Nach der Entlassung

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12.3. Nach der Entlassung

Gehn wir mal von dem Fall! aus, dass du keine Wohnung hast, keine Arbeit und auch niemanden, der dich abgeholt hat oder zu dem du hingehen kannst.Die ersten Tage Deine Freude über die wiedererlangte Freiheit währt dann vielleicht gerade so lange, bist du spürst, dass du dich irgendwo niederlegen und auch was essen musst Zum Schlafen: da gibt es nur ein paar Möglichkeiten und angenehm sind sie im Grunde alle nicht. In allen größeren Städten gibt es eine Bahnhofsmission. Da kommst du so­fort unter. Ebenso bei der Stadtmission. Wenn die voll sind, vermitteln die auch weiter in örtliche Obdachlosenasyle. Die sind allerdings nicht zu em­pfehlen. Da hat dich der Knast gleich wieder. Besser sind dann schon Jugendherbergen. Für ca. 16 bis 18 Mark bekommst du da einen Seniorenschein und kannst dann für rund 10 DM übernachten (in Frankfurt 11,20 DM, in kleinen Orten ist's billiger). Und wenn du etwas Entlassungsgeld hast, gibt es in fast allen Städten auch billige Hotels, um die 20 DM. Laß.dir eine Quittung geben: — um die Kosten beim Sozialamt wieder einzufordern. Zu Betreuungsvereinen oder Knast- und Entlassungshilfe-Gruppen zu gehen, bringt dir zunächst wenig. Sie leisten meist nur Beratung, d.h. sie verweisen dich weiter an die Ämter, zu denen du sowieso musst Du kannst natürlich,wenn du gar nichts hast und niemanden kennst in der.Stadt, alle diese Vereine abklappern und mit Hilfe deines Entlassungsscheins überall 5 Mark rausleiern — eben wenn dir gar nichts anderes übrig bleibt Aber selbst, wenn's ganz hart kommt, musst du auch nicht gleich verhungern in unserem „Sozialstaat": Sogenannte freie Träger, wie Kirchen oder Ar­beiterwohlfahrt und zuweilen auch städtische Stellen geben meist einen kostenlosen „Mittagstisch" aus. Da musst du dich umhören. Aber das sind alles nur kurzfristige Hilfen, mit denen du über ein paar Tage oder ein Wochenende kommst. Dann stellt sich die Frage: von welchem Amt bekommst du dein Geld? Grundsätzlich: Wenn du in den letzten drei Jahren 26 Wochen oder länger „versicherungspflichtig" — das heißt mit Lohnsteuerkarte — gearbeitet hast, ist das Arbeitsamt zuständig für dich In allen anderen Fällen das So­zialamt.

