Musterbegründungen für Anträge und Beschwerden II

Aus Gefangenenratgeber

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24.2. Musterbegründungen für Anträge und Beschwerden

Das Arbeiten mit den folgenden Musterbegründungen ist nicht einfach: Wir haben einige allgemeine Begründungen ausgesucht, die man bei immer wieder auftretenden Problemen anwenden kann. Dein Problem ist aber auch immer ein besonderes. Hinzu kommen die Regelungen deiner Anstalt, die Strafe, wegen der du sitzt, dein Ansehen dort, Besonderheiten der Situation, in der du rechtlich vorgehen willst. All das ist in den Mustern nicht erfaßt. Sie können daher nur Hilfsmittel sein, das juristisch zu begründen, was du erreichen willst. Ihr Wert ist nur die Anerkennung, die die Juristen ihrem eigenen Zeugs geben. Für dich haben sie nur Wert, wenn du sie einigermaßen richtig anwendest. Entscheidend ist daher zunächst, daß du immer möglichst genau mit deinen eigenen Worten sagst, was du willst und wogegen du dich wendest. Wenn dazu eine Musterbegründung paßt — umso besser. Wenn eine nicht so ganz paßt, versuch sie auf dein Problem hin umzuformulieren. Wenn das nicht geht, laß die juristischen Sachen lieber weg. Wichtig ist aber, daß du ein Strafvollzugsgesetz mit den Verwaltungsvorschriften zur Hand hast, mit dem du argumentieren kannst. Und noch etwas: Schreibt nur einer einen Antrag, so. fällt es der Anstalt nicht schwer, diesen abzulehnen. Machen dies aber viele und immer wieder, so werden die Beamten vielleicht mürbe, weil es ihnen zu viel Arbeit macht und sie geben nach. Wenn du dich auf juristische Argumentationen einläßt, wie wir in den folgenden Musterbegründungen, mußt du dir im klaren sein, daß die ganze Juristerei, von ihren Folgen abgesehen, was sehr Lächerliches ist. Das auffälligste an juristischen Texten ist, daß andauernd zitiert wird, und zwar aus den Urteilen und Kommentaren, also letztlich aus dem, was andere Juristen geschrieben haben. Andere Wissenschaften belegen mit Fakten oder Statistiken. Die Juristen, wie dies im Mittelalter in allen Wissenschaften üblich war, mit Zitaten. Da viele Juristen vieles gesagt haben, kannst du immer irgendwo eine Stelle finden, wo jemand gesagt hat, daß das, was du gerade brauchst, dir auch zusteht. So sind wir auch in den Mustern vorgegangen. Wenn du also irgendwas aus diesen zitierst, sei dir im klaren, daß es auch genug andere Aussagen anderer Juristen gibt, die dem widersprechen. Begründet ein Jurist überhaupt, -warum er sich für diese und nicht für jene Meinung entschieden hat, tut er dies meist mit an den Haaren herbeigezogenen, beliebig austauschbaren Argumenten, oder er stellt fest, dies sei „herrschende Meinung" (abgekürzt h.M.). Die „herrschende Meinung" braucht unter Juristen nicht näher begründet zu werden. Dementsprechend ist die unlogische Aussage eines hohen Gerichts im allgemeinen mehr wert, als die logische eines niedrigen. Eine gute juristische Begründung ist also keineswegs eine Versicherung Recht zu bekommen, aber hier und da soll's schon mal genützt haben; zumindest macht's dem Richter mehr Arbeit. Ein Problem beim Zitieren ist, daß du dich meist auf reformerische Autoren berufen mußt, die zwar liberalisieren, gleichzeitig aber auch den Knastbetrieb aufrecht erhalten, oft genug sogar „effektivieren" wollen. Das Programm dieser Reformer ist: statt offener Repression, Sicherheitsmaßnahmen, die der Gefangene nicht spürt, solange er spurt. In den Musterentwürfen haben wir versucht, diese Reformatoren (z.B. Calliess/Müller-Dietz und den Altemativkommentar) so einzubauen, daß die moderneren und besseren Sicherheitsmaßnahmen, die sie im Kopf haben, nicht gleich mitbeantragt werden. Bevor wir zu den Musterbegründungen für eine Reihe von besonderen Problemen kommen, zunächst noch ein paar wichtige allgemeine Hinweise zum Argumentieren, die man bei allem, was man beantragt (oder wogegen man sich beschwert) beachten sollte: Wie in der U-Haft so wird du auch in der Strafhaft ständig den bekannten alles- und nichtssagenden Floskeln begegnen, mit denen dir alles verboten und nichts erlaubt wird.

Die „Sicherheit und Ordnung" in der Anstalt

Hier wird man fast immer entgegnen können, daß eine allgemein behauptete Gefährdung von Sicherheit und Ordnung nie ausreichen kann, irgendetwas zu verbieten oder anzuordnen. Solange die Anstaltsleitung keine konkreten Gründe für ihre Befürchtung vorbringen kann, ist die Maßnahme rechtswidrig. Nennt die Anstalt tatsächlich konkrete Gründe, so mußt du in deiner Entgegnung versuchen, unwahre Behauptungen und Beschuldigungen zu widerlegen. Aber selbst wenn einmal die Sorge um Sicherheit und Ordnung „berechtigt" wäre, so dürfte die Maßnahme oder das Verbot nicht „unverhältnismäßig" sein.

Mensch baut seine Beschwerde oder den Antrag auf gerichtliche Entscheidung dann also folgendermaßen auf, indem man ausführt,

- daß eine abstrakt behauptete Gefahr für Sicherheit und Ordnung eine solche Maßnahme nicht rechtfertigen kann,

- daß eine konkrete Gefahr nicht vorliegt und

- daß selbst dann, wenn die unwahren Behauptungen der Anstaltsleitung zutreffen würden, die Maßnahme gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) verstossen und daher mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar wäre.

Dabei ist es immer sinnvoll, Verstöße gegen ein Vorschrift aus dem Strafvollzugsgesetz sowie Grund- und Menschenrechtsverletzungen als Folge der Maßnahme der Anstalt zu benennen. In der Einleitung zum Abschnitt 23.3. (Musterbegründungen U-Haft) sind wir bereits etwas ausführlicher darauf eingegangen, wie man mit dem Argument der „Sicherheit und Ordnung" umgehen kann. Das dort Gesagte gilt weitgehend auch für die Strafhaft.

Das „Vollzugsziel"

Anders als in der U-Haft, wo es nur um die Sicherung des Strafverfahrens geht und du noch ab unschuldig betrachtet werden mußt, soll nach dem Gesetz in der Strafhaft „der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen" (§ 1 StVollzG). Das klingt erst einmal sehr „fürsorglich", bedeutet aber letztendlich, daß du nicht nur gefangen gehalten sondern auch noch entmündigt werden sollst. Die Anstalt maßt sich an zu entscheiden was angeblich „das Beste für dich" sein soll. Wenn du dich überhaupt darauf einlassen willst, mit dem „Vollzugziel", dem Anspruch auf „Resozialisierung" zu argumentieren, so ist es sinnvoll, bei Anträgen oder Rechtsmitteln immer mit Aus- und Weiterbildungsinteressen, Erhaltung von Kontakten nach draußen, Informationsbeschaffung, um den Anschluß nicht zu verlieren, etc. zu argumentieren. Schreibe, daß die dauernden Beschränkungen, Verbote, Disziplinarmaßnahmen nicht gerade geeignet sind, dich auf die „Freiheit" vorzubereiten.

Bevor wir nun zu den einzelnen Begründungsmustern kommen, hier noch ein Verzeichnis der (leider nicht zu vermeidenden) Abkürzungen:


Abs. Absatz

AK Alternativkommentar zum Strafvollzugsgesetz (herausgegeben von Wassermann im Verlag Luchterhand1980)

Art. Artikel (Grundgesetz)

BT Bundestags

BVerfG Bundesverfassungsgericht

BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zitiert nach Band und Seite)

Callies/Müller-Dietz Kommentar zum Strafvollzugsgesetz (zitiert nach Paragraph undRandnummer)

ff. und folgende (Seiten oder Paragraphen

gem. gemäß

GG Grundgesetz

Grünau Kommentar zum Strafvollzugsgesetz (zitiere nach Paragraph und Randnummer)

JVA Justizvollzugsanstalt

MDR Monatszeitschrift für deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite)

NJW Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite)

OLG Oberlandesgericht

Rdnr. Randnummer (im Kommentar)

S. Seite

StVollzG Strafvollzugsgesetz

Ü.-Geld Überbrückungsgeld

vgl. vergleiche

VV StVollzG Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz

ZfStVollz(SH) Zeitschrift für Strafvollzug (Zeitschrift für Strafvollzug)


Überblick zu den Musterbegründungen:

Zu diesen Sachen/Problemen kannst du auf den folgenden Seiten Musterbegründungen finden. Du kannst sie für alle Rechtsmittel verwenden:

1. Gegenstände, allgemeine Argumentation

2. Schreibmaterialien

3. Ausstattung des Haftraumes

4. Fernseher

5. Radio

6. Schallplattenspieler

7. Walkman

8. Kassettenrekorder

9. Tischlampe

10. Kochplatte, Tauchsieder

11. Geschirrspülmittel, Seife, Zahncreme etc.

12. Briefe

13. Zeitungen, Zeitschriften

14. Bücher

15. Pakete

16. Besuche

17. Einkauf, Geld

18. Verpflegung

19. Aufschluß

20. isolierende Massnahmen

21. Urlaub

21.a Lockerungen

22. Verlegung in eine ändere Anstalt

23. Selbstbeschäftigung

24. Kleidung, Wäsche

25. Telefon

26. Arbeitspflicht

27. Vorzeitige Entlassung

28. Antrag für migrantische Gefangene auf vorzeitige Abschiebung

(vor vollständiger Verbüssung der Haftstrafe in der BRD)

1.Gegenstände, allgemeine Argumentation

Zunächst eine allgemeine Argumentation, die du für jeden Antrag benutzen kannst:

Die Genehmigung eines Gegenstandes setzt nicht voraus, daß ich daran ein besonderes Bedürfnis vorweise! Die Vertagung der Genehmigung ist daher unzulässig, da sie nicht erforderlich ist, um eine reale Gefahr abzuwehren und im übrigen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaß- und Schikaneverbot verstößt, (vgl. BVerfG in NJW 1973 S. 1363).

Häufig argumentieren die Anstalten damit, daß du schon so viele Sachen auf deiner Zelle hättest und es nicht einsichtig sei, warum du noch mehr brauchst. Oder damit, daß die Zelle zu unübersichtlich würde. Begründe dann, daß deine Zelle sehr wohl noch zu überblicken ist und daßdieser Gesichtspunkt nicht alleiniger Maßstab deines Lebens in der Anstalt sein darf. Im übrigen:

Genehmigungen zur Überlassung eigener Habe(§83 Absatz 1StVollzG} sollen nach den in § 81 StVollzG normierten Grundsätzen großzügig erteilt werden.(OLG Frankfurt am Main vom 16.1.1.979 -3 Ws 692/78 (StVollG)-). Insofern ist die Ablehnung meines Antrages vom... durch die Anstalt/der Beschluß der Anstalt, den Gegenstand ... zur Habe zu nehmen, rechtswidrig. (OLG Frankfurt in Zfstr. VO 1979, 187)

Gegenstände der Fortbildung und Freizeitbeschäftigung

Wenn es um Bücher, Bastelmaterial, Schreibmaterial, Pflanzen, Blumen etc. geht kannst du dich auf das Srafvollzugsgesetz berufen:

§ 70 StVollG gewährt mir außerdem das Recht zum Besitz von Gegenständen, die der Fortbildung oder der Freizeitbeschäftigung dienen. Die Auswahl der Gegenstände ist in mein Belieben gestellt (siehe dazu OLG Koblenz in ZftStrVo 1980, S. 190).

Normalerweise musst du diese Sachen auf eigene Kosten anschaffen. Kostenlos kannst du jedoch mindestens Schreibmaterial von der Anstalt verlangen, wenn du dafür kein Geld hast:

Aus der Pflicht der Anstalt, meinen Verkehr mit Personen ausserhalb der Anstalt zu fördern (§ 23 Satz 2 StVollzG), ergibt sich auch die Verpflichtung, finanzielle Barrieren für mich in angemessenem Umfang abzubauen (siehe Joester in: AK $ 28 Rz. lo). Insbesondere das nötige Schreibmaterial ist mir von der Anstalt zu stellen (siehe VVStVollzG Nr. 2 zu § 28).

Hast du selbst Briefpapier mitgebracht oder ist dir welches zugesandt worden, kannst du verlangen, dass es dir nach Prüfung durch die Anstalt ausgehändigt wird (vgl. Grunau § 26 Rdnr. 6). Die Verweigerung des Papiers muss vom Anstaltsleiter begründet werden.

2.Schreibmaterialien

Während sich allgemein die Meinung durchgesetzt hat, dass mechanische Schreibmaschinen zur notwendigen Ausrüstung eines jeden Gefangenen gehören (AK § 70 Rz. 7), gibt es Schwierigkeiten mit der Bewilligung elektrischer und elektronischer Schreibmaschinen. Argumentiert wird seitens der Behörden, es sei leicht, in ihnen etwas zu verstecken und diesbezügliche Kontrollen seien im Gegensatz zu mechanischen Geräten zu aufwendig. Dies allerdings darf die Anstalt nicht einfach allgemein als Grund für eine Ablehnung vorbringen. Sie muss sich konkret mit der angeblich erhöhten Schwierigkeit der Sicherheitskontrolle der von dir beantragten Schreibmaschine auseinandersetzen (OLG Frankfurt v. 6.2.1985, 3 Ws 125/85). Wenn die Anstalt dennoch mit einer Sicherheitsgefährdung argumentiert, kannst du hilfsweise eine Verplombung des Geräts beantragen (vgl. Baumann, Strafverteidiger 1985, S. 294). Schließlich ist wegen des Grundsatzes der sozialen Gleichbehandlung von Gefangenen in der Anstalt auch noch von Bedeutung, ob andere Gefangene solche Schreibmaschinen haben, ob also elektrische oder elektronische Schreibmaschinen als „anstaltsüblich“ anzusehen sind (OLG Frankfurt v. 6.2.1985, 3 Ws 125/85). Grundsätzlich ist es Aufgabe der Anstalt, dafür zu sorgen, daß ich als Gefangener Zugang zu Freizeitgegenständen, -wozu auch Schreibmaterial gehört, erhalte (vgl Brandt/Huchting in: AK § 70 Rdnr. 6).

Das Schreibmaterial hat die Anstalt zu stellen, jedoch kann ich mir durch Vermittlung der Anstalt auch eigenes Briefpapier kaufen. Eingebrachtes oder das von mir eingebrachte (mir zugesandte) Briefpapier, das die Anstalt zur Habe genommen hat, muß mir nach Prüfung ausgehändigt werden, (vgl. Grünau § 28 Rdnr. 3).

Die Verweigerung des Papiers muß vom AL begründet werden. Wenn du keine Arbeit hast („schuldlos") und daher kein Geld und auch sonst keine „Geldquellen":

Aus der Förderungspflicht in § 23 Satz 2 StVollzG ergibt sich für die Anstalt auch die Verpflichtung finanzielle Barrieren für mich in angemessenem Umfang abzubauen (siehe Joesier in: AK § 28 Rdnr. 10). Da ich die Kosten nicht selbst aufbringen kann, muß die Anstalt die Kosten übernehmen, (siehe auch VVStVollzG Nr. 2 zu § 28).

In jedem Fall sind dringende Briefe an Behörden und Gerichte von der Anstalt zu finanzieren (foester in AK § 28 Rdnr


3.Ausstattung des Haftraumes

Du hast das Recht, deinen Haftraum „in angemessenem Umfang“ mit eigenen Sachen auszustatten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 StVollzG). Es ist anerkannt, dass darunter nicht nur Einrichtungsgegenstände und Dekorationsobjekte, sondern auch elektrische Geräte und Küchenutensilien gehören. Dem Recht auf Ausstattung des Haftraumes muss auch „ein Anspruch auf Einkauf zulässiger Ausstattungsgegenstände entsprechen“ (OLG Zweibrücken v. 12.2.1986). Häufig argumentieren die Anstalten damit, dass du die Sachen gar nicht benötigst (darauf kommt es aber nicht an: OLG Celle v. 18.7.1985, OLG Zweibrücken v. 12.2.1986) oder damit, dass du schon so viele Sachen auf deiner Zelle hättest und diese zu unübersichtlich würde. Begründe dann, dass dieser Gesichtspunkt nicht alleiniger Maßstab deines Lebens in der Anstalt sein darf und dass deine Zelle sehr wohl noch zu überblicken ist. Im übrigen:

Genehmigungen zur Überlassung eigener Habe sollen nach den in § 81 StVollzG normierten Grundsätzen grosszügig erteilt werden (OLG Ftankfurt in ZfStrVO 1979, s. 187). Insofern ist die Ablehnung meines Antrags vom … durch die Anstalt/ der Beschluss der Anstalt, den Gegenstand … zur Habe zu nehmen, rechtswidrig.

Einleitung

Die Benutzung von Elektrogeräten setzt natürlich eine eigene Steckdose voraus. Die musst du vielleicht erst einmal beantragen. Wenn eine Steckdose in der Zelle ist, so solltest du die Geräte mit Netzanschluss beantragen, so sparst du viel Geld für Batterien. Ein Batteriegerät kann dir dann immer noch genehmigt werden. Es liegt im Ermessen der Anstalt, die Stromzufuhr nachts zu sperren. Sie muss bei so einer Entscheidung aber immer einerseits dein Interesse sowie den Grundsatz, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden soll (§ 3 Abs. 1 StVollzG), andererseits eventuelle Gefahren für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt berücksichtigen (OLG Celle NstZ 1981 S. 238). Wenn du als Rundfunk- oder Fernsehteilnehmer_in Gebühren bezahlst, kannst du eine Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 1 Abs. 7 Ziffer 7a der BefreiungsVO bei der Rundfunkanstalt deines Bundeslandes beantragen (vgl. VG Bremen, Strafverteidiger 1986, S. 67).

4. Fernseher

Zunächst eine allgemeine Argumentation, die du für jeden Antrag benutzen kannst: Nach der Lehre und nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG räumt das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 1 GG gerade auch das Recht auf freie Wahl der allgemein zugänglichen Informationsquellen ein (BVerfG 12,205 (260); 15, 2S8 ff). Es ist unstreitig, daß auch der Fernseher zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen gehört, aus denen sich nach Art. S Abs. 1 GG jedermann, also auch ich als Gefangener, ungehindert unterrichten darf (OLG Hamburg MDR 1969, 238 ff). Wenn du nicht mit einem Ausbildungsinteresse argumentieren kannst, wird sich die Anstalt regelmäßig darauf berufen, daß deine Informationsfreiheit durch die Zulassung von Zeitschriften und Zeitungen sowie durch ein § 69 StVollzG entsprechendes Informationsangebot der Anstalt ausreichend gewährleistet sei. Dagegen argumentiere:

Ich habe einen Anspruch auf die Benutzung eines eigenen Fernsehers, da die Gesamtheit der übrigen in der Anstalt vorhandenen Informationsquellen die Programmlücken des gemeinschaftlichen Fernsehens nicht ausgleichen können. Programmlücken sind insbesondere dadurch gegeben, daß im gemeinschaftlichen Fernsehempfang der JVA ... keine oder nur selten Informationssendungen gezeigt werden, sondern nur Tagesschau und Spielfilme. Auch wenn Tageszeitungen politische und kulturelle Information liefern; sind sie kein Ersatz für das Fernsehen mit seiner aktuellen und vor Ort stattfindenden Berichterstattung mit allen ihren visuellen Eindrücken, die unerläßlich sind, um sich im Zeitalter des Fernsehens qualifizierte Informationen zu verschaffen und ein eigenes Urteil zu bilden, (vgl. dazu OLG Hamburg ZfStVollz 1980, S. 190 ff). Besondere Argumentationen: Es ist mir durch den frühen Nachteinschluss nicht möglich, mein Informationsinteresse durch die Teilnahme am Gemeinschaftsfernsehen genügend zu befriedigen (OLG Celle v. 8.11.1985 – 3 Ws 547/85 Strvollz). Ich beantrage daher eine Verlängerung des Gemeinschaftsfernsehens. Für den Fall, dass die Zeit für das Gemeinschaftsfernsehen aus vollzugsorganisatorischen Gründen nicht verlängert werden kann, beantrage ich hilfsweise, mir Einzelfernsehen zu gestatten.

Ich befinde mich in Einzelhaft und kann daher am Gemeinschaftsfernsehen nicht teilnehmen (OLG Frankfurt NstZ 1982, 350; KG v. 19.10.1981 – 2 Ws 141/81 Vollz; Schwind/Böhm § 69 Rz.7).

