlicher Arbeit, die sie dadurch bekommen, daß sie zu den Beschwerden und Anzeigen Stellungnahmen schreiben müssen. Einen gewissen Schutz kann auch ein Anwalt bieten, wenn er sich ab und zu im Knast blicken läßt und auf Mißhandlungen und Erniedrigungen seiner Mandanten gleich reagiert. Helft also einem besonders gequälten Gefangenen dabei, einen Anwalt zu finden. Manchmal genügt schon die Drohung mit dem Anwalt oder mit Strafanzeige, um den Beamten zu einer Entschuldigung zu bewegen.


Die ausländischen und die deutschen Gefangenen

Man hört auch von Anfeindungen durch deutsche Mitgefangene. Und auch die Sprache vieler deutscher Gefangener umfaßt abfällige Aus­drücke für Ausländer: "Kqnacken", "Kameltreiber", "Koksbrocken" und ähnliches. Der einfachste Weg für den Unterdrückten, seine Wut gegen die Unter­drücker loszuwerden, ist, sich jemanden zu suchen, den man selbst drücken kann. Das ist eigentlich ein ganz aligemein bekanntes Problem, das sich nicht nur im Knast stellt, sondern ebenso draußen, zum Beispiel in den Schulen, Familien, Betrieben usw.. Es wäre jedoch oberflächlich, zu sagen, daß diese Diskriminierung der Ausländer so allgemein ist, wie es zunächst von außen aussieht. Viele Gefangenen gehen auch sonst mit einer ziemlich groben Sprache mitein­ander um, die ihre Gefühle verdecken soll, aber noch keine Feindselig­keit bedeutet. So kann man beobachten, daß die verachtende Sprache gegenüber den Ausländern nicht unbedingt ein verachtendes sonstiges Verhalten bedeutet. Auch einem Gefangenen, der im Knastalltag viel mit seinen Mitgefangenen macht, rutscht schon mal das Wort "Kanacke" raus. Aber man gibt sich zu verstehen, daß alles nicht so ernst zu nehmen ist. Viele erkennen in ihrem eigenen aggressiven Verhalten gegen die Ausländer die eigene Wut gegen die Anstalt wieder und ziehen daraus auch Konsequenzen. Dies sich gegenseitig klar zu machen, ist der einzige Weg, den "Rassis­mus" unter den Gefangenen zu bekämpfen. Nur wenn die Ausländerfeindlichkeit zum Thema wird, über das man im Knast täglich redet, kann unter den deutschen Mitgefangenen ein gewis­ses Empfindungsvermögen entstehen, das zumindest die Gedankenlosig­keit verschwinden läßt, mit der Ausländer beleidigt und gekränkt werden. Bei hoffnungslosen Fällen kann man sich diese Bekehrungsversuche sparen. Als Betroffener kann man ihnen nur aus dem Weg gehen, sich gemeinsam vor ihnen verteidigen oder sich verlegen lassen. Strafanzei­gen oder ähnliches sind eine Umgangsform der Justiz - oder eine Verteidigung gegen die Justiz. Konflikte unter den Gefangenen lassen sich damit nicht lösen. Im Gegenteil, man richtet damit mehr Schaden an als mit einer handgreiflichen Auseinandersetzung.