Arbeitsamt

Die 12 Monate für das Arbeitsamt müssen nicht zusammenhängend sein, und die Zeit, die du im Knast gearbeitet hast, zählt mit. Dafür hast du die Bescheinigung über die Zahl der geleisteten Arbeitstage bei der Entlassung bekommen. Wenn du 26 Wochen Arbeit nachweisen kannst und bei deiner Entlassung keine Ar­beitsstelle hast, bekommst du 78 Tage lang — 13 Wochen ä 6 Wochentage — Ar­beitslosengeld. Das sind 68 %.deines bisherigen Nettoverdienstes. Arbeitslosengeld gibt es längstens ein Jahr lang. Danach bekommst du Arbeitslosenhilfe, allerdings im Gegensatz zum Arbeitslosengeld nur, wenn du bedürftig bist. Arbeitslosenhilfe ist 58 Prozent deines ursprünglichen Verdienstes. Sie wird bis zum 65. Lebensjahr gezahlt. Voraussetzung dafür, vom Arbeitsamt Geld zu bekommen, ist allerdings immer, dass du dich „arbeitswillig" zeigst. Du musst dich also als erstes arbeitslos meiden. Wenn die dir dann keine Stelle anbieten, kannst du Antrag auf Arbeits­losengeld oder Arbeitslosenhilfe stellen. Dafür brauchst du: Personalausweis, (Renten-) Versicherungsausweis, Nachweis über in den letzten drei Jahren geleistete versicherungspflichtige Tätigkeit, Lohnsteuerkarte und Bescheinigung, dass du dich arbeitslos gemeldet, hast. Da alle Zahlungen des Arbeitsamtes nur bargeldlos ge­leistet werden, ist es ratsam, vorher ein Konto einzurichten. Da Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe rückwirkend ab Antragstellung gezahlt werden, ist es wichtig den Antrag so früh wie möglich zu stellen. Mit der Antragstellung verpflichtest du dich dazu, eine dir vom Arbeitsamt ver­mittelte Stelle anzunehmen. Das Arbeitsamt ist zwar verpflichtet, dir eine deiner Ausbildung und gemessen an dem, was du vorher gearbeitet hast, möglichst angemessene Stelle anzubieten, hat aber auch das Recht, von dir zu verlangen, eine schlechtere — und schlechter be­zahlte — Arbeit anzunehmen. Das geht allerdings nur in gewissen Grenzen. Du kannst dich zunächst immer auf den Standpunkt stellen, ein Angebot sei unzumut­bar, wenn du es als unter deinem Niveau empfindest. Wenn sie dir dann schließlich mit Streichung ihrer Zahlungen drohen, kannst du dirs immer noch überlegen. Lehnst du ohne „wichtigen Grund" eine „zumutbare" Arbeit ab, so werden die Leistungen für 4 Wochen gesperrt. Dasselbe passiert, wenn du ohne „wichtigen Grund" ein Arbeitsverhältnis kündigst. Sind die Leistungen schon vorher einmal aus diesen Gründen gesperrt worden, so verlierst du den weiteren Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. — hilfe wenn ein Arbeitgeber dich nach deiner Vorstellung ablehnt, was man ja gegebenenfalls beeinflussen kann, kann dir das Arbeitsamt kein Geld streichen. Ebenso wenig, wenn er dir nach kurzer Zeit kündigt. Wenn du nach deiner Entlassung schon eine Arbeitsstelle hast, aber erst am Monats­ende den ersten Lohn bekommst, zahlt das Arbeitsamt dir ein Überbrückungsgeld — das du als Haftentlassener auch nicht zurückzahlen brauchst. Für den Antrag dazu brauchst du neben Personalausweis und Entlassungsschein den Arbeitsvertrag öder auch nur eine Bescheinigung des Arbeitgebers, wann du die Stelle antrittst und . wann du den ersten Lohn in welcher Höhe bekommst. Ab Zahlung von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bist du automatisch bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse AOK krankenversichert. Bis dahin musst du dich an das Sozialamt wegen einem Krankenschein wenden. Dazu unten noch Näheres.

Sozialamt

Wenn du nach den oben genannten Bedingungen keinen Anspruch auf Ar­beitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe hast — zum Beispiel weil du nur kurz gearbeitet hast oder nicht arbeiten kannst — z.B. grundsätzlich jede ledige Mutter mit Kind! — und kein Einkommen hast, steht dir Sozialhilfe zu. Wenn du ein ganz geringes Einkommen hast, zum Beispiel weil du nur wenig vom Arbeitsamt bekommst, erhältst du ergänzend Sozialhilfe Sozialhilfe erhält jeder, der ohne Unterstützung verhungern müsste Sie ist kein Almosen, sondern ein Rechtsanspruch, dafür aber auch so knapp be­messen, dass du davon gerade am Leben bleibst. Sozialhilfe muss grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden! Wichtig: Ehepartner sind gegenseitig und Eltern ihren Kindern gegenüber und umgekehrt „unterhalts­pflichtig". Das heißt sie müssen zum Unterhalt beitragen, Leute, die unverheiratet zusammen wohnen, gelten beim Sozialamt als „eheähnliche Gemeinschaft" — dazu zählen auch Wohngemeinschaften — und sind gegenseitig unterhaltsverpflichtet. Daher ist es ratsam, in jedem Fall untereinander Untermiet­verträge abzuschließen und zu bestreiten, dass es sich unreine gemeinsame Haus­haltsführung handelt. Auch beim Sozialamt musst du deine „Arbeitswilligkeit" sprich: Arbeitslos-Meldung und eine Bestätigung des Arbeitsamtes, dass du im Moment in keine Stelle ver­mittelbar bist, nachweisen. Am besten ist es, wenn du alles, was du brauchst und beim Sozialamt angeben willst, vorher mit Überlegung aufgeschrieben hast1 und diesen Zettel dem Sachbearbeiter gibst. Das Schriftstück sollte enthalten: 1.Personalien 2. Haftzeit 3. deine momentane Situation: wo wohnst du? hast du Geld? hast du Angehörige? hast du Kleidung?