Ich bin Nichtraucher und bekomme beim Gemeinschaftsfernsehen durch den Zigarettenrauch Kopfschmerzen, Augenbrennen, Husten, Heiserkeit … Derartige Beeinträchtigungen meiner Gesundheit sind mir nicht zumutbar vgl. OLG Hamm NstZ 1984, 574; LG Heilbronn MDR 1984, 427).

Ich nehme an einem allgemeinbildenden (Hauptschulabschluß etc.) berufsbildenden Unterricht teil, nämlich der Ausbildung... In diesen Fällen des § J8 StVoiizG muß schon dann ein eigener Fernseher genehmigt werden, - wenn dieser eine bessere Ausbildung gewährleistet. In meinem Fall ist eine bessere Ausbildung durch die Sendungen ... und dadurch gewährleistet, daß ich für die Fächer Politik und Gesellschaftskunde weitere Informationen aus dem Fernseher beziehen kann. Mein Recht auf einen eigenen Fernseher ergibt sich im übrigen auch aus § i Abs. I und 2 StVollzG (vgl. dazu OLG Hamburg ZfStVollz 1980, S. I90ff). im Zusammenhang mit der folgenden Argumentation solltest du beantragen, einen Fernkurs in Sprachen, Physik etc. machen zu können, zu dem es Fernsehkurse gibt:

Ich beabsichtige in meiner Freizeit an einem Fortbildungskursus über ... teilzunehmen (vgl. § 67 StVollzG). Inhalte dieses Kurses nur durch die Teilnahme an der Fernsehsendung... . Da mir bestimmte Bildungsinhalte nur durch den Fernseher und nicht anders vermittelt werden können, muß mir der Fernseher genehmigt werden (OLG Hamburg IfStVoll 19X0, S. 127ff).

Ich kann infolge von Krankheit/ Gebrechlichkeit nicht am Gemeinschaftsfernsehen teilnehmen (OLG Hamm v. 13.1.1986 1 Vollz Ws 251/85; LG Krefeld v. 26.11.1985 – 33 VollzG 11/85). Ich leide insbesondere an Durchblutungsstörungen und habe daher Anspruch auf Zulassung eines Einzelfernsehers (OLG Celle v. 13.2.1985 – 3 Ws 43/85 Vollz). Oder: ich leide an Sehschwäche oder Schwerhörigkeit und habe daher Anspruch auf Zulassung eines Einzelfernsehers (OLG Frankfurt v. 17.2.1979 – 16 Vollz 18/79). Falls, die Anstalt mit „Sicherheit und Ordnung" argumentiert:

Es ist seit Jahren in der Rechtsprechung anerkannt, daß die Aushändigung eines eigenen batteriebetriebenen Fernsehers an Gefangene im Strafvollzug nicht die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet (vgl. schon OLG Celle j Ws30U72; OLG Oldenburg 2 Ws 94/71). ' Es bleibt natürlich das Problem, wie du die Anschaffung des Fernsehers finanzierst, wenn du niemanden draußen hast.

5. Radio

Du kannst die allgemeine Argumentation über Informationsfreiheit von der Musterbegründung zum Fernseher auch für das Radio übernehmen. Nur den Begriff Fernseher durch Radio ersetzen. Haben schon andere Gefangene in der Anstalt Radios, kannst du damit argumentieren, daß bei einer Nichtgenehmigung bei dir der Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 GG verletzt ist. Wenn die Anstalt „Sicherheit und Ordnung" anführt, weise darauf hin, daß das Radiogerät ja verplombt werden kann. Je sicherer die Anstalt ist, in der du sitzt, um so weniger kann die Sicherheit der Anstalt durch ein Radio mit UKW- Teil gefährdet sein (OLG Celle, Blätter für Strafvollzugskunde 6/1981, 8). Verbleibende Sicherheitsrisiken müssen mit Rücksicht auf Angleichungsgrundsatz (§ 81 Abs. 2 StVollzG) hingenommen werden (OLG Frankfurt v. 14.11.1979 – 3 Ws 331/78). Nichts anderes gilt in Hochsicherheitstrakten (OLG Celle vom 20.3.1981 – 3 Ws 498/80).

6. Schallplattenspieler

Grundsätzlich besteht ein Recht des Gefangenen auf den Besitz eines jeden Gegenstandes, soweit nicht ein Ausschlußgrund des § 70 StVollzG vorliegt. Für Ermessungsentscheidungen der Anstalt ist kein Raum. Der Besitz eines Schallplattenspielers bedeutet keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt (Schwind/Böhm § 81 Rz. 10). Sollte dies aus unerfindlichen Gründen dennoch angenommen, werden, beantrage hilfsweise eine Verplombung oder den Erwerb eines Schallplattenspielers in Plexiglasbauweise durch Vermittlung der Anstalt. Jedenfalls ist eine generelle Ablehnung eines Antrages rechtswidrig (vgl. OLG Koblenz in ZfStVollz 1980 S. 190; Schwind/Böhm § 70 Rz. 7). 7. Walkman

Wenn du etwa einen Sprachkurs mit Kassetten machen willst, kannst du einen Walkman beantragen. Die Sicherheit der Anstalt wird durch einen Walkman grundsätzlich nicht gefährdet (vgl. OLG Koblenz v. 22.5.1985 – 1 Ws 277/85).

8. Kassettenrekorder

Um z.B. eine Fremdsprache zu erlernen, kannst du einen Kassettenrekorder beantragen. Du solltest möglichst ausführlich begründen, warum du die Sprache erlernen willst und dass du sie hierzu im Original hören musst. Wenn dann die Anstalt unter Berufung auf Gerichtsurteile antwortet, jegliche Verwendung von Kassettenrekordern stelle eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt dar, so antworte, dass die Annahme abstrakter Gefahren nicht genüge (Schwind/Böhm § 81 Rz. 10; Callies/ Müller-Diez § 70 Rz. 2; AK § 70 Rz. 8), sondern vielmehr konkrete Gefahren genannt werden müssen.

Notfalls argumentiere:

Wenn mir schon zum Sprachenlernen aus Sicherheitsgründen kein Kassettenrekorder erlaubt wird, dann aber jedenfalls ein Plattenspieler (OLG Frankfurt BlSTV 6/81, S. 7; OLG Zweibrücken ZfStrVO 1981, 214). Du kannst ruhig auch Musikinstrumente beantragen, wenn du Lust dazu hast. Kleine Instrumente (Flöte, Gitarre) werden schon öfters genehmigt.

9. Tischlampe

Die Genehmigung zum Besitz einer Tischlampe wird durch § 19 StVollzG geregelt. Die Lampe kann von der Anstalt gemäß § 19 Abs. 2 StVollz ausgeschlossen werden. Bei einer Ablehnung deines Antrages auf Besitz einer Tischlampe muss die Anstalt jedoch eine Begründung vorlegen, aus der ersichtlich wird, worin die Unübersichtlichkeit oder die Gefahr konkret bestehen soll (OLG Celle, NstZ 1981, 238). Zusätzlich muss die Anstalt auch den Grad der drohenden Gefahr gegen dein Interesse an einer Tischlampe abwägen und berücksichtigen, dass das Leben im Knast den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden soll (§ 3 Abs. 1 StVollzG). Dein Interesse an einer Tischlampe kann z.B. sein, dass du viel lesen musst (z.B. Fortbildung) oder/ und du wegen des grellen und indirekten Neonlichtes in deiner zelle an Sehstörungen leidest, denen durch das direkte Licht einer Tischlampe während des Lesens und des Schreibens wirksam entgegengetreten werden kann.

10.Kochplatte, Tauchsieder

Zum Antrag auf Besitz einer Kochplatte/ Tauchsieders und zu der möglichen Ablehnung dieses Antrages durch die Anstalt gilt das gleiche wie oben bei der Tischlampe:

(die Verweigerung einer Kochplatte/ eines Tauchsieders im Haftraum stellt eine besondere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVolIzG dar). Die Anstalt muss die drohende Gefahr benennen und gegen deine Interessen abwägen (OLG Celle NstZ 1981, 238 zu § 19 StVollzG). Dabei müssen wiederum die allgemeinen Lebensverhältnisse soweit wie möglich berücksichtigt werden. Eine Abwägung liegt z.B. nicht vor, wenn die Anstalt meint, du brauchst keinen Heisswassertopf, weil du anderweitig heisses Wasser erhalten könntest. Ein solcher Bescheid entspricht nicht dem Gesetz /OLG Celle v. 7.10.82 – 3 Ws 332/82 StVollzG).

11. Geschirrspülmittel, Zahncreme, Seife etc.

In etlichen Anstalten werden Seifen, Zahncreme, Geschirrspülmittel etc. kostenlos von der Anstalt ausgegeben. Dies ist nur recht und billig, da der Staat eine Fürsorgepflicht für die von ihm Eingesperrten hat. Erkundige dich also und beantrage das auch gleich, du kannst dann auch wieder Geld sparen. Falls in „deiner“ Anstalt keine kostenlose Reinigungsmittel ausgegeben werden, dann beschwere dich und argumentiere mit dem Gleichheitsgrundsatz, weil in anderen Knästen das Zeug ausgegeben wird (Knäste namentlich angeben!). So erhält z.B. in Hamburg jeder Gefangene kostenlos: Kernseife, Zahncreme, Rasierseife, Rasierklingen, Schuhcreme (beim Stationsbeamten), Zahnbürsten, Schnürsenkel, Kamm (auf der Kammer). Mindestens wenn du keine Arbeit und daher auch kein Geld hast, kannst du auch wie folgt argumentieren:

Da ich unverschuldet arbeitslos bin, steht mir kostenlos Seife, Zahncreme (etc.) zu. Dies beruht auf der allgemeinen Fürsorgepflicht der Anstalt und speziell auf der Verpflichtung der Anstalt, für meine Gesundheit zu sorgen (§ 56 StVollzG)

12. Briefe

Allgemeines zur Briefkontrolle:

Einschränkung des Briefverkehrs:

Eine Beschränkung deines Schriftverkehrs wegen der Menge deiner Briefe ist absolut unzulässig (§ 28 StVollzG)

Porto:

Du solltest versuchen, deine Briefe von der Anstalt frankieren zu lassen (die Portofrage ist umstritten, vgl. Joester in AK § 28 Rz. 10). Kann sich die Anstalt dazu nicht entschliessen, dann darf sie jedenfalls unfrankierte Briefe auch nicht anhalten (OLG Celle In ZfStrVoSH 1979, 46). Mindestens aber die lokale Post an gerichte und Behörden kannst du zur kostenlosen behördenpost geben (Joester in AK § 28 Rz.10)

Briefkontrolle:

Wegen der „Gefährdung von Sicherheit oder Ordnung" oder deiner „Behandlung" kann die Anstaltsleitung-— aber nur sie! — eine Überwachung deines Briefverkehrs anordnen. Für das Vorliegen solcher angeblicher Gefährdungen müssen allerdings konkrete, durch ein Gericht nachprüfbare Anhaltspunkte gegeben sein (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139). Davon ausgenommen sind grundsätzlich der Schriftwechsel mit dem Verteidiger und Petitionen (S 29 StVollzG). Auch darf der Briefverkehr mit Anstaltsbeiräten nicht überwacht werden (§ 164 Abs. II, S.2 StVollzG).

Gegen die Briefüberwachung kannst du so argumentieren:

Es liegen keine konkreten Gründe der Behandlung (Sicherheit/Ordnung) vor, weil …

An dieser Stelle musst du das Vorbringen der Anstalt entkräften.-

Daher ist die Überwachung rechtswidrig {vgl. Grünau § 29 Rdnr. $), Denn die Anstalt hat nicht ausreichend die mit der Briefüberwachung verbundene Belastung meiner Kommunikation mit der Außenwelt beachtet (vgl. BT-Drucksache 71918, 59 in Calliess/Maller-Dietz § 29 Rdnr. 2).

Die Beamten der Zensur dürfen bei der Briefüberwachung weder „Randbemerkungen anbringen noch einzelne Stellen durchstreichen oder unkenntlich machen" (VV Nr. 2 Abs. 3 zu § 29 StVollzG). Auch darf der Anstaltsleiter die Überwachung des Briefwechsels grundsätzlich nicht an einen Aussenstehenden (z.B. Polizeibeamten) abgeben (OLG Celle 2f StrVollzG 1979, 54 OLG Frankfurt vom 30.12.1985). Die Anstalt wird Schreiben in fremder Sprache übersetzen lassen (VV Nr. 2 Abs.. 1 Satz 3 zu § 29 StVollzG). Die Kosten dafür muß aber die Staatskasse tragen (VV Nr. 3 zu § 29 StVollzG). Abschliessend zu diesem Thema sei gesagt, dass die Anstalt deine ein- oder ausgehende Post schnell und zügig weiterzuleiten hat. Formuliere z. B. so:

Die Anstalt muß gemäß § 30 Abs. 2 StVollzG alle Schreiben unverzüglich weiterleiten. Auch die Überwachung meines Schriftwechsels darf keine Verzögerungen zur Folge haben (BT-Drucksache 7/9IS, S. 60).

Das bedeutet, die Weiterleitung muss ohne schuldhafte Verzögerung erfolgen (Schmidt/Böhm;30 Rz.2). Normale Schreiben und erst recht Zustellungen, die am Vormittag eingehen, sind im Regelfall bis zum Abend zu verteilen. Ist Post am Wochenende eingegangen, muss sie spätestens bis Montagabend dem Gefangenen ausgehändigt werden (LG Trier v. 9.1.86 -57 Vollz 210/86).

Anhalten von Briefen:

Die Anstalt muß dir immer mit teilen, daß und aus welchen Gründen ein Brief angehalten wurde. (§ 31, Abs. 3 Satz 1 StVollzG). Teile des Briefes, auf die sich die Anhaltebegründung nicht bezieht, müssen dir mitgeteilt werden (VV Nr. 1 Satz 2 zu § 29 StVollzG). Frag also mal nach. Angehaltene Briefe müssen auf Kosten der Anstalt an den Absender zurückgeschickt werden, denn:

Das Anhalten eines Briefes ändert an den Eigentumsverhältnissen nichts. Deshalb sind solche Schreiben grundsätzlich an den Absender, zurückzugeben (BT-Drucksache 713998, 17).

Deshalb sollten Leute von draußen grundsätzlich ihre (oder eine „bessere") Adresse auf den Brief schreiben. Eine allgemeine Argumentation gegen das Anhalten:

Stets muß die Anstalt beachten, welcher Schaden durch das Anhalten eines Briefes hervorgerufen wird, zumal darin die Einschränkung des Grundrechts auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. I GG liegt(Galliess/Müller- Dietz § 31 Rz. 1). Diesen Grundsatz hat die Anstalt nicht beachtet, indem sie mir ohne ausreichende Begründung einen Teil meiner Kommunikation nach außen abgeschnitten hat. Ein paar Argumente gegen Anhaltebegründungen (in § 31) StVollzG sind alle aufgezählt), die am häufigsten benutzt werden:

Gefährdung der „Sicherheit oder der Ordnung" der Anstalt:

In Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung der Meinungsfreiheit darf der Briefverkehr aufgrund der Generalklausel des § 31 StVollzG nur in begründeten Ausnahmefällen unterbunden werden (vgl. Joester in AK § 31 Rdnr. 2). Daher müssen von der Anstalt konkrete, im Einzelfall bestehende und durch ein Gericht überprüfbare Gefährdungen vorgetragen werden (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139). Geringfügige Beeinträchtigungen oder Gefährdungen können das Anhalten von Briefen nicht rechtfertigen. Kein Anhaltegrund ist das Führen eines Künstlernamens, wenn nicht darüber hinaus konkrete Gründe angeführt werden. Mangelnde Identifizierung alleine reicht als Anhaltegrund nicht aus (OLG Celle v. 15.7.81, 3 Ws 173/81). Da es um die Sicherheit derjenigen Anstalt geht, in der Du einsitzt, reicht es zum Anhalten auch nicht aus, wenn Du einen Brief erhälst über Sicherheitsvorkehrungen einer anderen Anstalt (OLG Hamburg NstZ 1981,239). Ebenfalls kein pauschaler Anhaltegrund ist in der Regel der Kontakt mit Mittätern oder gar mit anderen Gefangenen (Joester in AK § 31 Rz. 3; zu Mitgefangenen vgl. auch OLG Zweibrücken v. 16.12.83 – 1 Ws 74/83). Auch hier muss die Anstalt konkrete Gründe anführen. Schriftwechsel mit der Presse ist zumindest so zu behandeln wie der Schriftwechsel mit jedem anderen (OLG Hamm MDR 1979, 428). Auch ein vergleich von Haftbedingungen sowie die Wiedergabe von Zitaten aus Presseberichten über den sogenannten „Terrorismus“ zählen als pauschale Anhaltegründe nicht (OLG Celle v. 17.3.80 – 3 Ws 45/85; Calliess/Müller-Dietz § 31 Rz 2).

„Grob unrichtige Darstellungen von Anstaltsverhältnissen":

Wie bei allen Argumentationen mußt du dich mit der Begründung der Anstalt auseinandersetzen und versuchen nachzuweisen, daß dein Brief genau das beschreibt, was in der Anstalt passiert:

Die Begriffe „grob unrichtig" und „erheblich entstellend" sind im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (zur Bedeutung für Gefangene vgl. BVerfGE 33,1(16)) besonders eng auszulegen (Joester in AK § 31 Rdnr. 6). Meine Darstellung ist weder, „grob unrichtig" noch „erheblich entstellend, sondern in vollem Umfang zutreffend (näher ausführen). Aber selbst wenn meine Angaben falsch wären, wäre das Anhalten des Briefes absolut rechtswidrig, da hier kein „besonders schwerer Fall" zu erkennen ist. (vgl. CalliesslMüller-'Dietz §31 Rdnr. 4).

Wenn die Anstalt meint, dein Schreiben nach draußen stelle die Verhältnisse grob unrichtig dar, kann sie ein „berichtigendes" Begleitschreiben beilegen. Wenn du davon erfährst, ohne daß die Anstalt es dir mitgeteilt hat, kannst du dich beschweren, da dich die Anstalt gem. VV Nr. 2 zu § 31 StVoIlzG davon zu unterrichten hat. Beschwere dich außerdem darüber, daß die Anstalt auf deine Kosten (Porto) ihre eigenen Briefe mitschickt.


Bei „groben Beleidigungen":

Du kannst beschreiben, wie sich die von dir „beleidigte" Person verhält und daß dir deswegen das von dir für diese Person benutzte Wort ganz zutreffend vorkommt und von dir auf jedenfall in Wahrnehmung berechtigter Interessen ausgesprochen oder aufgeschrieben wurde(Schönke/Schröder § 185 StGB Rz. 7). Für nahe Angehörige gibt es noch eine besondere Argumentation:

Mit Rücksicht auf die Erhaltung des grundgesetzlich geschützten Instituts der Familie (Art. 6 Grundgesetz) ist beim Anhalten von Briefen zwischen mir und meinem Ehepartner besonders „großzügig" zu verfahren. Auch in der durch den Strafvollzug bedingten Trennungssituation muß es mir und meinem Ehepartner weitestgehend ermöglicht werden, eine offene Kommunikation — auch über Anstaltsverhältnisse etc. — zu führen (BVerfG in NJW1976,1629; nach Grünau § 31 Rdnr. 5 für Strafvollzug analog anwendbar).

Aber auch auf enge Freunde muss letztere Argumentation ähnlich anzuwenden sein. Versuch's doch mal so:

Der grundsätzlich garantierte Schutz meiner Privatsphäre umfasst nicht nur meine nahen Angehörigen, sondern gibt mir auch ein uneingeschränktes Äusserungsrecht gegenüber Menschen aus vergleichbar vertraulichen Freundeskreisen, so dass durch eine „Beleidigung“ das Anhalten meines Briefes an einen nahestehenden Freund nicht zu rechtfertigen ist. Jedem Menschen muss nämlich ein letzter Freiraum verbleiben, wo er befreit von rechtlichen Sanktionen vertrauliche Gespräche führen bzw. Briefe schreiben kann, und in denen er durchaus auch seinen angestauten Emotionen Luft verschaffen darf (Rudolphi SK § 185 StGB Rz. 18/19; Lackner § 185 StGB Anm. 3b).

Fremde Sprache, Geheimschrift:

Dieser Anhaltegrund liegt nicht vor, weil der Brief von einem (oder an einen) migrantischen Gefangenen ist, der die deutsche Sprache nicht beherrscht. Wenn die Anstalt schon eine Überwachung für erforderlich hält, muss sie auch selbst für eine Übersetzung des Schreibens sorgen (BT-Drucksache 7/918, 60), deren Kosten grundsätzlich die Staatskasse zu tragen hat (Calliess/Müller- Dietz § 31 Rz. 2). Wenn die Anstalt die Schreiben von und an ausländische Gefangene dennoch anhält, helft ihnen beim Beschweren! wenn ein Brief wegen der Anlagen (z.B. Zeitungsausschnitte, Bilder, etc.) angehalten wird, dann muss Dir zumindest der Brief ausgehändigt werden. Aus anderen als in § 31 Abs. 1 StVollzG genannten Gründen dürfen Briefe nicht angehalten werden (Calliess/Müller-Dietz § 31 Rz 31).