4. deine in der Haft erlittenen Gesundheitsschäden. Du verlangst einen Krankenschein. Den bekommst du bei einem meistens im Sozialamt amtierenden „Amtsarzt", und damit gehst du dann zu einem prak­tischen Arzt. Auch ihm übergibst du eine genaue Liste deiner Beschwerden. 5. deine Forderungen: Kleidung Wohnung vorläufiger Lebensunterhalt Einrichtungsgegenstände Toilettenartikel Geschirr usw. Hilfe zum Lebensunterhalt: Der Sachbearbeiter füllt dann zuerst einen Antrag auf „Hilfe zum Lebensunterhalt" (Sozialhilfe) aus. Der Bedarf zum Lebensunterhalt werden. Auf die Hilfe zum Lebensunterhalt wird das „Einkommen" des Antrag­steilers angerechnet. Regelsätze vom 1.1.81 (für Hessen): Haushaltsvorstand oder für Alleinstehende 330.- DM Familienangehörige über 21 Jahre 264.- DM Kinder zwischen 15 — 20 Jahre 297.- DM Kinder zwischen 11 — 14 Jahre 248.- DM Kinder zwischen 7 — 10 Jahre 215.- DM Kinder unter 7 Jahre .' ' 149.- DM Nach diesen Sätzen lässt sich der von dem Sozialamt einem zugedachte Bedarf er­rechnen. Bestimmten Personengruppen wird dabei noch ein Mehrbedarf zugestanden: Leuten über 65 Jahren, Leuten unter 65 Jahren, die nicht mehr arbeiten können', werdenden Müttern und Alleinstehenden, die zwei oder mehr Kinder alleine versorgen, Erwerbstätigen. Beispiel: Frau alleinstehend, mit zwei Kindern: Mutter 330.- DM Mehrbedarf (bei 2 Kindern 30 %7) 99.- DM für das 9-jährige Kind 215.- DM für das 12-jährige Kind 248.- DM Miete (angenommen) 340.- DM Bedarf 1.232.- DM Vom Bedarf wird das Kindergeld, nämlich zur Zeit: 50,- DM fürs erste 100,- DM fürs zweite 200,- DM für jedes weitere für zwei Kinder abgezogen, da es als Einkommen zählt: 1.232.- DM — 150.- DM 1082.- DM ein anderes Beispiel: Ehepaar, ohne Kind. Die Frau arbeitet nicht. Haushaltsvorstand 330.- DM Ehefrau 264.- DM ./.angenommene Miete ..- 290.- DM Bedarf .'. 884.- DM Aus den Berechnungen wird ersichtlich, dass das Sozialamt in jedem Fall die Miete zahlt. Die Kaution, ohne die man heute kaum noch ein Zimmer bekommt, wird aller­dings selten übernommen und wenn, dann oft nur als Darlehen, d.h. du musst sie später zurückzahlen. Eine weitere Schweinerei ist, dass dein Entlassungsgeld üblicherweise als „Ein­kommen" betrachtet und von deinem errechneten Bedarf abgezogen wird. Das solltest du jedenfalls versuchen zu verhindern und dich darauf berufen, dass du das Geld im Sinne der „Wiedereingliederung in die Gesellschaft" für die besonderen Auf­gaben brauchst, die ein völliger Neuanfang für dich mit sich bringt. „Einmalige Beihilfen": Neben der „Hilfe zum Lebensunterhalt" gibt es beim Sozialamt sogenannte „einmalige Beihilfen", was nicht heißt, dass es sie nur einmal gibt, sondern lediglich, dass man sie einzeln beantragen muss Einmalige Beihilfen erhalten alle Sozialhilfeberechtigten und Leute, deren Einkommen nicht mehr als 10 % über dem Regelsatz liegt, sogenannte Minderbemittelte. Es gibt Möbel-, Bekleidungs-, Brennstoff- und Weihnachtsbeihilfe. Möbelbeihilfe kann man beantragen, wenn man zu wenig oder zum Beispiel nach der Entlassung gar keine Möbel hat. In der Regel muss man sich die Möbel in der Materialverwaltung des Sozialamtes aussuchen, man kann aber auf jeden Fall versuchen, sich den Gegenwert in bar auszahlen zu lassen. Man kann dann z.B. sagen, dass man sich die Möbel lieber gebraucht aber dafür nach eigenem Geschmack aus­suchen will. Die Weihnachtsbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag. Sogenannte Minderbemittelte müssen einen Antrag stellen. Für Bekleidungsbeihilfe muss in jedem Fall ein Antrag gestellt werden. Für Erwachsene über 16 Jahren gibt es pro Jahr 500,- DM, für Kinder von 7—15 Jahren 400,- DM und für Kinder bis 7 Jahren höchstens 300,- DM pro Jahr, in begründeten Ausnahmefällen, wie z.B. Entlassung nach längerer Haft können diese Höchstgrenzen auch überschritten werden. In jedem Fall sollte man auf dem Höchstsatz bestehen. Brennstoffbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag, die sogenannten Minderbemittelten müssen einen Antragstellen und zwar ab 1.10. des Jahres und vor dem 1,1. des folgenden Jahres. Weitere, über das bisher Genannte hinausgehende Forderungen kannst du nur noch darüber geltend machen, dass das Sozialamt auch „Hilfe in besonderen Lebenslagen" (Bundessozialhilfegesetz, §§ 17 und folgende) zu leisten hat, zu denen auch Entlassung aus der Haft zählt, Krankenversicherung: Wenn du — wie üblich — nach der Entlassung nicht' krankenversichert bist, bekommst du vom Sozialamt einen Krankenschein. Falls du noch krankenversichert bist, kannst du Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge verlangen. Überbrückungsgeld; Wenn du bei einem anderen Träger, zum Beispiel dem Ar­beitsamt, Geld beantragt hast, aber man Wochen oder Monate für die Berechnung braucht, zahlt das Sozialamt Überbrückungsgeld. Das ist sozusagen ein Vorschuss, d.h. du musst es zurückzahlen (weil du ja Arbeitslosengeld oder Rente vom Zeit­punkt der Antragstellung an rückwirkend ausgezahlt bekommst). Üblicherweise wird das zwischen den Ämtern automatisch miteinander verrechnet. Papiere, die du — soweit du sie hast — bei der Antragstellung auf dem Sozialamt zur Hand haben solltest:

Entlassungsschein

Personalausweis,

mindestens polizeiliche Anmeldung Nachweis über Einkünfte: —

Lohnbescheinigung,

Arbeitslosengeldbescheid

— Krankengeldbescheid

Nachweis über Arbeitslosmeldung

Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt)

Mietvertrag,

Mietquittungen

Wohngeldbescheid

Kindergeldbescheid

Unterlagen über Versicherungsbeiträge

Nachweis über Schulden oder monatliche Raten.

Um von der Sozialhilfe leben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.— Krankengeldbescheid Nachweis über Arbeitslosmeldung Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt) Mietvertrag, Mietquittungen Wohngeldbescheid Kindergeldbescheid Unterlagen über Versicherungsbeiträge Nachweis über Schulden oder monatliche Raten. Um von der So2taihi!feeben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.


12.3. Nach der Entlassung

Gehn wir mal von dem Fall! aus, dass du keine Wohnung hast, keine Arbeit und auch niemanden, der dich abgeholt hat oder zu dem du hingehen kannst.Die ersten Tage Deine Freude über die wiedererlangte Freiheit währt dann vielleicht gerade so lange, bist du spürst, dass du dich irgendwo niederlegen und auch was essen musst Zum Schlafen: da gibt es nur ein paar Möglichkeiten und angenehm sind sie im Grunde alle nicht. In allen größeren Städten gibt es eine Bahnhofsmission. Da kommst du so­fort unter. Ebenso bei der Stadtmission. Wenn die voll sind, vermitteln die auch weiter in örtliche Obdachlosenasyle. Die sind allerdings nicht zu em­pfehlen. Da hat dich der Knast gleich wieder. Besser sind dann schon Jugendherbergen. Für ca. 16 bis 18 Mark bekommst du da einen Seniorenschein und kannst dann für rund 10 DM übernachten (in Frankfurt 11,20 DM, in kleinen Orten ist's billiger). Und wenn du etwas Entlassungsgeld hast, gibt es in fast allen Städten auch billige Hotels, um die 20 DM. Laß.dir eine Quittung geben: — um die Kosten beim Sozialamt wieder einzufordern. Zu Betreuungsvereinen oder Knast- und Entlassungshilfe-Gruppen zu gehen, bringt dir zunächst wenig. Sie leisten meist nur Beratung, d.h. sie verweisen dich weiter an die Ämter, zu denen du sowieso musst Du kannst natürlich,wenn du gar nichts hast und niemanden kennst in der.Stadt, alle diese Vereine abklappern und mit Hilfe deines Entlassungsscheins überall 5 Mark rausleiern — eben wenn dir gar nichts anderes übrig bleibt Aber selbst, wenn's ganz hart kommt, musst du auch nicht gleich verhungern in unserem „Sozialstaat": Sogenannte freie Träger, wie Kirchen oder Ar­beiterwohlfahrt und zuweilen auch städtische Stellen geben meist einen kostenlosen „Mittagstisch" aus. Da musst du dich umhören. Aber das sind alles nur kurzfristige Hilfen, mit denen du über ein paar Tage oder ein Wochenende kommst. Dann stellt sich die Frage: von welchem Amt bekommst du dein Geld? Grundsätzlich: Wenn du in den letzten drei Jahren 26 Wochen oder länger „versicherungspflichtig" — das heißt mit Lohnsteuerkarte — gearbeitet hast, ist das Arbeitsamt zuständig für dich In allen anderen Fällen das So­zialamt.