Einschränkung des Briefverkehrs: Eine Beschränkung Deines Briefverkehrs wegen der Menge deiner Briefe ist absolut unzulässig.

Um meinen Kontakt zur Außenwelt möglichst intensiv zu gestalten, ist es für mich notwendig. einen sehr umfangreichen Briefwechsel zu unterhalten. Eine Beschränkung »meines Briefverkehrs wegen der Menge der Briefe ist gerade wegen dieser Intention, auf die auch § 28 StVollzG abzielt, unzulässig (siehe dazu Grunau § 28 Rdnr. 1).

Das Verbot eines Schriftwechsels mit bestimmten Personen ausserhalb der Anstalt (§ 28 II StVollzG) kann nur gegenüber den Gefangenen, nicht aber der aussenstehenden Person ergehen (OLG Zweibrücken v. 2.10,1986 – 1 Vollz. (Ws) 74/86).

Briefwechsel mit bestimmten Personen:

Wenn Dein Briefwechsel mit bestimmten Personen ganz verboten wird:

Das Verbot meines Briefwechsels mit ... durch die Anstalt verstösst gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz aus § 81 Abs. 2 StVollzG. Denn wenn die Anstalt schon der Auffassung ist, der Briefwechsel zwischen mir und ... könne so nicht zugelassen werden, dann hat sie nicht deutlich gemacht, warum sie den von ihr angenommenen angeblichen Gefahren nicht auch im Wege der Briefkontrolle nach § 31 StVollzG begegnen kann (Joester in AK § 28 Rz. 5).

Auch können, wie schon mehrfach erwähnt, geringfügige Beeinträchtigungen der Ordnung in der Anstalt kein Verbot des Schriftwechsels begründen, weil das „Behandlungs- und Eingliederungsinteresse“ grundsätzlich Vorrang hat (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139).

Schriftverkehr zwischen Gefangenen

Er darf nicht anders behandelt werden als sonstiger Schriftverkehr. Dies gilt auch für den Schriftverkehr zwischen männlichen und weiblichen Gefangenen (OLG Zweibrücken v. 16.12.1983 – 1 Ws 74/83).

13. Zeitungen, Zeitschriften

Bei der Zensur kann man zwei Arten feststellen: Das generelle Bezugsverbot einer bestimmten Zeitung/ Zeitschrift und das Anhalten einzelner Seiten bzw. ganzer Ausgaben.

Zum generellen Bezugsverbot:

Die Anstalt darf den Bezug einer Zeitschrift oder Zeitung nicht generell untersagen. Die Auswahl unter den Zeitungen und Zeitschriften steht mir völlig frei, soweit deren Verbreitung nicht mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Das Grundrecht der Informationsfreiheit läßt eine Auswahl der Publikationen unter Gesichtspunkten der Behandlung sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht zu (Callies/Müller-Dietz (68 Rz I; BT- Drucks. 7/918, S. 74).

zum Anhalten einzelner Seiten bzw, ganzer Ausgaben:

Die Anstalt darf dir nach § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften nur dann vorenthalten, wenn sie das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden, Der Grundsatz der Informationsfreiheit führt aber dazu, dass der Ausschluss von Zeitungen oder Zeitschriften auf das unerlässliche Mass zu beschränken ist (OLG Celle v.19.3.1980 – Ws 109/80). Als „unerlässlich“ hat das Bundesverfassungsgericht nur solche Massnahmen bezeichnet, „ohne die der Strafvollzug zusammenbrechen würde“ (BverfGE 41, 284). Die Anstalt muss auch prüfen, ob eine schonendere Massnahme ausreicht, um die Funktionsfähigkeit des Strafvollzuges sicherzustellen (BverfGE 41, 251).

Das Anhalten der ... (Zeitung/ Zeitschrift) ist keinesfalls unerlässlich. Denn … (hier musst du gegen die Begründung der Anstalt argumentieren!) Die Entscheidung der Anstalt verletzt daher das Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz. Wenn die Anstalt Unterschiede macht zwischen Zeitungen, die sie dir vermittelt und denen, die du selbst beziehst:

Auch wenn die Zeitungen nicht durch die Vermittlung der Anstalt bezogen werden, sind sie nur nach den Grundsätzen des § 68 Absatz 2 StVollzG zu beurteilen (OLG Celle in ZfStrVO 1980, 59).

Du hast das Recht, einzelne Seiten bzw. Ablichtungen, ebenso einzelne Nummern von Zeitschriften als Brief geschickt zu erhalten. Insoweit bedarf es keiner Genehmigung oder gar „Vermittlung“ durch die Anstalt im Sinne des § 68 Abs. 1 StVollzG (OLG Celle v. 13.2.1984 – 2 Vollz (Ws) 52/83, OLG Frankfurt v. 12.1.1982 – 3 (Ws) 817/81 StVollz).

Wenn eine Zeitung regelmäßig angehalten wird, obwohl kein generelles Bezugsverbot vorliegt:

Durch die permanente Annahmeverweigerung der Zeitung ... vgl. Annahmeverweigerungen vom .... etc., durch die Anstalt wird de facto ein Bezugsverbol für die Zeitung durchgeführt. Ein solches Bezugsverbot ist rechtswidrig (Hier die Ausführungen vom generellen Bezugsverbot).

14.Bücher

Nach § 70 Abs. 1 StVollzG hast du -“in angemessenem Umfang“ - das Recht auf Besitz und Bezug von Büchern. Besitz heisst nicht nur Verfügungsmöglichkeit in Deiner Zelle, sondern im gesamten Anstaltsbereich (Lesen eines Buches beim Hofgang, vgl. OLG Celle v. 6.2.1980 – 3 Ws 34/80 StVollz). Wenn die Anstalt argumentiert, Bücher dürften grundsätzlich nur über den Buchhandel oder direkt vom Verlag bezogen werden:

Auch in diesen Fällen muss stets geprüft werden, ob nicht von dieser grundsätzlichen Regelung eine Ausnahme gemacht werden muss, weil z.B. das von mir gewünschte Buch vergriffen ist oder wenn mir der Kauf eines teuren Nuches nicht zuzumuten ist, weil ich es geschenkt bekommen kann (KG NstZ 1084, 478 m. Anm. Heischel).

Argumentiert die Anstalt mit einer Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und Ordnung der Anstalt (§ 70 Abs, 2 StVollzG), so muss sie eine Gefahr gerade in Deinem persönlichen Fall nachweisen (OLG Celle v. 11.5.1981 – 3 Ws 312/81 StVollzG).

15. Pakete

Die Anstalt muss Merkblätter zum Paketverkehr haben und Dir gem. VV Nr. 9 zu § 33 StVollzG aushändigen. Wenn Du noch kein solches Merkblatt erhalten hast, verweise einfach auf die erwähnte Verwaltungsvorschrift. Du hast einen Anspruch darauf, dreimal im Jahr — Weihnachten, Ostern und Geburtstag — ein Paket mit Nahrungs- und Genussmitteln zu empfangen (§33 StVollzG). Bei Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften können auch deren hohe Feiertage als Versendungszeitpunkt genommen werden. Katholiken können es mal mit dem Namenstag probieren.

Allgemeines:

Über die Annahmeverweigerung und derer, Grund bin ich zu unterrichten (W Nr.S Abs. 3 Satz 3 zu § .!.! StVollzG). Die Anstalt darf bei Paketen aus dem Ausland nie die Annahme verweigern (VV Nr. $ Abs. .> zu 5 .).! StVollzG).

Wenn du ein Paket zu einem anderen Zeitpunkt als zu diesen Terminen haben willst, weil Du z.B. kurz vor Weihnachten aus dem Knast rauskommst oder weil Du kurz vor einem der anderen Regeltermine Geburtstag hast oder weil Du aus anderen Gründen den Paketempfangszeitpunkt ändern willst, argumentiere wie folgt:

Da die VV Nr. 1 Abs. 1 zu § 33 StVollzG zu eng und somit rechtswidrig ist (vgl. OLG Hamm v.29.3.79 – 1 Vollz Ws 16/79), ist mir die wahl zu lassen, ob ich den Paketempfang über das jahr verteilen will oder nicht (vgl. Joester AK § 33 Rz. 3). Ich beantrage hiermit einen Paketempfang zu folgenden Zeitpunkten …

Annahmeverweigerung:

Sollte die Anstalt die Annahme Deines Paketes verweigern, so bist du davon und über die Gründe der Annahmeverweigerung zu unterrichten (VV 5 III, 2 zu § 33 StVollzG). Die Anstalt darf bei bei Paketen aus dem Ausland nie die Annahme verweigern (VV 5 III zu § 33 StVollzG). Wirst du aus Sicherheitsgründen vom Paketempfang ausgeschlossen, argumentiere wie folgt: Den Sicherheitsbedenken ist durch sorgfältigere Kontrollen zu begegnen, der Ausschluss vom Paketempfang ist daher unverhältnismässig (vgl. LG Düsseldorf v. 8.12.82 – StVollzG 5/82; OLG Hamm b. 16.2.84 – 1 Ws 9/84).

Gewichtsgrenze:

Eine Beschwerde gegen die Verweigerung wegen Überschreitung des zulässigen Höchstgewichts (5 kg) Weihnachtspaket, jeweils 3 kg die beiden anderen Pakete) kannst du z.B. so begründen:

Da die zulässige Höchstgrenze nur unerheblich überschritten wurde, ist das Anhalten des Pakets nicht gerechtfertigt. Das Paket muß mir also ausgehändigt werden (Calliess/Müller-Dietz § 33 Rz. 1; Joester AK § 33 Rz. 8).

Befindet sich das Paket noch in der Anstalt kannst du hinzufügen:

Hilfsweise beantrage ich, daß das Mehrgewicht aufbewahrt und mir der restliche Inhalt ausgehändigt wird (vgl. Joester AK § 33 Rz. 8).

Weitere Pakete

Du kannst dir auch weitere Pakete zusenden lassen, brauchst dazu aber die Erlaubnis der Anstalt. Diese Erlaubnis solltest Du grundsätzlich vorher einholen, um Komplikationen zu vermeiden (siehe auch OLG Frankfurt v. 2.7.82 – 3 Ws 318/82). Beachte aber, dass Nahrungs- und Genussmittel auf die oben genannten drei Pakete beschränkt sind. Argumentiere gegen die Ablehnung Deines Antrages:

Die beantragten Pakete sollen Unterrichts- und Fortbildungsmittel/ Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung/Entlassungskleidung enthalten. Die Voraussetzungen der VV Nr. 3 zu § 33 StVollzG sind also erfüllt. Auch der Gesetzgeber hat dem Paketempfang einen hohen Stellenwert unter dem Gesichtspunkt der Erleichterung der Lebensführung für den Gefangenen, und der Festigung seiner Beziehungen zu Außenstehenden eingeräumt (vgl. Regierungsentwurf zum StVollzG, S. 62). Da die entsprechende Vorschrift großzügig zu handhaben ist (Joester in: AK § 33 Rdz. 10), muß mir derrEmpfang weiterer Pakete gestaltet werden, wenn nicht zwingende und nachprüfbare Gründe der Sicherheit und Ordnung dagegen sprechen. Im übrigen habe ich einen Anspruch auf Vorbereitung auf die Entlassung, und der Inhalt des Paketes dient diesem Zweck (vgl. Calliess/Müller- Dietz § 33 Rz. 3).

Kosten:

Wenn dir durch Paketempfang Kosten entstehen und du kein oder nur wenig Geld hast, ist die Anstalt verpflichtet, die Kosten zu übernehmen (vgl. Protokolle des Deutschen Bundestages 1976 S. 1849; VV Nr. 8 zu § 33 StVollzG). Dies gilt auch, wenn Du ein Paket verschicken willst; insbesondere dann, wenn Du ein Paket Prozessunterlagen an Deinen Verteidiger schickst (OLG Koblenz NstZ 83, 96; ZfStrVO 32, 378).

Sondereinkauf statt Paket:

Bekommst du kein Paket, hast du die Möglichkeit des Sondereinkaufes gem. VV 6 zu § 33 StVollzG. Geht nach einem Ersatzeinkauf aber noch in der 2-Wochenfrist der VV 5 zu § 33 StVollzG ein Paket für dich ein, darf das Paket keineswegs zurückgeschickt werden, da VV 6 II 2 zu § 33 StVollzG wegen § 33 Abs. 1 Satz 3 StVollzG rechtswidrig ist (Joester AK § 33 Rz. 11).

16. Besuch

Jeder Gefangene hat ein Recht darauf, grundsätzlich jeden Besucher für längere Zeit zu empfangen (Sonderausschuss des Bundestages BT-Drucksache 7/3998 S. 13), wobei die Zahl der Besucher nicht beschränkt werden darf (Joester AK § 24 Rz. 8). Auch Gruppenbesuche sind zulässig, in Ausnahmefällen (z.B. Verwandte aus dem Ausland) auch mehr als drei Besucher auf einmal (Calliess/Müller-Dietz § 24 Rz. 11). Sollte dennoch einer Deiner Besucher abgewiesen werden, so weise ihn darauf hin, dass er hiergegen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG stellen kann (OLG Frankfurt NstZ 1982, S. 221). Du kannst aber natürlich jeden Besucher ablehnen (VV Nr. 1 zu §24 StVollzG), so u.a. auch Behördenvertreter wie z.B. Kriminalbeamte, es sei denn, dass auch der Bürger ausserhalb der Anstalt zu einem Kontakt mit der betreffenden Institution gezwungen werden könnte, wie z.B. bei einer richterlichen oder staatsanwaltlichen Vernehmung (Joester AK § 24 Rz. 2). Auf alle Fälle musst Du jedesmal vor einem Besuch gefragt werden, ob Du den Besucher überhaupt sehen willst. Mindestens steht dir eine Stunde Besuch pro Monat zu (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StVollzG). Sollte die Besuchszeit gegen deinen Willen z.B. in Besuchszeiten unter 30 Minuten aufgeteilt werden, so weise darauf hin, dass es in diesem Fall zu keinem inhaltlichen Gespräch mehr kommen kann (Joester AK § 24 Rz. 4; Schwind/Böhm § 24 Rz. 10). Handelt es sich bei Deinen Besuchern um Berufstätige bzw. um Auswärtige mit einem erheblichen Anreiseweg, dann muss der Besuch auch am Wochenende genehmigt bzw. die zeitliche Zusammenfassung mehrerer Besuche ermöglicht werden (Joester AK § 24 Rz. 9 unter Verweis auf BverfG NJW 1976, S. 1311). Bei Auswärtigen besteht dabei, soweit es sich um Familienangehörige handelt, sogar die Möglichkeit der Übernahme der einmal monatlich wegen des Anstaltsbesuchs anfallenden Fahrtkosten durch das Sozialamt der Heimatstadt im Rahmen der §§ 12 und 27 BSHG, da Besuche zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählen und somit auch zum notwendigen Unterhalt gehören (OVG Münster v. 28.3.1984 ZfStrVO 1985, S. 118). Findet darüber hinaus neben der gesetzlich festgelegten Mindestbesuchszeit in einem bestimmten Teilbereich der Anstalt noch eine zusätzliche Gemeinschaftssprechstunde statt, so hast Du, selbst wenn Du Dich in einem anderen Bereich der Anstalt befindest, eventuell auch hierauf ein Teilnahmerecht. Du musst in diesem Fall nur nachweisen, dass du 1. nicht nur vorübergehend, sondern offenbar für die gesamte Dauer der Strafvollstreckung in diesem nicht derart bevorzugten Bereich untergebracht bist, und dass Dir 2. nicht angelastet werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen, auf die du keinen Einfluss nehmen kannst, nicht vorliegen, so z.B. die Anwesenheit eines ständigen Gruppenleiters (LG Berlin v. 6.9.1985 InfoStVollzPR 1985, S, 373 ff.). Desweiteren ist die Anstalt nach § 24 Abs. 2 StVollzG dazu verpflichtet, weiteren Besuch zuzulassen, wenn Du dies beantragst. Dazu gibt es zwei Begründungsmöglichkeiten:

-Der Besuch dient persönlichen/rechtlichen/geschäftlichen Angelegenheiten, die ich persönlich mit dem Besucher besprechen muß, weil...

-Der Besuch ist notwendig, um durch die Kontinuität der Kontakte mit Personen außerhalb der Anstalt meine Fähigkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen— auch im Hinblick auf später — zu entwickeln.

Letzteres umfasst z.B. auch den Besuch eines freigewählten Arztes oder eines Sachverständigen zwecks Erstellung eines Privatgutachtens, wobei es sich allerdings nach Meinung des OLG Hamm nicht um ein Privatgutachten über vollzugsspezifische Fragen handeln darf (Beschluss v. 30.8.1984 NStZ 85, S. 191).Lehnt die Anstalt deinen Antrag ab, kannst du dagegen anführen:

Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Besuchsregelung des § 24 Abs. 1 StVollzG das absolute Minimum und „an den Aufgaben des Strafvollzuges gemessen zu wenig" ist (Regierungsentwurf zum StVollzG, S. 58). Der Ermessungsbeslimmung des § 24 Abs. 2 StVollzG kommt daher und auch unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Garantien des Gefangenen — nämlich der Gewährleistung einer kommunikationsfähigen Persönlichkeit — der Charakter eines Regelfalles zu (Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug, S. 198). Diesen Gesichtspunkt verkennt der Beschluß der Anstaltsleitung. Darüber hinaus gebietet es die Förderungspflicht der Anstalt, mir weitere Besuche zu gestatten (Joester in AK § 23 Rz. 3 und 5; § 24 Rz. 12; Calliess/Müller-Diez § 24 Rz. 1). Das trifft vor allem auf Besuche meiner engsten Bezugspersonen wie Verwandte, Verlobte etc. zu (Callies/Müller-Dietz, § 24 Rz. 4).

Nach § 25 StVollzG können die Besuche allerdings auch vom Anstaltsleiter untersagt werden. Wenn 1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde oder 2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne des StGB sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf dich haben. Wenn deiner Meinung nach keiner der Gründe aus Ziffer 1 oder 2 vorliegen, oder aber die Ermessensentscheidung gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen hat, kannst du gegen ein solches Besuchsverbot einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (zur Erteilung einer Besuchserlaubnis) stellen, da es sich bei den oben genannten Gründen um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die vom Gericht voll nachgeprüft werden können und deren Voraussetzungen das Geriht

Überwachung

Grundsätzlich findet der Besuch ohne Überwachung statt (§ 27 Abs. I StVollzG). Ordnet der Anstaltsleiter eine Überwachung an, muß er dies begründen.

Gegenargumente:

Die von der Anstalt für die Begründung der Besuchsüberwachung vorgebrachten Ereignisse/Gründe sind unzutreffend und könnten, selbst wenn sie zuträfen, nur als geringfügige Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gewertet werden. Dies ist jedoch kein ausreichender Anlaß für Überwachungsmaßnahmen.

Daß die Anstalt trotzdem die Überwachung angeordnet hat, stellt eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. (vgl. Calliess/Müller-Dietz § 27 Rz. 4). Da die Besuchsüberwachung auch nach den im Strafvollzug herrschenden Grundsätzen nicht aus Gründen der „Resozialisierung" oder „Sicherheit und Ordnung" unerlässlich notwendig ist (vgl. Grunau § 27 Rdnr. I), die Überwachung aber gleichzeitig einen schweren Eingriff in meine persönliche Sphäre und die meiner Besucher darstellt, ist die Anordnung der Überwachung rechtswidrig (vgl. BT-Drucksache 7/918, 58 ff.).

Dies trifft z.B. auch auf Intimkontakte zu, die vom Grundrechtsschutz (bei Verheirateten z.B. der Schutz der Ehe in Art. 6 GG) umfasst sind, und bei denen es nicht einzusehen ist, warum das Grundrecht des nicht inhaftierten Partners beeinträchtigt werden muss, zumal es sich hierbei nicht einmal um geringfügige und damit noch zulässige Störungen der Ordnung der Anstalt handelt (Joester AK § 27 Rz. 6; Calliess/Müller-Dietz § 27 Rz. 4, 8).

Die Überwachung darf allerdings nur durch den Anstaltsleiter oder einen von ihm dazu nach § 156 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ermächtigten nachgeordneten bediensteten durchgeführt werden. Unzulässig ist die Besuchsüberwachung durch einen Aussenstehenden und somit also auch durch einen Polizeibeamten oder anderen Behördenvertreter, es sei denn, dass der Verdacht besteht, dass beim Besuch geheime Nachrichten, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würden, übermittelt werden sollen und der mit der Überwachung betraute Bedienstete nicht über die erforderlichen Spezialkenntnisse bzw. das entsprechende Hintergrundwissen verfügt, um diese zu entschlüsseln. Sollte in Deinem Fall die Überwahung durch einen Aussenstehenden erfolgen, so kannst Du Dich aber immer noch auf die Vorschrift des § 34 StVollzG berufen, wonach die Vertraulichkeit der Wahrnehmung gewährleistet sein muss, denn die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht besteht nicht im verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn, so dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Überwachung erlangte Kenntnisse weiterverwertet werden (OLG Frankfurt 3 Ws 659-661/85).

Zum Verhalten des Lauscherbeamten:

Der Lauscherbeamte ...hat sich mehrfach in das Gespräch beim Besuchstermin vom ... eingemischt. Dies darf er auf keinen Fall, er hat seinen Mund zu halten (vgl. . Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug S. 199).

Wenn der Lauscherbeamte den Besuch abbricht, kannst du einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen (auf das Vorverfahren achten !) und die Feststellung beantragen, dass der Besuchsabbruch rechtswidrig war und in Zukunft in solchen Situationen zu unterbleiben hat. Im übrigen müsste der Lauscherbeamte die Besucher über die Vorschriften zum Besuch belehren (VV Nr. 3 zu § 24 StVollzG) und eine Abmahnung aussprechen, bevor er den Besuch abbrechen darf. (§ 27 Abs. 2 Satz 1 StVollzG). Hat er das nicht gemacht, liegt ein weiterer Grund für die Rechtswidrigkeit des Abbruchs vor. Rechtswidrig ist es auch, wenn der Besuchsraum, besonders wenn er noch mit einer Trennscheibe versehen ist, sowohl optisch (Fenster,Spion) als auch akustisch (schlechte Isolierung zum Nachbarraum) überwacht werden kann, da dies nicht mit den Rechtsstaatsprinzipien vereinbar ist (OLG Hamm v. 19.11.1984 MDR 1985, S. 434). Und letzlich kannst du dich in Hinblick auf die Übergabe von Gegenständen beim Besuch, die nur mit Erlaubnis möglich ist, auf den Angleichungsgrundsatz berufen, wonach es zu den Konventionen der Menschen in Freiheit gehört, bei Besuchen Geschenke auszutauschen. Allerdings musst du dich damit abfinden, dass sich diese Gegenstände in engen Wertgrenzen halten müssen, da hierdurch die Entstehung krasser sozialer Unterschiede im Gefängnis vermieden werden soll. Eine Überschreitung dieser Grenzen ist im Einzelfall aber dennoch möglich und zwar dann, wenn dein Besuch aus beruflichen oder entfernungsmässigen Gründen nicht jedesmal zur Regelsprechstunde kommen kann (KG Berlin v. 12.9. 1984 ZfStrVO 1985, S. 181).

17. Einkauf, Geld

Nach § 22 StVollzG ist Einkauf vom Eigengeld nur dann möglich, wenn der Gefangene ohne eigenes Verschulden (das wäre z.B. Arbeitsverweigerung) nicht über Haus- oder Tacshengeld verfügt (§ 22 Abs. 3 StVollzG). Hiervon gibt es eine Ausnahme: Man darf vom Eigengeld einkaufen, wenn man eines der Regelpakete (Weihnachten, Ostern, Geburtstag) nicht erhalten hat (VV Nr. 6 Absatz 1 zu § 33 StVollzG). I Diese Verwaltungsvorschrift bindet die Anstalt (OLG München in ZfStVollz 1980, S. 122). Es soll nun vorkommen, dass Geldspenden (Eigengeld) für den Einkauf von der Anstalt als notwendiges Überbrückungsgeld ( § 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG) zurückbehalten werden. Dagegen gibt es zwei Argumentationen, zuerst:

Ich will das Geld für Gegenstände verwenden, die meiner sogenannten „Eingliederung in die Gesellschaft" dienen (§ 53 Absatz 3 StVollzG), nämlich Jiir Zeitungen, Bücher ect. um mich wenigstens in Ansätzen mit Sachen zu beschäftigen, wie ich es auch in der Freiheit tue. In diesem l'all ist es der Anstalt verwehrt, vom Eigengeld Beträge für das notwendige Überbrückungsgeld zurückzuhalten (OLG München in ZfStVollz. I980, S. 122 ff).

Wichtiger ist aber, dass das Eigengeld nicht immer dann einbehalten werden kann, wenn der volle Betrag des Überbrückungsgeldes noch nicht erreicht ist:

§ 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG verlangt vielmehr nur, das der dem Ablauf der Strafzeit entsprechende Teilbetrag des Ü-Geldes als notwendiges Überbrückungsgeld zu zählen ist. Dieser Teilbetrag ist danach zu ermitteln, welcher Betrag in fortlaufender Fortschreibung zum voraussichtliche» Vollzugsende hin ein Erreichen des vollen Überbrückungsgeldes gewährleistet. D.h. z.B.. daß vom Eigengeld nichts abgezogen werden kann, wenn nach einem Drittel der Haftzeit ein Drittel des voraussichtlichen U-Geldes vorhanden ist. Nur dieser Teilbetrag kann als notwendiges U-Geld gemäß § 83 Absatz 3 Satz 2 StVollzG angesehen werden (vgl. OLG München in ZfStVollz 1980. S. 122 ff). Und nun ganz grundsätzlich gegen die Verwendung des Eigengeldes als Überbrückungsgeld:

Eigengeld darf grundsätzlich nicht zur Bildung des Überbrückungsgeldes herangezogen werden. Denn nur das Ü-Geld ist gem. § 51 Absatz 3 StVollzG während der Dauer der Strafverbüßung der Verfügung des Gefangenen entzogen (Calliess/Müller-Dietz § 51 Rdnr. 1). Die Inanspruchnahme von Eigengeld zur Bildung der Rücklage würde das Eigengeld einer Verfügungsbeschränkung unterwerfen, der es ansonsten nicht unterliegt. Dafür bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, die es im Strafvollzugsgesetz nicht gibt, insbesondere nicht in § 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG (zur ausführlichen Begründung vgl. OLG Frankfurt am Main in ZfStVollz 1979, S. 255 ff). Umgekehrt ist es aber sehr wohl möglich, Teile des Überbrückungsgeldes in bestimmten Fällen zum Einkauf zu verwenden:

Aufwendungen, die zur Vorbereitung einer beruflichen Tätigkeit nach der Entlassung dienen, können gem. § 51 Absatz 3 StVollzG vom Überbrückungsgeld bezahlt werden (vgl. OLG Frankfurt am Main in ZfStVollz 1979, S. 187 ff). Da ich das genannte Buch/Gegenstand zur Vorbereitung meiner Tätigkeit als … nach der Entlassung benötige und mir nicht genug Eigengeld zur Vefügung steht, muss mir die Beschaffung dieses Buches/Gegenstandes mit Mitteln des Überbrückungsgeldes ermöglicht werden. Ist Geld für einen Gefangenen in die Anstalt geschmuggelt worden, do darf der Betrag nicht dem Überbrückungsgeld gutgeschrieben werden, er ist nämlich als Eigengeld zu behandeln (OLG Celle vom 24.5.1983 (3 Ws 185/83 – StVollz) in ZfStrVO 1983, 383).

18. Verpflegung

Durch ständige und in großer Zahl vorgebrachte Beschwerden lässt sich vielleicht eine Verbesserung der Verpflegung erreichen. Hier eine kleine Argumentationshilfe:

Die Anstalt ist verpflichtet, für die „vollwertige Verpflegung nach den Grundsätzen der modernen Ernährungslehre" (VV Nr. 2 Abs. 2 zu § 21 StVollzG) zu sorgen. Dabei muss die Verpflegung nach dem Willen des Geselzgebers „gesundheitsfördernd, kräftigend, bekömmlich, abwechslungsreich und schmackhaft" sein, (BT-Drucksache 7/918, S. 56).

Sonderverpflegung:

Durch § 21 Satz 3 StVollzG wird die Anstalt verpflichtet, dir die Befolgung der Speisevorschriften deiner Religionsgemeinschaft zu ermöglichen, d.h. es müssen die Sachen, die du nicht essen darfst, durch andere gleichwertig ersetzt werden. Ist die Anstalt dazu nicht in der Lage, hast du ein Recht auf Selbstverpflegung (BT-Drucksache 7/918, S. 56). Die Anstalt muss dir also die Beschaffung deiner' Esswaren ermöglichen und auch weitestgehend finanzieren. Hierzu solltest du einen Antrag stellen und dich auf die Förderungspflicht aus §§ 2- 4 StVollzG berufen. (Calliess/ Müller- Dietz § 21 Rdnr. 5). Du brauchst dann natürlich auch eine eigene Kochplatte und einen Tauchsieder, um das Essen selbst zuzubereiten. Das gleiche gilt auch für überzeugte Vegetarier (Feest in: AK § 21 Rdnr. 2 und 4). Auf ärztliche Anordnung wird eine besondere Verpflegung gewährt. „In Betracht kommt dies nicht nur bei kranken und alten, sondern auch bei heranwachsenden, weiblichen und schwerarbeitenden Gefangenen" (Calliess/Müller-Dietz § 21 Rdnr. 3). Red doch mal mit dem Arzt … Der jedem Gefangenen rechnerisch zustehende Verpflegungssatz muss voll ausgeschöpft werden; wenn du kein Fleisch isst, musst du stattdessen etwas gleichwertiges erhalten. Dass die Anstalt Dir die Beschaffung Deiner Esswaren ermöglichen muss (s.o.) hat das OLG Hamm entschieden (allerdings nicht mehr) (OLG Hamm vom 14.12.1983, 7 Voll- Ws- 140/83).

19. Aufschluss

Wenn du eine längere Aufschlusszeit erreichen willst:

Da keine Gründe des § 17 Abs. 3 Nr. 1-4 StVollzG vorliegen, ist die Einzelunterbringung in der Freizeit rechtswidrig. Denn es entspricht den Intentionen des Gesetzgebers, das allgemein- menschliche Bedürfnis, sich in Gemeinschaft mit anderen aufzuhalten, hinreichend zu befriedigen (Calliess/Müller-Dietz § 17 Rdnr. 1 und 4; BT-Drucksache 7/918, S. 55). Von einer „hinreichenden“ Befriedigung dieses Bedürfnisses kann jedoch bei einem monatlichen Aufschluss von lediglich … Stunden nicht die Rede sein.

20.Isolierende Massnahmen

Allgemeines

Wenn du von anderen Gefangenen isoliert worden bist oder werden sollst, dann ist juristische Gegenwehr besonders nötig und auch besonders schwierig. Fordere die sofortige Benachrichtigung deines Anwalts oder einer anderen Vertrauensperson (wenn du Ausländer bist: eines Dolmetschers). Versuche Kontakt mit dem Anstaltsbeirat aufzunehmen (der dich unüberwacht aufsuchen darf: § 164 Abs. 2 StVollzG). Und stelle umgehend einen Eilantrag bei der Starfvollstreckungskammer:

Ich beantrage, den Vollzug der gegen mich getroffenen Isolationsmassnahme … (ausführen) bis zur Entscheidung über ihre Rechtmässigkeit auszusetzen. Diese Massnahme ist ungerechtfertigt, weil … (begründen, siehe unten). Eine Eilentscheidung ist erforderlich, weil durch den sofortigen Vollzug der Massnahme mein Recht auf Gemeinschaft während Arbeit und Freizeit (§ 17 StVollzG) vereitelt würde. Ein höher zu bewertendes Interesse an einem sofortigen Vollzug der Massnahme vermag ich nicht zu erkennen.

Nach Vollstreckung der Massnahme kannst du allenfalls noch die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit erreichen (§ 115 Abs. 3 StVollzG). Versuche in jedem Fall festzustellen, ob es sich um eine Disziplinarmassnahme oder um eine Sicherungsmassnahme handelt. Auch wenn die unmittelbaren Auswirkungen für dich die gleichen sind: die gesetzlichen Voraussetzungen und damit die Möglichkeiten der Gegenwehr sind sehr verschieden.

Disziplinarmaßnahmen

Die isolierenden Disziplinarmaßnahmen sind in § 103 Abs. 1 StVollzG aufgezählt: getrennte Unterbringung während der Freizeit; Entziehung der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung; schließlich: Arrest (d.h. Einzelhaft, evtl. in einem besonderen Arrestraum). Diese Isolationsmaßnahmen dürfen jeweils vier Wochen nicht übersteigen. Andere Formen der Isolierung von den Mitgefangenen sind als Disziplinarmaßnahmen nicht zulässig.

Pflichverstoss als Voraussetzung:

Disziplinarmaßnahmen dürfen gegen dich nur angeordnet werden, wenn du vorsätzlich gegen eine Pflicht aus dem Strafvollzugsgesetz oder der Hausordnung verstossen hast (§ 102 Abs. 1 StVollzG). Bestehe darauf, dass dir mitgeteilt wird, gegen welche Bestimmung du verstossen haben sollst (VV zu § 106 Ziff. 1). Argumentiere wie folgt:

Blosse Verstösse gegen Sitte und Anstand reichen als Grundlage einer Disziplinarmaßnahme nicht aus (BT- Drucksache 7/918, S. 81). Selbstmordversuch und Selbstbeschädigung dürfen nicht mit Disziplinarmaßnahmen beantwortet werden (Calliess/Müller-Dietz § 102 Rz. 3; AK § 102 Rz. 3; AK 102 Rz. 6). Auch aus § 4 Abs. 1 StVollzG ergibt sich für mich keine Verpflichtung, an der Gestaltung meiner „Behandlung“ und an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Dementsprechend kann mein passives Verhalten keine Disziplinarmaßnahme rechtfertigen (OLG Celle 4. 3. 1985 – 3 Ws 495/84 StVollzG).

Umstritten ist es, ob Flucht, Entweichung, Nichtrückkehr vom Urlaub oder die Begehung von Straftaten während der Strafverbüßung einen Disziplinartatbestand darstellen. Argumentiere wie folgt:

Ich darf nicht gezwungen werden, an meiner eigenen Einsperrung mitzuwirken. Meine Flucht (Entweichung, Nichtrückkehr etc.) verstößt insbesondere auch nicht gegen § 82 StVollzG, weil diese Bestimmung nur die Sicherheit bzw. Ordnung innerhalb des räumlichen Bereichs der Anstalt gewährleisten soll (Kaiser/Kerner/Schöch 1982, S. 180).

Die bloße Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten während der Zeit der Strafverbüßung stellt keinen Disziplinartatbestand dar, wenn damit nicht gleichzeitig gegen ausdrückliche Pflichten des Strafvollzugsgesetzes oder der Hausordnung verstossen wird (AK § 102 Rz. 6).


Arrest

Seine Verhängung ist nur unter den zusätzlichen engen Voraussetzungen des § 103 Abs. 2 StVollzG zulässig, d.h. Er darf nur „wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden“. In vielen Anstalten werden allerdings auch leichtere Verstösse zum Anlass für Disziplinarmaßnahmen genommen (z.B. Arbeitsverweigerung; betrunkene Rückkehr aus dem Urlaub; Beleidigung von Vollzugsbediensteten etc.) Dagegen solltest du dich wehren:

Als schwere Verfehlung sollten nur grobe Tätlichkeiten angesehen werden (Schwind/Böhm § 103 Rz. 6; AK § 103 Rz.4). Liegt nur eine „einfache Verfehlung“ vor, dann kommt Arrest erst bei der zweiten Wiederholung (d.h. Beim dritten Mal) in Frage.

Verfahren

Der Pflichverstoss muss in einem förmlichen Verfahren (§ 106 StVollzG: Sachverhaltsaufklärung; Anhörung des Gefangenen; Niederschrift) festgestellt und nachgewiesen werden. Um den Sachverhalt zu klären, muss die Anstalt sowohl belastende als auch entlastende Umstände ermitteln (VV Nr. 1 Abs. 1 zu § 106 StVollzG). Wenn du der Meinung bist, dass die Disziplinarmaßnahme auf Verfahrensmängeln beruht, solltest du auch diese rügen, z.B.:

Bei der Sachverhaltsaufklärung sind folgende Zweifel an meiner Schuld nicht ausgeräumt worden: … (ausführen). Diese Zweifel müssen zu meinen Gunsten gewertet werden (KG 17.10.1980 – 2 Ws 300/80 Vollz).

Sicherungsmassnahmen

In manchen Bundsländern (z.B. Hamburg, Bremen) gilt es als besonders liberal, statt der Disziplinarmaßnahme Arrest „besondere Sicherungsmassnahmen“ zum Zweck der Isolation zu verhängen: Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände („Beruhigungszelle“ § 88 Abs. 2 Ziff. 5 StVollzG), (vorübergehende) Absonderung von anderen Gefangenen (§ 88 Abs. 2 Ziff. 3 StVollzG) oder die unausgesetzte Absonderung („Einzelhaft“ § 89 StVollzG). Durch diese Sicherungsmassnahmen könne in der Praxis die engen Voraussetzungen und zeitlichen Begrenzungen (auf vier Wochen) des Disziplinararrestes unterlaufen werden, was dann gar nicht mehr liberal ist. Wenn eine Sicherungsmaßnahme gegen dich verhängt wird, nur um dich für vergangene „Pflichtverstösse“ zu disziplinieren, dann ist dies rechtswidrig und du kannst die Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt angreifen.

Gefahr als Voraussetzung Voraussetzung einer Sicherungsmaßnahme ist, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass bei dir entweder „In erhöhtem Maße“ Fluchtgefahr besteht oder die Gefahr, dass du Aggressionen gegen andere oder gegen Sachen oder gegen dich selbst entfaltest (§ 88 Abs. 1 StVollzG). Darüber hinaus sollen diese Maßnahmen sogar noch zulässig sein, wenn – unabhängig von deinem verhalten- nur dadurch die „Gefahr einer Befreiung oder einer erheblichen Störung der Anstaltsordnung vermieden oder behoben werden kann“ (§ 88 Abs. 3 StVollzG). Hier solltest du betonen, dass im Gesetzgebungsverfahren von einer engen Auslegung dieser weiten Bestimmung die Rede war:

Die gegen mich ergriffenen Sicherungsmaßnahmen sind rechtswidrig, da eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung gar nicht vorlag. Diese müsste nämlich der „Gefahr einer Befreiung“ entsprochen haben (Calliess/Mülleer-Dietz § 88 Rz. 3), wovon gar keine Rede sein kann. Nur eine enge Auslegung der Bestimmung kann den Intentionen des Gesetzgebers gerecht werden (Regierungsentwurf zum Strafvollzugsgesetz, S. 78).

Einzelhaft

Zusätzliche Voraussetzung für die Verhängung von Einzelhaft als Sicherungsmaßnahme ist es, dass die unausgesetzte Absonderung von anderen Gefangenen „aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, unerlässlich ist“ (§ 89 StVollzG). „Unerlässlich“ ist die Einzelhaft nur dann, wenn der gleiche Erfolg nicht durch andere, weniger schwerwiegende Massnahmen erreicht werden kann (z.B. Verlegung, spezielle med. Behandlung etc.).

Die gegen mich verhängte Einzelhaft ist aufzuheben, da andere weniger eingreifende Maßnahmen gar nicht versucht wurden (vgl. OLG Celle ZfStrVO 1980, S. 191).

Wenn du dennoch in Einzelhaft gelandet bist, solltest du dich gegen weitergehende Isolation (z.B. Besuchsverbote) wehren:

Einzelhaft darf nicht zu totaler Isolation führen. Insbesondere dürfen meine Kontakte zur Aussenwelt nicht unterbunden werden (Schwind/Böhm § 90 Rz. 1). Ich beantrage daher, das gegen mich verhängte Besuchsverbot aufzuheben.

Auch wenn die Einzelhaft im Gesetz zeitlich nicht begrenzt ist, folgt eine Begrenzung aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz:

Die gegen mich verhängte Einzelhaft ist aufzuheben, da sie ausser Verhältnis zu ihrem Anlass steht … (näher begründen). Im übrigen wird sie demnächst die Grenze von vier Wochen erreicht haben, die nach herrschender Meinung in der Regel nicht überschritten werden soll (vgl. Schwind/Böhm § 89 Rz. 3).

Verfahren

Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen normalerweise nur vom Anstaltsleiter oder dem Inspektor vom Dienst persönlich angeordnet werden (§ 91 StVollzG). Nur ausnahmsweise können auch andere Bedienstete die Maßnahme vorläufig anordnen, müssen aber unverzüglich die Entscheidung des Anstaltsleiters einholen. Ein förmliches Verfahren und eine Anhörung des Betroffenen sind nicht zwingend vorgeschrieben. Du solltest aber verlangen, dass der Anstaltsleiter vom Dienst dir die Entscheidung persönlich erläutert.