Arbeitsamt

Die 12 Monate für das Arbeitsamt müssen nicht zusammenhängend sein, und die Zeit, die du im Knast gearbeitet hast, zählt mit. Dafür hast du die Bescheinigung über die Zahl der geleisteten Arbeitstage bei der Entlassung bekommen. Wenn du 26 Wochen Arbeit nachweisen kannst und bei deiner Entlassung keine Ar­beitsstelle hast, bekommst du 78 Tage lang — 13 Wochen ä 6 Wochentage — Ar­beitslosengeld. Das sind 68 %.deines bisherigen Nettoverdienstes. Arbeitslosengeld gibt es längstens ein Jahr lang. Danach bekommst du Arbeitslosenhilfe, allerdings im Gegensatz zum Arbeitslosengeld nur, wenn du bedürftig bist. Arbeitslosenhilfe ist 58 Prozent deines ursprünglichen Verdienstes. Sie wird bis zum 65. Lebensjahr gezahlt. Voraussetzung dafür, vom Arbeitsamt Geld zu bekommen, ist allerdings immer, dass du dich „arbeitswillig" zeigst. Du musst dich also als erstes arbeitslos meiden. Wenn die dir dann keine Stelle anbieten, kannst du Antrag auf Arbeits­losengeld oder Arbeitslosenhilfe stellen. Dafür brauchst du: Personalausweis, (Renten-) Versicherungsausweis, Nachweis über in den letzten drei Jahren geleistete versicherungspflichtige Tätigkeit, Lohnsteuerkarte und Bescheinigung, dass du dich arbeitslos gemeldet, hast. Da alle Zahlungen des Arbeitsamtes nur bargeldlos ge­leistet werden, ist es ratsam, vorher ein Konto einzurichten. Da Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe rückwirkend ab Antragstellung gezahlt werden, ist es wichtig den Antrag so früh wie möglich zu stellen. Mit der Antragstellung verpflichtest du dich dazu, eine dir vom Arbeitsamt ver­mittelte Stelle anzunehmen. Das Arbeitsamt ist zwar verpflichtet, dir eine deiner Ausbildung und gemessen an dem, was du vorher gearbeitet hast, möglichst angemessene Stelle anzubieten, hat aber auch das Recht, von dir zu verlangen, eine schlechtere — und schlechter be­zahlte — Arbeit anzunehmen. Das geht allerdings nur in gewissen Grenzen. Du kannst dich zunächst immer auf den Standpunkt stellen, ein Angebot sei unzumut­bar, wenn du es als unter deinem Niveau empfindest. Wenn sie dir dann schließlich mit Streichung ihrer Zahlungen drohen, kannst du dirs immer noch überlegen. Lehnst du ohne „wichtigen Grund" eine „zumutbare" Arbeit ab, so werden die Leistungen für 4 Wochen gesperrt. Dasselbe passiert, wenn du ohne „wichtigen Grund" ein Arbeitsverhältnis kündigst. Sind die Leistungen schon vorher einmal aus diesen Gründen gesperrt worden, so verlierst du den weiteren Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. — hilfe wenn ein Arbeitgeber dich nach deiner Vorstellung ablehnt, was man ja gegebenenfalls beeinflussen kann, kann dir das Arbeitsamt kein Geld streichen. Ebenso wenig, wenn er dir nach kurzer Zeit kündigt. Wenn du nach deiner Entlassung schon eine Arbeitsstelle hast, aber erst am Monats­ende den ersten Lohn bekommst, zahlt das Arbeitsamt dir ein Überbrückungsgeld — das du als Haftentlassener auch nicht zurückzahlen brauchst. Für den Antrag dazu brauchst du neben Personalausweis und Entlassungsschein den Arbeitsvertrag öder auch nur eine Bescheinigung des Arbeitgebers, wann du die Stelle antrittst und . wann du den ersten Lohn in welcher Höhe bekommst. Ab Zahlung von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bist du automatisch bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse AOK krankenversichert. Bis dahin musst du dich an das Sozialamt wegen einem Krankenschein wenden. Dazu unten noch Näheres.

Sozialamt

Wenn du nach den oben genannten Bedingungen keinen Anspruch auf Ar­beitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe hast — zum Beispiel weil du nur kurz gearbeitet hast oder nicht arbeiten kannst — z.B. grundsätzlich jede ledige Mutter mit Kind! — und kein Einkommen hast, steht dir Sozialhilfe zu. Wenn du ein ganz geringes Einkommen hast, zum Beispiel weil du nur wenig vom Arbeitsamt bekommst, erhältst du ergänzend Sozialhilfe Sozialhilfe erhält jeder, der ohne Unterstützung verhungern müsste Sie ist kein Almosen, sondern ein Rechtsanspruch, dafür aber auch so knapp be­messen, dass du davon gerade am Leben bleibst. Sozialhilfe muss grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden! Wichtig: Ehepartner sind gegenseitig und Eltern ihren Kindern gegenüber und umgekehrt „unterhalts­pflichtig". Das heißt sie müssen zum Unterhalt beitragen, Leute, die unverheiratet zusammen wohnen, gelten beim Sozialamt als „eheähnliche Gemeinschaft" — dazu zählen auch Wohngemeinschaften — und sind gegenseitig unterhaltsverpflichtet. Daher ist es ratsam, in jedem Fall untereinander Untermiet­verträge abzuschließen und zu bestreiten, dass es sich unreine gemeinsame Haus­haltsführung handelt. Auch beim Sozialamt musst du deine „Arbeitswilligkeit" sprich: Arbeitslos-Meldung und eine Bestätigung des Arbeitsamtes, dass du im Moment in keine Stelle ver­mittelbar bist, nachweisen. Am besten ist es, wenn du alles, was du brauchst und beim Sozialamt angeben willst, vorher mit Überlegung aufgeschrieben hast1 und diesen Zettel dem Sachbearbeiter gibst. Das Schriftstück sollte enthalten: 1.Personalien 2. Haftzeit 3. deine momentane Situation: wo wohnst du? hast du Geld? hast du Angehörige? hast du Kleidung?