Einschränkung der gemeinschaftlichen Unterbringung

Manche Anstaltsleitungen versuchen, Isolationsmassnahmen zu verhängen und gleichzeitig Voraussetzungen der Disziplinar- bzw. Sicherungsmaßnahmen zu unterlaufen. Besonders beliebt ist es, die Isolation auf § 17 Abs. 3 StVollzG zu stützen, da die Voraussetzungen dort besonders gering sind. Wenn du auf diesem Wege Einzelhaftbedingungen unterworfen wirst, wehre dich wie folgt:

§ 17 Abs. 3 StVollzG gestattet nur eine „Einschränkung“, nicht den totalen Entzug der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit. Letzterer ist nur unter den Voraussetzungen des § 89 StVollzG möglich (OLG Frankfurt ZfStrVO 1979, S. 121; Schwind/Böhm § 17 Rz. 7). Wenn man mir eine schuldhafte Pflichtverletzung vorwirft, dann muss gezeigt werden, dass die Voraussetzungen der Disziplinarmaßnahmen vorliegen (OLG Nürnberg ZfStrVO 1980, S. 250; OLG München StrVert 1981, S. 246). § 17 Abs. 3 StVollzG darf nicht dazu missbraucht werden, die gesetzlichen Bestimmungen über Disziplinarmaßnahmen und besondere Sicherungsmaßnahmen zu unterlaufen.

Auch eine bloße Einschränkung der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit oder der Freizeit ist nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 StVollzG vorliegen, welche eng auszulegen sind:

Schädlicher Einfluss ist nicht schon in einem bloss moralisch unerwünschten Verhalten zu sehen. Die Voraussetzungen von § 17 Abs. 3 Ziff. 1 StVollzG liegen daher nicht schon deshalb vor, weil das schlechte Beispiel von Arbeitsverweigerung allgemein geeignet sein könnte, „Schule zu machen“ (OLG Nürnberg StrVert 1981, S. 245).

Auch die bloße Tatsache, dass du als unbelehrbarer Überzeugungstäter giltst und befürchtet wird, du könntest andere in politisch motivierte Starftaten verwickeln, reicht für Einschränkungen nicht aus (OLG Hamburg StrVert 1983, S. 187). Desgleichen sind die Begriffe „Sicherheit“ bzw. „Ordnung“ der Anstalt stets eng auszulegen, d.h. Die Einschränkungen müssen schon zwingend geboten sein. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, nicht bloß Vermutungen oder ein unbestimmter Verdacht (KG Berlin 19.4.1983 – 5 Ws 111/83 Vollz).

Einschluss

Unzulässig ist es, sich bei kurzfristigen Isolationsmaßnahmen auf § 81 StVollzG zu berufen (wie dies etwa in der JVA Bremen- Oslebshausen geschieht). § 81 StVollzG enthält keine eigene Eingriffsgrundlage. Bei einem Verstoss gegen „Pflichten“ sind nur Disziplinarmaßnahmen unter den Voraussetzungen der §§ 102 ff. StVollzG zulässig. Unter „Beschränkungen“ im Sinne von § 81 Abs. 2 sind nur die allgemeinen Sicherungsmaßnahmen der §§ 83- 87 StVollzG und die besonderen Sicherungsmaßnahmen des § 88 StVollzG zu verstehen, deren Vorausetzungen zusätzlich geprüft werden müssen.

21. Urlaub

Möglichkeiten eines Urlaubs sind im Strafvollzugsgesetz in §§13, 15, 35, 124 (Sozialtherapie) und 134 (Sicherungsverwahrung) geregelt. Nach §13 KANNST DU UNTER BESTIMMTEN Voraussetzungen an bis zu 21 Tagen im Jahr aus der Haft beurlaubt werden, Dieser sog. Regelurlaub stellt keine Belohnung für braves Vollzugsverhalten dar: die Tatsache, dass du mehr oder weniger häufig mit Disziplinarmaßnahmen überzogen wurdest, rechtfertigt allein noch nicht die Ablehnung deines Antrags. Der Regelurlaub dient vielmehr dazu, den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs (§3 Abs. 2 StVollzG) entgegenzuwirken und deine Kontakte nach draussen aufrecht zu erhalten. Du hast zwar keinen Anspruch auf Urlaub, aber ein Recht darauf, dass die Anstalt deinen Antrag genauestens prüft. Ausserdem muss die Anstalt rechtzeitig (ohne grosse Verzögerung) über deinen Urlaubsantrag entscheiden (BverfG ZfStrVO 1985, 311). Wenn die Anstalt den Antrag ablehnt, muss sie dir die entscheidenden Gründe mitteilen. Nicht ausreichend ist dabei der blosse Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 13 StVollzG:

Die Begründung ist nicht ausreichend, da sie meinen konkreten fall nicht berücksichtigt, sondern nur auf die Verwaltungsvorschriften verweist (OLG Velle JR 1978, 258). Mein Antrag darf nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, der Strafrest bir zur voraussichtlichen Entlassung betrage noch über 18 Monate (OLG Frankfurt NJW 1978, 334). Es genügt nicht, darauf hinzuweisen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde nicht zugestimmt hat (OLG Frankfurt 24.9.1986 – Ws 746/86 StVollz). Der blosse Hinweis auf die bei einem ausländischen Gefangenen bestehende Ausweisungsverfügung reicht als Begründung nicht aus (OLG Frankfurt B1StVK 1981, H. 4/5, S. 10).

Die Vollzugsbehörde darf auch nicht nur die alten Gründe einer früheren Urlaubsablehnung bei einem neuen Antrag wiederholen (OLG Celle 27.6.1986 – Ws 290/86 StrVollz). Eine im voraus festgelegte Urlaubssperre ist rechtswidrig (OLG Bremen NstZ 1982, 84). Wenn du es besonders weit nach Hause hast, kannst du den Urlaub mit einem Ausgang (§ 11 Abs. 2 StVollzG) kombinieren, um nicht deinen Urlaub auf der Reise zu verplempern (OLG Hamm NstZ 1986, 142). § 13 Abs. 2 StVollzG besagt, dass in der Regel eine Wartezeit von sechs Monaten verstreichen soll, bevor du die 21 Tage Urlaub bekommen kannst. Wenn du aus der vorherigen U-Haft direkt in den Strafvollzug kommst, kann es angemessen sein, den Urlaub schon dann zu geben, wenn U-Haft und Strafhaft zusammen sechs Monate gedauert haben (LG Gießen 24.6.1985 1 StVKVollz 381/85; Schwind/Böhm § 13 Rz.7). Die Praxis der Behörden die Beurlaubung von Lebenslänglichen (vgl. § 13 Abs. 3 StVollzG) von beanstandungsfreien Ausführungen und Tagesausgängen abhängig zu machen, ist rechtswidrig (Schwind/Böhm § 13 Rz. 37). Auch bei Lebenslänglichen gelten – abgesehen von der Mindestverbüßungszeit – für den Urlaub die gleichen Gesichtspunkte wie bei den anderen Gefangenen. Nach § 35 StVollzG kannst du zusätzlich aus „wichtigem Anlass“ beurlaubt werden. Ein wichtiger Anlass liegt vor, wenn eine persönliche, geschäftliche oder rechtliche Angelegenheit nur ausserhalb des Knastes (also nicht durch einen Brief oder ein Telefongespräch) geregelt werden kann. Als wichtigen Anlass kannst du etwa ausführen:

Ich muss zuhause anwesend sein, um eine dringende Arbeit durchzuführen, die nur ich selbst ausführen kann (OLG Dortmund B1StVK 1982, H3, S. 3).

Ich muss dringende Klempnerarbeiten in der Wohnung ausführen/ eine Untervermietung vorbereiten (LG Hamburg ZfStrVO SH 1978, 33).

Ich muss den nötigen Umzug meiner Familie aus wirtschaftlichen Gründen selbst durchführen (OLG Koblenz ZfStrVO 1979, 253)

Wichtiger Anlass ist auch eine länger andauernde, nicht lebensgefährliche Erkrankung eines Angehörigen (OLG Celle ZfStrVO 1986, 378).

Die Anstalten verweisen dich, wenn du Sonderurlaub beantragst, häufig in den Regelurlaub. Das ist aber dann bedenklich, wenn dadurch der Regelurlaub, der aus Gründen der Resozialisierung nicht zuletzt für Kontakte mit Angehörigen reserviert bleiben soll, ganz oder weitgehend für die Erledigung anderer Angelegenheiten verwendet werden müßte (Calliess/Müller-Dietz § 35 Rz. 1). Die Beurlaubung darf dann nicht auf Kosten des Regelurlaubs gehen. Der Ermessensspielraum der Anstalt wird enger, je näher der voraussichtliche Entlassungszeitraum heranrückt (§ 15 Abs. 1 StVollzG). Innerhalb von 9 Monaten vor der Entlassung kann Freigängern Sonderurlaub bis zu 6 Tagen im Monat gegeben werden (§ 15 Abs. 4 StVollzG). Da es dabei nur auf die Eignung zum Freigänger ankommt, kannst du wie folgt argumentieren:

Es kommt nicht darauf an, ob ich bereits einen der wenigen vorhandenen Freigängerplätze erhalten habe. Vielmehr entscheidet nach herrschender Meinung ausschliesslich meine Eignung zum Freigänger (BGH 14.11.1978 – 4 Str 463/78; OLG Celle 2.4.1986 – 3 Ws 78/86; Calliess/Müller-Dietz § 15 Rz. 5; Schwind/Böhm § 15 Rz.8; AK § 15 Rz. 10).

Zur Rechtslage im Einzelnen

1.Die Staatsanwaltschaft kommt im Strafvollzugsgesetz nicht vor. Dies entspricht einer konsequenten Trennung der Vollzugszuständigkeiten einerseits und der Vollstreckungszuständigkeiten andererseits. Die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde hat nur mit Vorfragen des Strafvollzugs zu tun (§§ 449 ff. StPO, z.B.: Ladung zum Strafantritt, Strafaufschub, Strafunterbrechung etc.).

2.In den bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften wird die Staatsanwaltschaft nur bei Staatsschutzdelikten, wie z.B. Hochverrat, bzw. im Zusammenhang mit Ermittlungs- oder Strafverfahren erwähnt.

2.1. Bei Staatsschutzdelikten ist vor Lockerungen die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zu hören (VV Nr. 1 zu § 10, VV Nr. 5 zu § 11, VV Nr. 3 zu § 13 StVollzG). Im übrigen sind hier Lockerungen nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig.

2.2.Bei Gefangenen, gegen die ein Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist, ist die „zuständige Behörde“ zu hören (VV Nr. 2 zu § 10, VV Nr. 6 zu § 11, VV Nr. 4 zu § 13 StVollzG). Mindestens bei Ermittlungsverfahren ist dies eindeutig die Staatsanwaltschaft. Angesichts der Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, der Vollzugsanstalt über neue Strafverfahren Mitteilung zu machen (MiStra), erscheint eine Regelanfrage bei der StA jedoch überflüssig und sollte daher von den Vollzugsanstalten unterlassenwerden.

3. In jedem Fall ist die Entscheidung über Lockerungen allein von der Vollzugsbehörde uns ausschliesslich nach den im Strafvollzugsgesetz geregelten gesetzlichen Kriterien (§§ 11 und 13 StVollzG9 zu treffen (OLG Koblenz, Beschluß vom 22.11.1977 – 2 Vollz 10/77).

3.1. Wenn ein Strafverfahren anhängig ist, muss die Vollzugsanstalt prüfen, ob dieses im konkreten Fall einen Anhaltspunkt für erhöhte Fluchtgefahr oder für die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten während des Urlaubs darstellt (OLG Celle, Beschluß vom 29.8.1978 – Ws 22/78). Will die Staatsanwaltschaft Lockerungen um jeden Preis verhindern, muss sie einen Haftbefehl (Überhaft) beantragen; tut sie das nicht, dann hat die Vollzugsanstalt diesen Umstand im Rahmen ihrer Ermessungsentscheidung zu berücksichtigen (OLG Frankfurt, Beschluß vom 14.5.1984 – 3 Ws 253/84 Vollz).

3.2. Wenn kein neues Strafverfahren läuft, besteht (ausser bei Staatsschutzdelikten, wie z.B. Hochverrat) keine Veranlassung zu Rückfragen bei der Staatsanwaltschaft. Wird von ihr dennoch eine Stellungnahme abgegeben, so ist diese völlig unbeachtlich, da die Staatsanwaltschaft insoweit keinerlei Zuständigkeit besitzt.

21.a Lockerungen

Lockerungen des Vollzug sind in § 11 StVollzG geregelt. Sie sollen der Wiedereingliederung dienen und den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenwirken. Das Gesetz kennt nur zwei zwingende Voraussetzungen: Aber auch dann, wenn bei dir weder Flucht- noch Mißbrauchgefahr (§ 11 Abs. 2 StVollzG) besteht, hast du keinen verbindlichen Anspruch auf Lockerungen. Du kannst allerdings verlangen, dass die Anstalt alle Gesichtspunkte deines Falles berücksichtigt, die gegen eine Flucht – oder Mißbrauchsgefahr sprechen. Eine Befürchtung im Sinne des § 11 Abs. 2 StVollzG besteht nämlich nur, wenn aufgrund konkreter, darzulegender Umstände mit deiner Flucht oder dem Mißbrauch der Vollzugslockerungen gerechnet werden kann (OLG Stuttgart, 25.5.1984 – 4 Ws 70/84). Nicht ausreichend ist es z.B., wenn die Anstalt deinen Antrag allein deshalb ablehnt, weil

- deine Reststrafe noch zu lang ist (OLG Frankfurt NstZ 1983, 93) oder in deiner Anstalt grundsätzlich erst zwei Jahre vor dem Strafende mit Lockerungen angefangen wird (OLG Koblenz, 27.1.1986 – 2 Vollz (Ws) 117/85).

- du dich im Vollzug nicht immer „beanstandungsfrei“ verhalten hast (OLG Karlsruhe ZfStrVO 1983, 181).

- der Verdacht besteht, dass du eine weitere Straftat begangen hast, ohne dass konkrete Tatsachen mitgeteilt werden (OLG Frankfurt, 9.9.1982 – StVollz 3 Ws 646/82). Selbst wenn du vor Jahren wegen einer während der Haft begangenen Straftat verurteilt worden bist, sind Lockerungen nicht von vornherein ausgeschlossen (OLG Hamm, 12.6.1981 – 7 Vollz (Ws) 26/81).

- bei einer Verurteilung wegen einer schweren Straftat der notwendige „nachhaltige Strafeindruck“ Lockerungen verbietet (OLG Koblenz, 27.1.1986 – 2 Vollz (Ws) 117/85).

- eine vollziehbare Ausweisungsverfügung gegen dich besteht (OLG Frankfurt InfoStVollzPR 1985, 35).

Ebenso wenig reichen (andere) pauschale Begründungen und der bloße Hinweis auf Verwaltungsvorschriften für eine Ablehnung aus (OLG Koblenz ZfStrVO 1978, 123). Auch wenn du vor langer Zeit einmal aus dem Urlaub nicht zurückgekehrt bist, muss die Anstalt die Fluchtgefahr sorgfältig prüfen (OLG Frankfurt NstZ 1984, 190). Nicht gefallen lassen solltest du dir auch eine Ablehnung, welche mit Schuldschwere und generalprävention argumentiert:

Nach herrschender Lehre (vgl. Calliess/Müller- Dietz § 13 Rz. 22) ist es unzulässig, im Strafvollzug mit derartigen allgemeinen „Strafzwecken“ zu argumentieren. Auch die Rechtsprechung lässt dies nur in extremen Fällen zu (OLG Stuttgart, 30.10.1986, OLG Frankfurt ZfStrVO 87,11).

Hat die Anstalt nach Abwägung aller für und gegen die Massnahme sprechenden Umstände immer noch Bedenken, so können diese auch dadurch ausgeräumt werden, dass eine vertrauenswürdige Person oder ein_e Verwandte_r bei der Lockerung dabei ist („Begleitausgang“: OLG Celle 2.6.1978 – 3 Ws 91/78)

Nach § 7 Abs. 2 Nr.7 StVollzG muss dein Vollzugsplan Angaben darüber machen, ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt Lockerungen vorgesehen sind.

Mein Vollzugsplan sieht ab … Lockerungen vor. Von dieser Planung darf die Anstalt nicht ohne weiteres abweichen. Gründe, die schon zur Zeit der planung vorgelegen haben und die der Behörde damals bekannt gewesen sind, können nicht später wieder herangezogen werden(OLG Frankfurt ZfStrVO 1985, 170).

Auch darf die Anstalt Lockerungen nicht für die Zukunft („Lockerungssperre“), sondern nur bei deinem jeweiligen Antrag ablehnen (OLG Schleswig 4.1.1983 – 2 Vollz Ws 197/82). Als Beispiele für Lockerungen erwähnt § 11 StVollzG die Aussenbeschäftigung und den freigang sowie die Ausführungen und den Ausgang:

Die Ausführung ist nicht nur eine vorbereitende Massnahme für eine weitergehende Vollzugslockerung wie z.B. Urlaub oder Ausgang. Die Ausführung ist eine eigenständige Massnahme, die gerade dann sinnvoll sein kann, wenn die Voraussetzungen für eine weitergehende Massnahme nicht vorliegen (OLG Hamm NstZ 1985, 189). Insbesondere bei Lebenslänglichen können Ausführung und Ausgang der Vorbereitung und Erprobung für den Urlaub oder für die Gestaltung eines freien Beschäftigungsverhältnisses dienen (OLG Celle ZfStrVO 1981, 244). Hier gilt übrigens nicht die beim Urlaub von Lebenslänglichen vorgeschriebene 10.Jahres-Grenze des § 13 Abs. 3 StVollzG (OLG Frankfurt MDR 1983, 78).

Ausführungen in Anstaltskleidung sind nur in Ausnahmefällen angebracht (OLG Frankfurt 22.11.1977 – Ws 147/78). Eine Fesselung bei der Ausführung setzt eine besonders grosse, mit konkreten Anhaltspunkten belegbare Gefahr voraus (OLG Celle 24.4.1985 – 3 ws 63/85 StrVollz).

Ein Ausgang kann auch zur Ausübung des Wahlrechts (BverfG NstZ 1982, 83) oder zur Erleichterung der praktischen Durchführung eines Urlaubs (OLG Celle NstZ 1981, 276) gegeben werden. Der Freigänger kann bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt werden (OLG Celle NstZ, 35).

Weitere Lockerungen stehen unter den gleichen Voraussetzungen im ermessen der Anstalt. Besonders gesetzlich geregelt sind der Urlaub (§ 13 StVollzG) und Lockerungen „aus wichtigem Anlass“ /§ 35 StVollzG). Die verschiedenen Arten von Lockerungen, wie Ausgang, Urlaub oder Sonderurlaub können miteinander kombiniert werden (OLG Celle NstZ 1981, 276). Du kannst aber auch andere als die in § 11 StVollzG ausdrücklich erwähnten Lockerungsmöglichkeiten beantragen.

Nach § 14 Abs. 1 StVollzG kann der Anstaltsleiter für die Lockerungen Weisungen erteilen. Aufheben darf er die Lockerungen nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 StVollzG.

22. Verlegung in eine andere Anstalt

Ein Antrag auf Verlegung in eine andere Anstalt kommt dann in Frage, wenn dein Knast soweit vom Wohnort deiner Familienangehörigen und Bekannten entfernt ist, daß diese dich nur schwer besuchen können. Für die Familie gilt auch Artikel 6 Grundgesetz, bei Bekannten kannst du dich allein auf Artikel 2 Grundgesetz berufen:

Da nur in der JVA (Ort) die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu meinen Angehörigen und Bekannten und damit meiner individuellen Lebensumwelt möglich ist, habe, ich aus Artikel 6 GG/ Artikel 2 GG ein Recht auf Verlegung (vgl., Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug, Verlag C. F. Müller 1979, S. 112 f., mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen).

Wirst du innerhalb der Anstalt „verlegt“, so muss die Anstalt die Gründe ihrer Entscheidung bekanntgeben. Die Begründung, dass dies aufgrund „vertraulicher Hinweise“ erfolge, ist unzureichend (KG Berlin, 6.3.1984 – 5 Ws 492/83 Vollz). Gegen diese Entscheidung kannst du durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 ff. StVollzG) vorgehen (in einigen Bundesländern – siehe oben zu 18 – erst nach Vorverfahren).