4. deine in der Haft erlittenen Gesundheitsschäden. Du verlangst einen Krankenschein. Den bekommst du bei einem meistens im Sozialamt amtierenden „Amtsarzt", und damit gehst du dann zu einem prak­tischen Arzt. Auch ihm übergibst du eine genaue Liste deiner Beschwerden. 5. deine Forderungen: Kleidung Wohnung vorläufiger Lebensunterhalt Einrichtungsgegenstände Toilettenartikel Geschirr usw. Hilfe zum Lebensunterhalt: Der Sachbearbeiter füllt dann zuerst einen Antrag auf „Hilfe zum Lebensunterhalt" (Sozialhilfe) aus. Der Bedarf zum Lebensunterhalt werden. Auf die Hilfe zum Lebensunterhalt wird das „Einkommen" des Antrag­steilers angerechnet. Regelsätze vom 1.1.81 (für Hessen): Haushaltsvorstand oder für Alleinstehende 330.- DM Familienangehörige über 21 Jahre 264.- DM Kinder zwischen 15 — 20 Jahre 297.- DM Kinder zwischen 11 — 14 Jahre 248.- DM Kinder zwischen 7 — 10 Jahre 215.- DM Kinder unter 7 Jahre .' ' 149.- DM Nach diesen Sätzen lässt sich der von dem Sozialamt einem zugedachte Bedarf er­rechnen. Bestimmten Personengruppen wird dabei noch ein Mehrbedarf zugestanden: Leuten über 65 Jahren, Leuten unter 65 Jahren, die nicht mehr arbeiten können', werdenden Müttern und Alleinstehenden, die zwei oder mehr Kinder alleine versorgen, Erwerbstätigen. Beispiel: Frau alleinstehend, mit zwei Kindern: Mutter 330.- DM Mehrbedarf (bei 2 Kindern 30 %7) 99.- DM für das 9-jährige Kind 215.- DM für das 12-jährige Kind 248.- DM Miete (angenommen) 340.- DM Bedarf 1.232.- DM Vom Bedarf wird das Kindergeld, nämlich zur Zeit: 50,- DM fürs erste 100,- DM fürs zweite 200,- DM für jedes weitere für zwei Kinder abgezogen, da es als Einkommen zählt: 1.232.- DM — 150.- DM 1082.- DM ein anderes Beispiel: Ehepaar, ohne Kind. Die Frau arbeitet nicht. Haushaltsvorstand 330.- DM Ehefrau 264.- DM ./.angenommene Miete ..- 290.- DM Bedarf .'. 884.- DM Aus den Berechnungen wird ersichtlich, dass das Sozialamt in jedem Fall die Miete zahlt. Die Kaution, ohne die man heute kaum noch ein Zimmer bekommt, wird aller­dings selten übernommen und wenn, dann oft nur als Darlehen, d.h. du musst sie später zurückzahlen. Eine weitere Schweinerei ist, dass dein Entlassungsgeld üblicherweise als „Ein­kommen" betrachtet und von deinem errechneten Bedarf abgezogen wird. Das solltest du jedenfalls versuchen zu verhindern und dich darauf berufen, dass du das Geld im Sinne der „Wiedereingliederung in die Gesellschaft" für die besonderen Auf­gaben brauchst, die ein völliger Neuanfang für dich mit sich bringt. „Einmalige Beihilfen": Neben der „Hilfe zum Lebensunterhalt" gibt es beim