23. Selbstbeschäftigung

Unter Berücksichtigung meiner individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten (vgl. § 57 Absatz 2 StVollzG), ist mir eine sinnvolle Beschäftigung im Rahmen des Beschäftigungsangebots der Vollzugsanstalt nicht möglich. Begründung: ... (vgl. dazu OLG Karlsruhe in ZfStrVollz 1979, S. 54).

oder:

Für mich besteht ein besonderer Anlass, einer Beschäftigung nachzugehen, die nur im Rahmen der Selbstbeschäftigung möglich ist. Denn nur durch Selbstbeschäftigung ist gewährleistet, dass ich meine Fähigkeiten als … erhalten/ fördern kann. Begründung: … (vgl. dazu OLG Karlsruhe in ZfSTRVollz 1979, S. 54

Wenn du selbstständig bist, kannst du dich darauf berufen, dass Selbstbeschäftigung nach dem Wortlaut des Gesetzes auch ausserhalb der Anstalt zulässig ist (OLG Frankfurt in NstZ 1981, 159f.). Wenn du rechtzeitig Regelurlaub beantragt hast, dein Antrag aber von der Anstalt abgelehnt wurde und dein Rechtsschutzverfahren bis zum Ablauf des Urlaubsjahres andauert, verfällt dein Regelurlaub nicht automatisch. Der Urlaub kann dir auch noch im folgenden Jahr bewilligt werden (OLG München v. 15.7.83 – 1 Ws 459/83 in ZfStrVO 1983, 184ff).

24.Kleidung, Wäsche

Anstaltskleidung ist Pflicht; Privatkleidung kann von der Anstalt zugelassen werden. In wenigen Anstalten (Hamburg- Fuhlsbüttel, Lingen, einige offene Anstalten) ist Privatkleidung die Regel. In Bremen weigert sich ein Gefangener seit Jahren, Anstaltskleidung zu tragen. Nach vielfältiger Bestrafung, Isolierung etc. hat er jetzt einen Prozess gewonnen. Die Anstalt hat rechtswidrig gehandelt, als sie ihn wegen seiner Weigerung mehr als drei Monate in Einzelhaft hielt (LG Bremen 1984, bei Redaktionsschluss der Erstauflage noch nicht rechtskräftig). Inzwischen anders entschieden vom OLG Bremen vom 14.11.1984. Ws 137/84 (B1 193/84) zum Teil abgedruckt in „Durchblick“ Feb./März 85, 39.

25.Telefon

Einen direkten Anspruch auf Telefonate hast du als Gefangener nicht, sondern nur einen Anspruch auf „fehlerfreie Ermessensentscheidung“. Vernünftige Gründe für ein Telefonat müssen für eine Erlaubnis zum Telefonieren aber ausreichen, denn „besondere Gründe“ verlangt das StVollzG nicht. Und dass die Benutzung moderner Kommunikationsmittel wie dem Telefon zur normalen Verständigung heranzuziehen ist, folgt aus dem „Angleichungsgrundsatz“ (§ 3 Abs. 1 StVollzG). Besonders schwer, Dir das Telefonieren nicht zu erlauben, dürfte es dem Knast fallen, wenn du für das Telefonat besondere Gründe hast, z.B. ist in Krisen häufig eine schnelle – also telefonische – Kontaktaufnahme wichtig. Die Kosten für Telefonate musst Du selbst tragen. Bist Du dazu nicht inder Lage, kann die Anstalt die Kosten in „begründeten Fällen in angemessenen Umfang“ übernehmen. Bei Behörden- und Anwaltskontakten wir Dir zunächst stets die Erlaubnis zum Telefonieren gegeben werden müssen, denn schriftliche Anfragen von Gefangenen an Behörden oder AnwältInnen sind meist unpräzise und verlangen ausführlicher Nachfragen. Zudem besteht oft die Gefahr, dass, wenn Du nur auf den Schriftverkehr angewiesen bist, Kontakte abgebrochen werden, weil sich Probleme im Schriftverkehr nicht lösen lassen und Besuche zu aufwendig sind. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Orts- und Ferngesprächen. Die Überwachung der Telefonate hat sich gem. § 32 Satz 2 an den Grundsätzen der Überwachung des Besuchs zu orientieren, d.h. dass eine akustische Überwachung grundsätzlich nicht erlaubt ist. DA zur Rechtsdurchsetzung bei Ablehnung von Telefonaten durch die Anstalt der Prozessweg häufig zu lange sein dürfte, ist für die Herbeiführung einer schnellen Entscheidung an das Rechtsschutzverfahren nach § 114 Abs. 2 StVollzG zu denken, d.h. Du kannst an das Gericht den Antrag auf Aussetzung des Vollzuges der angefochtenen Maßnahme stellen.

26.Arbeitspflicht

Arbeit im Knast ist Zwangsarbeit zu einem lächerlichen „Arbeitsentgelt“, ohne Kranken- und Sozialversicherung, ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc. Umso mehr solltest Du auch hier noch vorhandene Rechte kennen, insbesondere die Alternativen innerhalb der Arbeitspflicht, die Freistellung von der Arbeitspflicht (Erholungsurlaub) und die generellen Ausnahmen von der Arbeitspflicht. Durchgesetzt wird die Arbeitspflicht übrigens auf zwei Wegen: wenn du die Arbeit verweigerst, wird Dir selbst das geringe Arbeitsentgelt noch gestrichen, und es können Disziplinarmaßnahmen verhängt werden. Hast Du gute Gründe zur Arbeitsverweigerung gehabt, solltest Du gegen eventuelle Disziplinarmaßnahmen Rechtsmittel einlegen. Stelle dabei heraus, dass nur freiwillige Mitarbeit der Resozialisierung dient und dass Du durch die finanziellen Einbußen schon hart genug betroffen bist (dabei kannst Du Dich auf Calliess/Müller-Dietz 4. Auflage § 41 Anm. 2 berufen). Aber auch die finanziellen Einbußen musst Du nicht in jedem Fall hinnehmen. Taschengeld (§ 46 StVollzG) oder Einkauf vom Eigengeld (§ 22 Abs. 3 StVolzG) erhälst Du allerdings nur, wenn Du „ohne eigenes Verschulden“ ohne Arbeit bist. Dies ist vor allem bei krankheitsbedingter Arbeitsverweigerung der Fall; aber auch, wenn Du dich aus religiösen Gründen weigerst, bestimmte Arbeitsbedingungen hinzunehmen (z.B. Durchsuchung mit völliger Entkleidung bei gläubigen Moslems: OLG Koblenz 2.10.1985 – 2 Vollz Ws 15/85.

Alternativen innerhalb der Arbeitspflicht

Nach § 41 StVollzG bist Du verpflichtet, eine Dir zugewiesene, Deinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit auszuüben, zu deren Verrichtung Du aufgrund Deines körperlichen Zustand in der Lage bist. Normalerweise wird dies eine Dir von der Anstalt zugewiesene Arbeit sein. Du kannst verlangen, dass es sich um „wirtschaftlich ergiebige Arbeit“ handelt, und dass dabei Deine „Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen“ (§ 37 Abs. 2 StVollzG) berücksichtigt werden. Dabei ist aber von den Möglichkeiten der Anstalt auszugehen, d.h. vielfach sind zu wenig und gering qualifizierte Arbeitsplätze vorhanden. Du kannst auch versuchen, Deine Arbeitspflicht auf eine andere, Deinen Vorstellungen vielleicht entsprechende Art zu erfüllen:

a) Durch Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, wie Berufsausbildung, Umschulung (§ 37 Abs. 3 StVollzG) oder Unterricht (§ 38 StVollzG). Voraussetzung dafür ist Deine „Eignung“. Hierbei ist das Problem, dass Du unter Umständen eine Verlegung in eine JVA beantragen musst, in der die Ausbildungsmaßnahme angeboten wird.

b) Durch Selbstbeschäftigung (§ 39 Abs. 2 StVollzG), d.h. freiberufliche Tätigkeit. Insbesondere gilt dies für Gefangene, die schon draußen freiberuflich tätig waren (Künstler_innen, Schriftsteller_innen etc.). Du kannst es aber auch sonst beantragen und wie folgt argumentieren:

„Da die Anstalt mir keine sinnvolle Beschäftigung nachweisen kann, liegt es nach herrschender Meinung nahe, mir Selbstbeschäftigung zu gestatten (OLG Karlsruhe ZfStrVo 1979, 54; Calliess/Müller-Dietz § 39 Ziff. 5; Schwind/Böhm § 39 Rz. 13; Ak § 39 Rz. 11).“

c) Im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt (§ 39 Abs. 1). Da dies praktisch nur im Wege des Freigangs möglich ist, musst Du die Voraussetzungen dafür (§ 11 StVollzG) erfüllen. Argumentiere:

„Es ist stets ermessensfehlerhaft, einem Gefangenen, der sich für den offenen Vollzug eignet und eine gesicherte Außenbeschäftigung vorweisen kann, die Ausübung mit der Begründung abzulehnen, es seien nicht genügend Plätze im offenen Vollzug vorhanden (Pecici AK StVolzG § 39 Rz. 8b).“

d) Durch arbeitstherapeutische Beschäftigung (§ 37 Abs. 5 StVollzG). Dies soll Dir ermöglicht werden, wenn Du – etwa aus psychischen Gründen – nur eingeschränkt arbeitsfähig bist.

Freistellung von der Arbeitspflicht

Wenn Du ein Jahr lang Deiner Arbeitspflicht genügt hast, dann kannst Du einen Anspruch auf Erholung geltend machen. Du kannst dann beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden (§ 42 Abs. 1 StVollzG). Dies setzt nicht voraus, dass Du der Arbeitspflicht ein Jahr lang ununterbrochen nachgekommen bist. Es kommt darauf an, ob die Unterbrechung unverschuldet oder von Dir verschuldet war.

a) Wenn die im Laufe eines Jahres aufgetretenen Fehlzeiten unverschuldet waren (Krankheit, Betriebsferien, Arbeitslosigkeit etc.), dann kannst du anteilige Freistellung verlangen:

„Da ich die Wartezeit von einem Jahr unverschuldet nur teilweise erfüllt habe, beantrage ich, mir wenigstens den entsprechenden Anteil an Erholungsurlaub zu bewilligen /vgl. OLG Koblenz NstZ 1985, S. 353).“

Leider ist auch dies umstritten, da das OLG Hamm eine andere Meinung vertritt, so dass die Frage demnächst vom Bundesgericht entschieden werden muss.

b) Wenn die Fehlzeiten von Dir „verschuldet“ waren (indem DU z.B. einige Tage im Arrest zubringen musstest), dann reicht dies allein auch noch nicht aus, Dir die Freistellung zu versagen. Denn die Vorschrift hat das Ziel, jemandem, der längere Zeit gearbeitet hat, die Möglichkeit zur körperlichen und seelischen Erholung zu geben. Argumentiere wie folgt:

„Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 42 StVollzG wäre es rechtswidrig, mir die Freistellung allein deshalb zu versagen, weil ich eine Fehlzeit schuldhaft verursacht habe. Dies käme einer im Gesetz nicht vorgesehenen Disziplinarmaßnahme gleich (vgl. BverfG, Strafverteidiger 1984, S. 428). Ich beantrage daher, mir die Freistellung anteilig, entsprechend der von mir geleisteten Zahl von Arbeitstagen, zu bewilligen. Hilfsweise beantrage ich, die Wartezeit um die von mir „verschuldeten“ Fehlzeiten zu verlängern.

Ausnahmen von der Arbeitspflicht

Arbeitsverweigerung wird im Knast häufig mit Disziplinar- oder Sicherungsmaßnahmen beantwortet. Deshalb ist es besonders wichtig, die Ausnahmen von der Arbeitspflicht zu kennen. Im Gesetz selbst stehen nur zwei davon (§ 41 Abs. 1 Satz 3 StVollzG Danach gilt die Arbeitspflicht nicht

für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind

für werdende und stillende Mütter für sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung gelten die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes (keine schwere Arbeit, ausreichende Zeit zum Stillen etc.).

Ebenfalls nicht zur Arbeit verpflichtet bist Du natürlich im Krankheitsfall. Krank ist man offiziell nur, wenn man von dem_der Anstaltsärtz_in krankgeschrieben ist. Umstritten ist es, ob Du auch als Behinderte_r inm Knast zur Arbeit verpflichtet bist. Du solltest jedenfalls einen behindertengerechten Arbeitsplatz verlangen. Eindeutiger ist die Situation, wenn du draußen eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehst. Argumentiere dann wie folgt:

„Nach dem Angleichungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 StVollzG ist das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzupassen. Es ist davon auszugehen, dass der_diejenige, der_die in Freiheit als erwerbsunfähig gilt, auch während des Strafvollzugs nicht anders behandelt werden darf (OLG Frankfurt NstZ 1985, 429).“

27. Vorzeitige Entlassung

Beim Antrag auf Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung dürfte es sich um das in deutschen Knästen bekannteste Strafvollstreckungsinstitut handeln. Für den_die, der_die es nicht weiß: die gesetzliche Grundlage ist § 57, für „Lebenslängliche“ die §§ 57 a, 57 b StGB. Deine Entlassung erfolgt nur auf Bewährung, d.h. Dir können Auflagen und Weisungen erteilte werden – ebenso ist ein Widerruf möglich (die §§ 56 a bis 56 g StGB gelten entsprechend).

Antrag auf „Zweidrittel“- Entlassung

Der Antrag ist zu richten an die für die JVA zuständige Strafvollstreckungskammer. Soweit die Anstalt den Antrag befürwortet, ist es in der Regel so, dass die Sozialarbeiter_innen die Antragsstellung übernehmen und die Stellungnahme der JVA gleich an die Kammer mitschicken. Dazu besteht aber keine Verpflichtung. Du solltest also unbedingt darauf achten, dass die Antragsstellung erfolgt, vor allem dass sie rechtzeitig (d.h. einige Wochen vor dem Zweidritttel-Zeitpunkt) erfolgt. Der Antrag sollte lauten:

„Ich beantrage, die Reststrafe der gegen mich durch ein Urteil des … Gerichts in … vom … verhängten Freiheitsstrafe nach Verbüßung von zwei Dritteln zur Bewährung auszusetzen (§§ 57 Abs. 1 StGB).“

Sollte der Antrag mehrere Verurteilungen betreffen, bei denen jeweils die Vollstreckung nach Verbüßung von 2/3 unterbrochen wurde, müssen alle Urteile wie oben aufgeführt werden. Neben der Anstalt nimmt in der Regel auch die zuständige Staatsanwaltschaft zu Deinem Anrag Stellung. Du hast nach § 454 StPO ein Recht darauf, von der Strafvollstreckungskammer mündlich gehört zu werden (darauf kann nur verzichtet werden, wenn alle Beteiligten sich einig sind, dass Du entlassen werden sollst). Bereite Dich hierauf gut vor. Hierzu solltest Du auch die Stellungnahme der Anstalt anfordern. Für die Anstalt ist meistens die Erprobung im Rahmen von Vollzugslockerungen ausschlaggebend. Wenn da noch nichts gelaufen ist stelle Anträge auf Ausführung, Ausgang, Urlaub. Neben der Voraussetzung, dass zwei Drittel der Strafe verbüßt sein müssen, hat die Vorschrift noch zwei unwichtige Bedingungen:

1.dass der Gefangene einwilligt (!) und

2.dass mindestens zwei Monate verbüßt sind, d.h. bei ganz kurzen Freiheitsstrafen läuft nichts. § 57 StGB gilt auch für die Ersatzfreiheitsstrafen (dies ist zwar strittig, sollte aber auf jeden Fall versucht werden):

„ Anstelle einer uneinbringlichen Geldstrafe, welche gegen mich durch das Urteil des … Gerichts in … vom … verhängt wurde, verbüße ich eine Ersatzfreiheitsstrafe. Ich beantrage, den Rest dieser Strafe nach Verbüßung von zwei Dritteln zur Bewährung auszusetzen (vgl. Dreher/Trönde § 57 StGB Rz. 2A m.w.N.).“

Daneben gibt es dann noch eigentlich wichtige Voraussetzungen, nämlich, dass die Strafvollstreckungskammer zu dem Schluss kommt, dass (so das Gesetz) „verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird …“ Wenn Du auf Anhieb nicht weiß, was das heißen soll, bist Du damit sicher mit vielen Jurist_innen einig. Eines heißt es jedenfalls nicht, nämlich, dass das Gericht überzeugt sein muss, dass keine Straftaten mehr begangen werden. Vielmehr reicht die Überzeugung des Gerichts aus, dass jetzt eine Chance gegeben ist, dass nix mehr vorkommt (KG Berlin NJW 1973, 1421). Bei der Entscheidung, ob Deinem Antrag stattgegeben wird, berücksichtigt das Gericht auch Dein Verhalten im Vollzug. Daher zeige, dass Du eine gewisse „positive“ Entwicklung im Knast genommen hast – also lieber den Frust am Anfang rauslassen und nicht damit bis zum Ende warten. Weiter ist wichtig die Aussicht auf einen Arbeitsplatz und Bindungen nach draußen. Suche Dir vor allem beizeiten eine Wohnung, frag mal bei einer Straffälligenhilfe oder ähnlichen Organisationen nach. Neben der Anstalt nimmt in der Regel auch die zuständige Staatsanwaltschaft zu dem Antrag Stellung. Ist eine dieser Stellen dagegen, oder hat die Strafvollstreckungskammer Zweifel, wird in aller Regel eine mündliche Anhörung durchgeführt. Da solltest Du Dich natürlich nett geben. Rechne aber auch damit, dass Dir bei Deiner Anhörung Deine Tat wieder vorgehalten wird. Reagiere also bloß nicht überempfindlich, sondern zeige Einsicht und arrangiere Dich, auch wenn es für den Moment unangenehm ist.

Antrag auf Gewährung von Halbstrafe

Hier hat sich der Gesetzgeber etwas Neues einfallen lassen. Nachwievor gilt aber weiterhin alles, was auch zur Zweidrittel-Entscheidung gesagt wurde, mit der Einschränkung, dass die Knäste hier von sich aus nie tätig werden. Grundvoraussetzung ist also zunächst, dass alle Voraussetzungen einer positiven „2/3“- Entscheidung vorliegen, siehe also oben. Der Antrag sollte lauten:

„Ich beantrage, die Reststrafe der gegen mich durch das Urteil des … Gerichts in … vom … verhängten Freiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung auszusetzen (§ 57 Abs. 2 StGB).“

Neu seit 1.5.1986 ist, dass Du dann eine „Halbstrafe“ bekommen kannst,

wenn Du Ersttäter bist und Deine Strafe zwei Jahre nicht übersteigt (§ 57 Abs. 2 Nr. 1) oder

die Gesamtwürdigung Deine Tat und Persönlichkeit, sowie Deine Entwicklung im Vollzug ergibt, dass besondere Umstände vorliegen (§ 57 Abs. 2 Nr. 2).

Um herauszufinden, wie diese Neuigkeiten zu verstehen sind, haben wir uns im Mai in Bremen mit der Redaktion der Gefangenenzeitung „Diskurs“ und einigen Anwälten und anderen Juristen zusammengesetzt. Dabei ist herausgekommen, dass diese beiden neuen Voraussetzungen durch das Wort „oder“ alternativ zu verstehen sind. D.h., dass Du nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Halbstrafe auch rauskommen könntest, wenn Du Mehrfachbestrafter bist und/oder Du Dir eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren gefangen hast. In diesen Fällen musst Du allerdings im Gegensatz zum 2/3-Antrag die Hürde der „besonderen Umstände“ nehmen. Nach der neuen Gesetzesfassung wird unter „Gesamtwürdigung“ von Tat, Persönlichkeit und Entwicklung im Vollzug zu verstehen sein, dass du diejenigen Bereiche, wo u keine Pluspunkte sammeln konntest, mit anderen günstigen Bereichen ausgleichen kannst, damit „besondere Umstände“ für Deine Entlassung vorliegen. Hier wird es aber maßgeblich auf Dein Verhalten im Vollzug ankommen. Während Du nach der alten Gesetzeslage schon bei der „Halbstrafe“ durchgefallen bist, weil in Deiner Tat und Persönlichkeit nichts „besonderes“ zu finden war, so nimmt der neue § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB Deine Vollzugsentwicklung ausdrücklich in die Gesamtwürdigung mit auf. Also: wenn Du keine „besonderen Umstände“ in Tat und Persönlichkeit vorbringen kannst, versuche es mal mit „besonderen Umständen“ bei Deiner Entwicklung im Vollzug. Was die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang künftig über die bisherigen Kriterien hinaus entwickeln wird, bleibt jedoch abzuwarten. Weiterhin bleibt aber auch Dein Strafurteil Grundlage bei der Gesamtwürdigung. Schreibst Du also in Deinen Antrag: „Ich will „Halbstrafe“, weil ich es nicht gewesen bin“, dann kannst Du es gleich lassen. Vielmehr müssen sich auch „besonderer Umstände in der Tat“ aus dem Urteil ergeben (Ausnahmesituation etc.). Du solltest versuchen zu begründen, warum die Tat für Dich selbst völlig „persönlichkeitsfremd“ war. Ein Stück Identitätsverleugnung wirst du in diesem Zusammenhang wohl oder übel hinnehmen müssen. Wenn Du allerdings schon mehrfach wegen gleicher oder ähnlicher Delikte vorbestraft bist, wird Dir wohl auch dies nix nützen. Auch nach der Tat eingetretene „besondere“ persönlichkeitsbezogene Umstände können erheblich sein. Hier sieht es allerdings besonders finster aus. So haben die Gerichte bei folgenden Sachverhalten „besondere Umstände“ angenommen:

Bei Verlust einer nahestehenden Person (OLG Hamm, NstZ 81, 352),

bei schweren familiären und wirtschaftlichen Schwierigkeiten (OLG Zweibrücken MDR 1973, 514).