Sozialamt sogenannte „einmalige Beihilfen", was nicht heißt, dass es sie nur einmal gibt, sondern lediglich, dass man sie einzeln beantragen muss Einmalige Beihilfen erhalten alle Sozialhilfeberechtigten und Leute, deren Einkommen nicht mehr als 10 % über dem Regelsatz liegt, sogenannte Minderbemittelte. Es gibt Möbel-, Bekleidungs-, Brennstoff- und Weihnachtsbeihilfe. Möbelbeihilfe kann man beantragen, wenn man zu wenig oder zum Beispiel nach der Entlassung gar keine Möbel hat. In der Regel muss man sich die Möbel in der Materialverwaltung des Sozialamtes aussuchen, man kann aber auf jeden Fall versuchen, sich den Gegenwert in bar auszahlen zu lassen. Man kann dann z.B. sagen, dass man sich die Möbel lieber gebraucht aber dafür nach eigenem Geschmack aus­suchen will. Die Weihnachtsbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag. Sogenannte Minderbemittelte müssen einen Antrag stellen. Für Bekleidungsbeihilfe muss in jedem Fall ein Antrag gestellt werden. Für Erwachsene über 16 Jahren gibt es pro Jahr 500,- DM, für Kinder von 7—15 Jahren 400,- DM und für Kinder bis 7 Jahren höchstens 300,- DM pro Jahr, in begründeten Ausnahmefällen, wie z.B. Entlassung nach längerer Haft können diese Höchstgrenzen auch überschritten werden. In jedem Fall sollte man auf dem Höchstsatz bestehen. Brennstoffbeihilfe bekommen Sozialhilfeempfänger ohne Antrag, die sogenannten Minderbemittelten müssen einen Antragstellen und zwar ab 1.10. des Jahres und vor dem 1,1. des folgenden Jahres. Weitere, über das bisher Genannte hinausgehende Forderungen kannst du nur noch darüber geltend machen, dass das Sozialamt auch „Hilfe in besonderen Lebenslagen" (Bundessozialhilfegesetz, §§ 17 und folgende) zu leisten hat, zu denen auch Entlassung aus der Haft zählt, Krankenversicherung: Wenn du — wie üblich — nach der Entlassung nicht' krankenversichert bist, bekommst du vom Sozialamt einen Krankenschein. Falls du noch krankenversichert bist, kannst du Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge verlangen. Überbrückungsgeld; Wenn du bei einem anderen Träger, zum Beispiel dem Ar­beitsamt, Geld beantragt hast, aber man Wochen oder Monate für die Berechnung braucht, zahlt das Sozialamt Überbrückungsgeld. Das ist sozusagen ein Vorschuss, d.h. du musst es zurückzahlen (weil du ja Arbeitslosengeld oder Rente vom Zeit­punkt der Antragstellung an rückwirkend ausgezahlt bekommst). Üblicherweise wird das zwischen den Ämtern automatisch miteinander verrechnet. Papiere, die du — soweit du sie hast — bei der Antragstellung auf dem Sozialamt zur Hand haben solltest:

Entlassungsschein

Personalausweis,

mindestens polizeiliche Anmeldung Nachweis über Einkünfte: —

Lohnbescheinigung,

Arbeitslosengeldbescheid

— Krankengeldbescheid

Nachweis über Arbeitslosmeldung

Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt)

Mietvertrag,

Mietquittungen

Wohngeldbescheid

Kindergeldbescheid

Unterlagen über Versicherungsbeiträge

Nachweis über Schulden oder monatliche Raten.

Um von der Sozialhilfe leben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.— Krankengeldbescheid Nachweis über Arbeitslosmeldung Nachweis über Antragsteilungen (z.B. Arbeitsamt) Mietvertrag, Mietquittungen Wohngeldbescheid Kindergeldbescheid Unterlagen über Versicherungsbeiträge Nachweis über Schulden oder monatliche Raten. Um von der So2taihi!feeben zu können, ist es nicht nur nötig zu wissen, was einem zusteht, man braucht vor allem auch eine gewisse Ausdauer und Hartnäckigkeit, um es tatsächlich zu bekommen. Deshalb: nicht abwimmeln lassen, gemeinsam zum Sozialamt gehen, Anliegen schriftlich vorlegen — und eine schriftliche Antwort verlangen. Man kann sich auch mit Beschwerden über den Sachbearbeiter an den Behördenleiter wenden und gegen einen ablehnenden Bescheid Wider­spruch einlegen. Besorge dir rechtzeitig einen „Leitfaden der Sozialhilfe". Bezugsadressen findest du in der Buchliste im Anhang.


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