Und noch ein weiteres Erschwernis: Eine positive Entwicklung nimmt das Gericht allerdings dann nicht dann schon an, wenn Du sagst, wo die Knete versteckt ist. Dies wird neuerdings als Deine Verpflichtung angesehen, denn es ist durch einen neuen Abs. 5 in § 57 StGB ausdrücklich festgeschrieben, dass das Gericht von der Aussetzung Deiner Freiheitsstrafe absehen kann, wenn Du nichts zu dem Verbleib der Beute sagst. Überlege Dir daher genau, was Du bei Deiner Anhörung dazu sagen willst. Noch was Neues für Leute, die mehrere Freiheitsstrafen abzusitzen haben: Grundsätzlich gilt, dass die kürzere Freiheitsstrafe vor der längeren vollstreckt wird (§ 43 Abs. 2 Strafvollstreckungsordnung). Sollst Du aber das erste Mal in den Knast und bekommst Du z.B. eine Strafe von 20 Monaten (jedenfalls aber unter zwei Jahren) und eine Strafe von 15 Monaten, so solltest Du versuchen, die kürzere, z.B. durch Rechtsmittel (Berufung oder Revision, die Du ja später wieder zurücknehmen kannst) hinauszuzögern und die längere Strafe sofort antreten. Die Strafvollstreckungsbehörde muss nämlich neuerdings bei Erstbestraften unter zwei Jahren die erste Strafe schon nach der Hälfte, frühestens jedoch nach sechs Monaten unterbrechen, um die zweite zu vollstrecken (§ 454b Abs. 2 StPO). Dadurch kannst Du, wenn später beide Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden, Zeit sparen.

Antrag auf Aussetzung des Strafrests bei lebenslanger Freiheitsstrafe

Zu den Formalien gilt das oben gesagte. Als Voraussetzungen sind hier zu nennen, dass erstens 15 Jahre der Strafe verbüßt sein müssen und zweitens, (neben der Einwilligung des Gefangenen) die Wahrscheinlichkeit besteht, dass außerhalb des Vollzugs keine weiteren Straftaten begangen werden (also wie bei 2/3). Aber auch hier gibt es – natürlich – wieder eine Bedingung, die den Gerichten weiterhin freie Hand sichert. Voraussetzung ist nämlich (so das Gesetz), dass „nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weiter Vollstreckung gebietet …“. Hast Du eine lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe abzusitzen, so werden bei der Feststellung der „besonderen Schwere der Schuld“ die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt (§ 57b StGB). Dies sind so einzelfallbezogene Kriterien, dass wir uns hierzu weitere Ausführungen ersparen.

Rechtsmittel

Gegen eine Ablehnung der Aussetzung (egal nach welcher Vorschrift) ist die „sofortige Beschwerde“ gegeben. Die heißt deshalb so, weil sie, mit oder ohne Begründung, binnen einer Woche nach Zustellung der Entscheidung bei der Strafvollstreckungskammer, deren Entscheidung einem_r nicht passt, eingegangen sein muss. Entscheiden muss über die Sache dann das zuständige Oberlandesgericht. Wird die Aussetzung gewährt, so kann allerdings auch die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung „sofortige Beschwerde“ erheben. D.h., die erfreuliche Entscheidung wird erst nach einer Woche ab Zustellung bei der Staatsanwaltschaft rechtskräftig. Erklärt die Staatsanwaltschaft nicht vorher Rechtsmittelverzicht, muss der_die Gefangene bis zum Ablauf der Woche noch drin bleiben.

Reststrafengesuch

Wenn sie Deinen Antrag auf 2/3 ablehnen, kannst Du ihn wiederholen. Beachte aber, dass das Gericht für weitere Anträge eine Sperrfrist von bis zu sechs Monaten festsetzen kann (§ 57 Abs. 6 StGB). Inhaltlich gilt hier das selbe wie bei der 2/3 Entlassung. Hier musst du jedoch in jedem Fall selbst einen Antrag bei der Strafvollstreckungskammer stellen. Gleiches gilt, wenn Du einen schon einmal ausgesetzten Strafrest verbüßt, weil die Bewährung widerrufen wurde.

Gnadengesuche

Diese Gesuche kannst du jederzeit stellen. Weil es in den einzelnen Bundesländern verschiedene „Gnadeninstanzen“ gibt, die wir nicht alle aufführen können, ist es am sinnvollsten, wenn du Deinen Gnadenantrag an den_die jeweilige_n Ministerpräsident_in schickst. Diese_r muss, falls er nicht selbst entscheidet, den Antrag an die zuständige Stelle weiterleiten. Sitzt Du alerdings wegen Staatsschutzdelikten, musst du den Gnadenantrag an den Bundespräsidenten stellen. Bei Gnadengesuchen müssen ganz ungewöhnliche Gründe, insbesondere außerordentliche Härten für den_die Gefangene_n und oder seine_ihre Familie vorliegen, ansonsten werden sie Dein Gesuch ablehnen und auf die anderen Möglichkeiten der Strafaussetzung verweisen.

28. Antrag für ausländische Gefangene auf vorzeitige Abschiebung (vor vollständiger Verbüßung der Haftstrafe in der BRD)

Wenn du ausländische_r Gefangene_r bist und Dir die Freiheit in der Heimat wichtiger ist als die „Resozialisierung“ in deutschen Landen, kannst Du bei der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf vorzeitige Abschiebung stellen (Antrag gemäß § 456a StPO). Der Antrag gemäß § 456a StPO ist zu richten an die in der Strafsache zuständige Staatsanwaltschaft, unter dem Aktenzeichen, welches – in der Regel – oben auf dem Urteil steht. Formulierung:

„In der Strafsache gegen mich, AZ: Js … beantrage ich, von der weiteren Vollstreckung der gegen mich verhängten Freiheitsstrafe abzusehen, § 456a Abs. 1 StPO“

Aus der Begründung sollte sich ergeben, welche Ausländerbehörde für die Ausweisung und Abschiebung zuständig ist und welche ausländerrechtlichen Maßnahmen schon gegen Dich ergriffen wurden. Damit ist schon der erste „Haken“ der Geschichte angesprochen. Sollte Ausweisung oder Abschiebung noch nichts rechtskräftig sein, muss praktisch der_die Gefangene selbst das ausländerrechtliche Verfahren gegen sich beschleunigen oder sogar erst in Gang bringen. Zur Beschleunigung ist es deshalb am besten, wenn man einen Durchschlag des Antrags an die zuständige Ausländerbehörde sendet mit der Bitte, sich mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in Verbindung zu setzen. Die Ausländerbehörden sind dann – oft im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – in der Regel erfreut und leiten die erforderlichen Schritte in die Wege. Argumentiere wie folgt:

„Der Strafvollzug in der Bundesrepubik Deutschland stellt für mich eine besondere Härte dar, da ich sprachlich und kulturell in der Anstalt völlig isoliert bin. Ich beantrage daher, mich zum frühstmöglichen Zeitpunkt zu entlassen.“

Der Antrag gemäß § 456a StPO hat einen weiteren Haken: Die Staatsanwaltschaft ist oftmals versucht, die Entscheidung bis zum 2/3-Zeitpunkt hinauszuzögern. Dies vor allem, wenn sie keine Neigung verspürt, dem Antrag stattzugeben. Um den 2/3-Zeitpunkt gibt sie dem Antrag dann statt. Das hat zur Folge, dass der Strafrest vollstreckt wird (werden kann), sobald der Betroffene wieder in der Bundesrepublik angetroffen wird. Teilweise wird nach der Abschiebung sogar ein vorsorglicher Vollstreckungsbefehl erlassen. Diese Nachteile bestehen bei den oben geschriebenen Formen der vorzeitigen Entlassung nicht. Dann kann der Rest nur vollstreckt werden, wenn eine neue Straftat in der Bewährungszeit vorkommt oder sonst massiv gegen Bewährungsauflagen verstoßen wurde. Vergiss daher nicht, dass auch Ausländer_innen Anträge auf „Halbstrafe“ oder auf „2/3“-Entlassung stellen können. Auch wenn Erfolge hier seltener sein dürften als bei Deutschen, ist das besser als ein Antrag nach § 456a StPO, insbesondere wenn du in der Bundesrepublik bleiben willst. Lehnt die Staatsanwaltschaft den Antrag ab, ist dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG gegeben. Der ist an das zuständige Oberlandesgericht zu richten. Da es sich aber um eine reine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft handelt, hat man da wenig Aussicht.


24.2. Musterbegründungen für Anträge und Beschwerden

Das Arbeiten mit den folgenden Musterbegründungen ist nicht einfach: Wir haben einige allgemeine Begründungen ausgesucht, die man bei immer wieder auftretenden Problemen anwenden kann. Dein Problem ist aber auch immer ein besonderes. Hinzu kommen die Regelungen deiner Anstalt, die Strafe, wegen der du sitzt, dein Ansehen dort, Besonderheiten der Situation, in der du rechtlich vorgehen willst. All das ist in den Mustern nicht erfaßt. Sie können daher nur Hilfsmittel sein, das juristisch zu begründen, was du erreichen willst. Ihr Wert ist nur die Anerkennung, die die Juristen ihrem eigenen Zeugs geben. Für dich haben sie nur Wert, wenn du sie einigermaßen richtig anwendest. Entscheidend ist daher zunächst, daß du immer möglichst genau mit deinen eigenen Worten sagst, was du willst und wogegen du dich wendest. Wenn dazu eine Musterbegründung paßt — umso besser. Wenn eine nicht so ganz paßt, versuch sie auf dein Problem hin umzuformulieren. Wenn das nicht geht, laß die juristischen Sachen lieber weg. Wichtig ist aber, daß du ein Strafvollzugsgesetz mit den Verwaltungsvorschriften zur Hand hast, mit dem du argumentieren kannst. Und noch etwas: Schreibt nur einer einen Antrag, so. fällt es der Anstalt nicht schwer, diesen abzulehnen. Machen dies aber viele und immer wieder, so werden die Beamten vielleicht mürbe, weil es ihnen zu viel Arbeit macht und sie geben nach. Wenn du dich auf juristische Argumentationen einläßt, wie wir in den folgenden Musterbegründungen, mußt du dir im klaren sein, daß die ganze Juristerei, von ihren Folgen abgesehen, was sehr Lächerliches ist. Das auffälligste an juristischen Texten ist, daß andauernd zitiert wird, und zwar aus den Urteilen und Kommentaren, also letztlich aus dem, was andere Juristen geschrieben haben. Andere Wissenschaften belegen mit Fakten oder Statistiken. Die Juristen, wie dies im Mittelalter in allen Wissenschaften üblich war, mit Zitaten. Da viele Juristen vieles gesagt haben, kannst du immer irgendwo eine Stelle finden, wo jemand gesagt hat, daß das, was du gerade brauchst, dir auch zusteht. So sind wir auch in den Mustern vorgegangen. Wenn du also irgendwas aus diesen zitierst, sei dir im klaren, daß es auch genug andere Aussagen anderer Juristen gibt, die dem widersprechen. Begründet ein Jurist überhaupt, -warum er sich für diese und nicht für jene Meinung entschieden hat, tut er dies meist mit an den Haaren herbeigezogenen, beliebig austauschbaren Argumenten, oder er stellt fest, dies sei „herrschende Meinung" (abgekürzt h.M.). Die „herrschende Meinung" braucht unter Juristen nicht näher begründet zu werden. Dementsprechend ist die unlogische Aussage eines hohen Gerichts im allgemeinen mehr wert, als die logische eines niedrigen. Eine gute juristische Begründung ist also keineswegs eine Versicherung Recht zu bekommen, aber hier und da soll's schon mal genützt haben; zumindest macht's dem Richter mehr Arbeit. Ein Problem beim Zitieren ist, daß du dich meist auf reformerische Autoren berufen mußt, die zwar liberalisieren, gleichzeitig aber auch den Knastbetrieb aufrecht erhalten, oft genug sogar „effektivieren" wollen. Das Programm dieser Reformer ist: statt offener Repression, Sicherheitsmaßnahmen, die der Gefangene nicht spürt, solange er spurt. In den Musterentwürfen haben wir versucht, diese Reformatoren (z.B. Calliess/Müller-Dietz und den Altemativkommentar) so einzubauen, daß die moderneren und besseren Sicherheitsmaßnahmen, die sie im Kopf haben, nicht gleich mitbeantragt werden. Bevor wir zu den Musterbegründungen für eine Reihe von besonderen Problemen kommen, zunächst noch ein paar wichtige allgemeine Hinweise zum Argumentieren, die man bei allem, was man beantragt (oder wogegen man sich beschwert) beachten sollte: Wie in der U-Haft so wird du auch in der Strafhaft ständig den bekannten alles- und nichtssagenden Floskeln begegnen, mit denen dir alles verboten und nichts erlaubt wird.

Die „Sicherheit und Ordnung" in der Anstalt

Hier wird man fast immer entgegnen können, daß eine allgemein behauptete Gefährdung von Sicherheit und Ordnung nie ausreichen kann, irgendetwas zu verbieten oder anzuordnen. Solange die Anstaltsleitung keine konkreten Gründe für ihre Befürchtung vorbringen kann, ist die Maßnahme rechtswidrig. Nennt die Anstalt tatsächlich konkrete Gründe, so mußt du in deiner Entgegnung versuchen, unwahre Behauptungen und Beschuldigungen zu widerlegen. Aber selbst wenn einmal die Sorge um Sicherheit und Ordnung „berechtigt" wäre, so dürfte die Maßnahme oder das Verbot nicht „unverhältnismäßig" sein.

Mensch baut seine Beschwerde oder den Antrag auf gerichtliche Entscheidung dann also folgendermaßen auf, indem man ausführt,

- daß eine abstrakt behauptete Gefahr für Sicherheit und Ordnung eine solche Maßnahme nicht rechtfertigen kann,

- daß eine konkrete Gefahr nicht vorliegt und

- daß selbst dann, wenn die unwahren Behauptungen der Anstaltsleitung zutreffen würden, die Maßnahme gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) verstossen und daher mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar wäre.

Dabei ist es immer sinnvoll, Verstöße gegen ein Vorschrift aus dem Strafvollzugsgesetz sowie Grund- und Menschenrechtsverletzungen als Folge der Maßnahme der Anstalt zu benennen. In der Einleitung zum Abschnitt 23.3. (Musterbegründungen U-Haft) sind wir bereits etwas ausführlicher darauf eingegangen, wie man mit dem Argument der „Sicherheit und Ordnung" umgehen kann. Das dort Gesagte gilt weitgehend auch für die Strafhaft.

Das „Vollzugsziel"

Anders als in der U-Haft, wo es nur um die Sicherung des Strafverfahrens geht und du noch ab unschuldig betrachtet werden mußt, soll nach dem Gesetz in der Strafhaft „der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen" (§ 1 StVollzG). Das klingt erst einmal sehr „fürsorglich", bedeutet aber letztendlich, daß du nicht nur gefangen gehalten sondern auch noch entmündigt werden sollst. Die Anstalt maßt sich an zu entscheiden was angeblich „das Beste für dich" sein soll. Wenn du dich überhaupt darauf einlassen willst, mit dem „Vollzugziel", dem Anspruch auf „Resozialisierung" zu argumentieren, so ist es sinnvoll, bei Anträgen oder Rechtsmitteln immer mit Aus- und Weiterbildungsinteressen, Erhaltung von Kontakten nach draußen, Informationsbeschaffung, um den Anschluß nicht zu verlieren, etc. zu argumentieren. Schreibe, daß die dauernden Beschränkungen, Verbote, Disziplinarmaßnahmen nicht gerade geeignet sind, dich auf die „Freiheit" vorzubereiten.

Bevor wir nun zu den einzelnen Begründungsmustern kommen, hier noch ein Verzeichnis der (leider nicht zu vermeidenden) Abkürzungen:

Abs. Absatz
AK Alternativkommentar zum Strafvollzugsgesetz (herausgegeben von Wassermann im Verlag Luchterhand1980)
Art. Artikel (Grundgesetz)
BT Bundestags
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zitiert nach Band und Seite)
Callies/Müller-Dietz Kommentar zum Strafvollzugsgesetz (zitiert nach Paragraph und Randnummer)
ff. und folgende (Seiten oder Paragraphen
gem. gemäß
GG Grundgesetz
Grünau Kommentar zum Strafvollzugsgesetz (zitiere nach Paragraph und Randnummer)
JVA Justizvollzugsanstalt
MDR Monatszeitschrift für deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite)
NJW Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite)
OLG Oberlandesgericht
Rdnr. Randnummer (im Kommentar)
S. Seite
StVollzG Strafvollzugsgesetz
Ü.-Geld Überbrückungsgeld
vgl. vergleiche
VV StVollzG Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz
ZfStVollz(SH) Zeitschrift für Strafvollzug (Zeitschrift für Strafvollzug)


Überblick zu den Musterbegründungen:

Zu diesen Sachen/Problemen kannst du auf den folgenden Seiten Musterbegründungen finden. Du kannst sie für alle Rechtsmittel verwenden:

1. Gegenstände, allgemeine Argumentation

2. Schreibmaterialien

3. Ausstattung des Haftraumes

4. Fernseher

5. Radio

6. Schallplattenspieler

7. Walkman

8. Kassettenrekorder

9. Tischlampe

10. Kochplatte, Tauchsieder

11. Geschirrspülmittel, Seife, Zahncreme etc.

12. Briefe

13. Zeitungen, Zeitschriften

14. Bücher

15. Pakete

16. Besuche

17. Einkauf, Geld

18. Verpflegung

19. Aufschluß

20. isolierende Massnahmen

21. Urlaub

21.a Lockerungen

22. Verlegung in eine ändere Anstalt

23. Selbstbeschäftigung

24. Kleidung, Wäsche

25. Telefon

26. Arbeitspflicht

27. Vorzeitige Entlassung

28. Antrag für migrantische Gefangene auf vorzeitige Abschiebung

(vor vollständiger Verbüssung der Haftstrafe in der BRD)

1.Gegenstände, allgemeine Argumentation

Zunächst eine allgemeine Argumentation, die du für jeden Antrag benutzen kannst:

Die Genehmigung eines Gegenstandes setzt nicht voraus, daß ich daran ein besonderes Bedürfnis vorweise! Die Vertagung der Genehmigung ist daher unzulässig, da sie nicht erforderlich ist, um eine reale Gefahr abzuwehren und im übrigen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaß- und Schikaneverbot verstößt, (vgl. BVerfG in NJW 1973 S. 1363).

Häufig argumentieren die Anstalten damit, daß du schon so viele Sachen auf deiner Zelle hättest und es nicht einsichtig sei, warum du noch mehr brauchst. Oder damit, daß die Zelle zu unübersichtlich würde. Begründe dann, daß deine Zelle sehr wohl noch zu überblicken ist und daßdieser Gesichtspunkt nicht alleiniger Maßstab deines Lebens in der Anstalt sein darf. Im übrigen:

Genehmigungen zur Überlassung eigener Habe(§83 Absatz 1StVollzG} sollen nach den in § 81 StVollzG normierten Grundsätzen großzügig erteilt werden.(OLG Frankfurt am Main vom 16.1.1.979 -3 Ws 692/78 (StVollG)-). Insofern ist die Ablehnung meines Antrages vom... durch die Anstalt/der Beschluß der Anstalt, den Gegenstand ... zur Habe zu nehmen, rechtswidrig. (OLG Frankfurt in Zfstr. VO 1979, 187)

Gegenstände der Fortbildung und Freizeitbeschäftigung

Wenn es um Bücher, Bastelmaterial, Schreibmaterial, Pflanzen, Blumen etc. geht kannst du dich auf das Srafvollzugsgesetz berufen:

§ 70 StVollG gewährt mir außerdem das Recht zum Besitz von Gegenständen, die der Fortbildung oder der Freizeitbeschäftigung dienen. Die Auswahl der Gegenstände ist in mein Belieben gestellt (siehe dazu OLG Koblenz in ZftStrVo 1980, S. 190).

Normalerweise musst du diese Sachen auf eigene Kosten anschaffen. Kostenlos kannst du jedoch mindestens Schreibmaterial von der Anstalt verlangen, wenn du dafür kein Geld hast:

Aus der Pflicht der Anstalt, meinen Verkehr mit Personen ausserhalb der Anstalt zu fördern (§ 23 Satz 2 StVollzG), ergibt sich auch die Verpflichtung, finanzielle Barrieren für mich in angemessenem Umfang abzubauen (siehe Joester in: AK $ 28 Rz. lo). Insbesondere das nötige Schreibmaterial ist mir von der Anstalt zu stellen (siehe VVStVollzG Nr. 2 zu § 28).

Hast du selbst Briefpapier mitgebracht oder ist dir welches zugesandt worden, kannst du verlangen, dass es dir nach Prüfung durch die Anstalt ausgehändigt wird (vgl. Grunau § 26 Rdnr. 6). Die Verweigerung des Papiers muss vom Anstaltsleiter begründet werden.

2.Schreibmaterialien

Während sich allgemein die Meinung durchgesetzt hat, dass mechanische Schreibmaschinen zur notwendigen Ausrüstung eines jeden Gefangenen gehören (AK § 70 Rz. 7), gibt es Schwierigkeiten mit der Bewilligung elektrischer und elektronischer Schreibmaschinen. Argumentiert wird seitens der Behörden, es sei leicht, in ihnen etwas zu verstecken und diesbezügliche Kontrollen seien im Gegensatz zu mechanischen Geräten zu aufwendig. Dies allerdings darf die Anstalt nicht einfach allgemein als Grund für eine Ablehnung vorbringen. Sie muss sich konkret mit der angeblich erhöhten Schwierigkeit der Sicherheitskontrolle der von dir beantragten Schreibmaschine auseinandersetzen (OLG Frankfurt v. 6.2.1985, 3 Ws 125/85). Wenn die Anstalt dennoch mit einer Sicherheitsgefährdung argumentiert, kannst du hilfsweise eine Verplombung des Geräts beantragen (vgl. Baumann, Strafverteidiger 1985, S. 294). Schließlich ist wegen des Grundsatzes der sozialen Gleichbehandlung von Gefangenen in der Anstalt auch noch von Bedeutung, ob andere Gefangene solche Schreibmaschinen haben, ob also elektrische oder elektronische Schreibmaschinen als „anstaltsüblich“ anzusehen sind (OLG Frankfurt v. 6.2.1985, 3 Ws 125/85). Grundsätzlich ist es Aufgabe der Anstalt, dafür zu sorgen, daß ich als Gefangener Zugang zu Freizeitgegenständen, -wozu auch Schreibmaterial gehört, erhalte (vgl Brandt/Huchting in: AK § 70 Rdnr. 6).

Das Schreibmaterial hat die Anstalt zu stellen, jedoch kann ich mir durch Vermittlung der Anstalt auch eigenes Briefpapier kaufen. Eingebrachtes oder das von mir eingebrachte (mir zugesandte) Briefpapier, das die Anstalt zur Habe genommen hat, muß mir nach Prüfung ausgehändigt werden, (vgl. Grünau § 28 Rdnr. 3).

Die Verweigerung des Papiers muß vom AL begründet werden. Wenn du keine Arbeit hast („schuldlos") und daher kein Geld und auch sonst keine „Geldquellen":

Aus der Förderungspflicht in § 23 Satz 2 StVollzG ergibt sich für die Anstalt auch die Verpflichtung finanzielle Barrieren für mich in angemessenem Umfang abzubauen (siehe Joesier in: AK § 28 Rdnr. 10). Da ich die Kosten nicht selbst aufbringen kann, muß die Anstalt die Kosten übernehmen, (siehe auch VVStVollzG Nr. 2 zu § 28).

In jedem Fall sind dringende Briefe an Behörden und Gerichte von der Anstalt zu finanzieren (foester in AK § 28 Rdnr


3.Ausstattung des Haftraumes

Du hast das Recht, deinen Haftraum „in angemessenem Umfang“ mit eigenen Sachen auszustatten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 StVollzG). Es ist anerkannt, dass darunter nicht nur Einrichtungsgegenstände und Dekorationsobjekte, sondern auch elektrische Geräte und Küchenutensilien gehören. Dem Recht auf Ausstattung des Haftraumes muss auch „ein Anspruch auf Einkauf zulässiger Ausstattungsgegenstände entsprechen“ (OLG Zweibrücken v. 12.2.1986). Häufig argumentieren die Anstalten damit, dass du die Sachen gar nicht benötigst (darauf kommt es aber nicht an: OLG Celle v. 18.7.1985, OLG Zweibrücken v. 12.2.1986) oder damit, dass du schon so viele Sachen auf deiner Zelle hättest und diese zu unübersichtlich würde. Begründe dann, dass dieser Gesichtspunkt nicht alleiniger Maßstab deines Lebens in der Anstalt sein darf und dass deine Zelle sehr wohl noch zu überblicken ist. Im übrigen:

Genehmigungen zur Überlassung eigener Habe sollen nach den in § 81 StVollzG normierten Grundsätzen grosszügig erteilt werden (OLG Ftankfurt in ZfStrVO 1979, s. 187). Insofern ist die Ablehnung meines Antrags vom … durch die Anstalt/ der Beschluss der Anstalt, den Gegenstand … zur Habe zu nehmen, rechtswidrig.

Einleitung

Die Benutzung von Elektrogeräten setzt natürlich eine eigene Steckdose voraus. Die musst du vielleicht erst einmal beantragen. Wenn eine Steckdose in der Zelle ist, so solltest du die Geräte mit Netzanschluss beantragen, so sparst du viel Geld für Batterien. Ein Batteriegerät kann dir dann immer noch genehmigt werden. Es liegt im Ermessen der Anstalt, die Stromzufuhr nachts zu sperren. Sie muss bei so einer Entscheidung aber immer einerseits dein Interesse sowie den Grundsatz, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden soll (§ 3 Abs. 1 StVollzG), andererseits eventuelle Gefahren für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt berücksichtigen (OLG Celle NstZ 1981 S. 238). Wenn du als Rundfunk- oder Fernsehteilnehmer_in Gebühren bezahlst, kannst du eine Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 1 Abs. 7 Ziffer 7a der BefreiungsVO bei der Rundfunkanstalt deines Bundeslandes beantragen (vgl. VG Bremen, Strafverteidiger 1986, S. 67).

4. Fernseher

Zunächst eine allgemeine Argumentation, die du für jeden Antrag benutzen kannst: Nach der Lehre und nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG räumt das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 1 GG gerade auch das Recht auf freie Wahl der allgemein zugänglichen Informationsquellen ein (BVerfG 12,205 (260); 15, 2S8 ff). Es ist unstreitig, daß auch der Fernseher zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen gehört, aus denen sich nach Art. S Abs. 1 GG jedermann, also auch ich als Gefangener, ungehindert unterrichten darf (OLG Hamburg MDR 1969, 238 ff). Wenn du nicht mit einem Ausbildungsinteresse argumentieren kannst, wird sich die Anstalt regelmäßig darauf berufen, daß deine Informationsfreiheit durch die Zulassung von Zeitschriften und Zeitungen sowie durch ein § 69 StVollzG entsprechendes Informationsangebot der Anstalt ausreichend gewährleistet sei. Dagegen argumentiere:

Ich habe einen Anspruch auf die Benutzung eines eigenen Fernsehers, da die Gesamtheit der übrigen in der Anstalt vorhandenen Informationsquellen die Programmlücken des gemeinschaftlichen Fernsehens nicht ausgleichen können. Programmlücken sind insbesondere dadurch gegeben, daß im gemeinschaftlichen Fernsehempfang der JVA ... keine oder nur selten Informationssendungen gezeigt werden, sondern nur Tagesschau und Spielfilme. Auch wenn Tageszeitungen politische und kulturelle Information liefern; sind sie kein Ersatz für das Fernsehen mit seiner aktuellen und vor Ort stattfindenden Berichterstattung mit allen ihren visuellen Eindrücken, die unerläßlich sind, um sich im Zeitalter des Fernsehens qualifizierte Informationen zu verschaffen und ein eigenes Urteil zu bilden, (vgl. dazu OLG Hamburg ZfStVollz 1980, S. 190 ff). Besondere Argumentationen: Es ist mir durch den frühen Nachteinschluss nicht möglich, mein Informationsinteresse durch die Teilnahme am Gemeinschaftsfernsehen genügend zu befriedigen (OLG Celle v. 8.11.1985 – 3 Ws 547/85 Strvollz). Ich beantrage daher eine Verlängerung des Gemeinschaftsfernsehens. Für den Fall, dass die Zeit für das Gemeinschaftsfernsehen aus vollzugsorganisatorischen Gründen nicht verlängert werden kann, beantrage ich hilfsweise, mir Einzelfernsehen zu gestatten.

Ich befinde mich in Einzelhaft und kann daher am Gemeinschaftsfernsehen nicht teilnehmen (OLG Frankfurt NstZ 1982, 350; KG v. 19.10.1981 – 2 Ws 141/81 Vollz; Schwind/Böhm § 69 Rz.7).

Ich bin Nichtraucher und bekomme beim Gemeinschaftsfernsehen durch den Zigarettenrauch Kopfschmerzen, Augenbrennen, Husten, Heiserkeit … Derartige Beeinträchtigungen meiner Gesundheit sind mir nicht zumutbar vgl. OLG Hamm NstZ 1984, 574; LG Heilbronn MDR 1984, 427).

Ich nehme an einem allgemeinbildenden (Hauptschulabschluß etc.) berufsbildenden Unterricht teil, nämlich der Ausbildung... In diesen Fällen des § J8 StVoiizG muß schon dann ein eigener Fernseher genehmigt werden, - wenn dieser eine bessere Ausbildung gewährleistet. In meinem Fall ist eine bessere Ausbildung durch die Sendungen ... und dadurch gewährleistet, daß ich für die Fächer Politik und Gesellschaftskunde weitere Informationen aus dem Fernseher beziehen kann. Mein Recht auf einen eigenen Fernseher ergibt sich im übrigen auch aus § i Abs. I und 2 StVollzG (vgl. dazu OLG Hamburg ZfStVollz 1980, S. I90ff). im Zusammenhang mit der folgenden Argumentation solltest du beantragen, einen Fernkurs in Sprachen, Physik etc. machen zu können, zu dem es Fernsehkurse gibt:

Ich beabsichtige in meiner Freizeit an einem Fortbildungskursus über ... teilzunehmen (vgl. § 67 StVollzG). Inhalte dieses Kurses nur durch die Teilnahme an der Fernsehsendung... . Da mir bestimmte Bildungsinhalte nur durch den Fernseher und nicht anders vermittelt werden können, muß mir der Fernseher genehmigt werden (OLG Hamburg IfStVoll 19X0, S. 127ff).

Ich kann infolge von Krankheit/ Gebrechlichkeit nicht am Gemeinschaftsfernsehen teilnehmen (OLG Hamm v. 13.1.1986 1 Vollz Ws 251/85; LG Krefeld v. 26.11.1985 – 33 VollzG 11/85). Ich leide insbesondere an Durchblutungsstörungen und habe daher Anspruch auf Zulassung eines Einzelfernsehers (OLG Celle v. 13.2.1985 – 3 Ws 43/85 Vollz). Oder: ich leide an Sehschwäche oder Schwerhörigkeit und habe daher Anspruch auf Zulassung eines Einzelfernsehers (OLG Frankfurt v. 17.2.1979 – 16 Vollz 18/79). Falls, die Anstalt mit „Sicherheit und Ordnung" argumentiert:

Es ist seit Jahren in der Rechtsprechung anerkannt, daß die Aushändigung eines eigenen batteriebetriebenen Fernsehers an Gefangene im Strafvollzug nicht die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet (vgl. schon OLG Celle j Ws30U72; OLG Oldenburg 2 Ws 94/71). ' Es bleibt natürlich das Problem, wie du die Anschaffung des Fernsehers finanzierst, wenn du niemanden draußen hast.

5. Radio

Du kannst die allgemeine Argumentation über Informationsfreiheit von der Musterbegründung zum Fernseher auch für das Radio übernehmen. Nur den Begriff Fernseher durch Radio ersetzen. Haben schon andere Gefangene in der Anstalt Radios, kannst du damit argumentieren, daß bei einer Nichtgenehmigung bei dir der Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 GG verletzt ist. Wenn die Anstalt „Sicherheit und Ordnung" anführt, weise darauf hin, daß das Radiogerät ja verplombt werden kann. Je sicherer die Anstalt ist, in der du sitzt, um so weniger kann die Sicherheit der Anstalt durch ein Radio mit UKW- Teil gefährdet sein (OLG Celle, Blätter für Strafvollzugskunde 6/1981, 8). Verbleibende Sicherheitsrisiken müssen mit Rücksicht auf Angleichungsgrundsatz (§ 81 Abs. 2 StVollzG) hingenommen werden (OLG Frankfurt v. 14.11.1979 – 3 Ws 331/78). Nichts anderes gilt in Hochsicherheitstrakten (OLG Celle vom 20.3.1981 – 3 Ws 498/80).

6. Schallplattenspieler

Grundsätzlich besteht ein Recht des Gefangenen auf den Besitz eines jeden Gegenstandes, soweit nicht ein Ausschlußgrund des § 70 StVollzG vorliegt. Für Ermessungsentscheidungen der Anstalt ist kein Raum. Der Besitz eines Schallplattenspielers bedeutet keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt (Schwind/Böhm § 81 Rz. 10). Sollte dies aus unerfindlichen Gründen dennoch angenommen, werden, beantrage hilfsweise eine Verplombung oder den Erwerb eines Schallplattenspielers in Plexiglasbauweise durch Vermittlung der Anstalt. Jedenfalls ist eine generelle Ablehnung eines Antrages rechtswidrig (vgl. OLG Koblenz in ZfStVollz 1980 S. 190; Schwind/Böhm § 70 Rz. 7). 7. Walkman

Wenn du etwa einen Sprachkurs mit Kassetten machen willst, kannst du einen Walkman beantragen. Die Sicherheit der Anstalt wird durch einen Walkman grundsätzlich nicht gefährdet (vgl. OLG Koblenz v. 22.5.1985 – 1 Ws 277/85).

8. Kassettenrekorder

Um z.B. eine Fremdsprache zu erlernen, kannst du einen Kassettenrekorder beantragen. Du solltest möglichst ausführlich begründen, warum du die Sprache erlernen willst und dass du sie hierzu im Original hören musst. Wenn dann die Anstalt unter Berufung auf Gerichtsurteile antwortet, jegliche Verwendung von Kassettenrekordern stelle eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt dar, so antworte, dass die Annahme abstrakter Gefahren nicht genüge (Schwind/Böhm § 81 Rz. 10; Callies/ Müller-Diez § 70 Rz. 2; AK § 70 Rz. 8), sondern vielmehr konkrete Gefahren genannt werden müssen.

Notfalls argumentiere:

Wenn mir schon zum Sprachenlernen aus Sicherheitsgründen kein Kassettenrekorder erlaubt wird, dann aber jedenfalls ein Plattenspieler (OLG Frankfurt BlSTV 6/81, S. 7; OLG Zweibrücken ZfStrVO 1981, 214). Du kannst ruhig auch Musikinstrumente beantragen, wenn du Lust dazu hast. Kleine Instrumente (Flöte, Gitarre) werden schon öfters genehmigt.

9. Tischlampe

Die Genehmigung zum Besitz einer Tischlampe wird durch § 19 StVollzG geregelt. Die Lampe kann von der Anstalt gemäß § 19 Abs. 2 StVollz ausgeschlossen werden. Bei einer Ablehnung deines Antrages auf Besitz einer Tischlampe muss die Anstalt jedoch eine Begründung vorlegen, aus der ersichtlich wird, worin die Unübersichtlichkeit oder die Gefahr konkret bestehen soll (OLG Celle, NstZ 1981, 238). Zusätzlich muss die Anstalt auch den Grad der drohenden Gefahr gegen dein Interesse an einer Tischlampe abwägen und berücksichtigen, dass das Leben im Knast den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden soll (§ 3 Abs. 1 StVollzG). Dein Interesse an einer Tischlampe kann z.B. sein, dass du viel lesen musst (z.B. Fortbildung) oder/ und du wegen des grellen und indirekten Neonlichtes in deiner zelle an Sehstörungen leidest, denen durch das direkte Licht einer Tischlampe während des Lesens und des Schreibens wirksam entgegengetreten werden kann.

10.Kochplatte, Tauchsieder

Zum Antrag auf Besitz einer Kochplatte/ Tauchsieders und zu der möglichen Ablehnung dieses Antrages durch die Anstalt gilt das gleiche wie oben bei der Tischlampe:

(die Verweigerung einer Kochplatte/ eines Tauchsieders im Haftraum stellt eine besondere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 StVolIzG dar). Die Anstalt muss die drohende Gefahr benennen und gegen deine Interessen abwägen (OLG Celle NstZ 1981, 238 zu § 19 StVollzG). Dabei müssen wiederum die allgemeinen Lebensverhältnisse soweit wie möglich berücksichtigt werden. Eine Abwägung liegt z.B. nicht vor, wenn die Anstalt meint, du brauchst keinen Heisswassertopf, weil du anderweitig heisses Wasser erhalten könntest. Ein solcher Bescheid entspricht nicht dem Gesetz /OLG Celle v. 7.10.82 – 3 Ws 332/82 StVollzG).

11. Geschirrspülmittel, Zahncreme, Seife etc.

In etlichen Anstalten werden Seifen, Zahncreme, Geschirrspülmittel etc. kostenlos von der Anstalt ausgegeben. Dies ist nur recht und billig, da der Staat eine Fürsorgepflicht für die von ihm Eingesperrten hat. Erkundige dich also und beantrage das auch gleich, du kannst dann auch wieder Geld sparen. Falls in „deiner“ Anstalt keine kostenlose Reinigungsmittel ausgegeben werden, dann beschwere dich und argumentiere mit dem Gleichheitsgrundsatz, weil in anderen Knästen das Zeug ausgegeben wird (Knäste namentlich angeben!). So erhält z.B. in Hamburg jeder Gefangene kostenlos: Kernseife, Zahncreme, Rasierseife, Rasierklingen, Schuhcreme (beim Stationsbeamten), Zahnbürsten, Schnürsenkel, Kamm (auf der Kammer). Mindestens wenn du keine Arbeit und daher auch kein Geld hast, kannst du auch wie folgt argumentieren:

Da ich unverschuldet arbeitslos bin, steht mir kostenlos Seife, Zahncreme (etc.) zu. Dies beruht auf der allgemeinen Fürsorgepflicht der Anstalt und speziell auf der Verpflichtung der Anstalt, für meine Gesundheit zu sorgen (§ 56 StVollzG)

12. Briefe

Allgemeines zur Briefkontrolle:

Einschränkung des Briefverkehrs:

Eine Beschränkung deines Schriftverkehrs wegen der Menge deiner Briefe ist absolut unzulässig (§ 28 StVollzG)

Porto:

Du solltest versuchen, deine Briefe von der Anstalt frankieren zu lassen (die Portofrage ist umstritten, vgl. Joester in AK § 28 Rz. 10). Kann sich die Anstalt dazu nicht entschliessen, dann darf sie jedenfalls unfrankierte Briefe auch nicht anhalten (OLG Celle In ZfStrVoSH 1979, 46). Mindestens aber die lokale Post an gerichte und Behörden kannst du zur kostenlosen behördenpost geben (Joester in AK § 28 Rz.10)

Briefkontrolle:

Wegen der „Gefährdung von Sicherheit oder Ordnung" oder deiner „Behandlung" kann die Anstaltsleitung-— aber nur sie! — eine Überwachung deines Briefverkehrs anordnen. Für das Vorliegen solcher angeblicher Gefährdungen müssen allerdings konkrete, durch ein Gericht nachprüfbare Anhaltspunkte gegeben sein (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139). Davon ausgenommen sind grundsätzlich der Schriftwechsel mit dem Verteidiger und Petitionen (S 29 StVollzG). Auch darf der Briefverkehr mit Anstaltsbeiräten nicht überwacht werden (§ 164 Abs. II, S.2 StVollzG).

Gegen die Briefüberwachung kannst du so argumentieren:

Es liegen keine konkreten Gründe der Behandlung (Sicherheit/Ordnung) vor, weil …

An dieser Stelle musst du das Vorbringen der Anstalt entkräften.-

Daher ist die Überwachung rechtswidrig {vgl. Grünau § 29 Rdnr. $), Denn die Anstalt hat nicht ausreichend die mit der Briefüberwachung verbundene Belastung meiner Kommunikation mit der Außenwelt beachtet (vgl. BT-Drucksache 71918, 59 in Calliess/Maller-Dietz § 29 Rdnr. 2).

Die Beamten der Zensur dürfen bei der Briefüberwachung weder „Randbemerkungen anbringen noch einzelne Stellen durchstreichen oder unkenntlich machen" (VV Nr. 2 Abs. 3 zu § 29 StVollzG). Auch darf der Anstaltsleiter die Überwachung des Briefwechsels grundsätzlich nicht an einen Aussenstehenden (z.B. Polizeibeamten) abgeben (OLG Celle 2f StrVollzG 1979, 54 OLG Frankfurt vom 30.12.1985). Die Anstalt wird Schreiben in fremder Sprache übersetzen lassen (VV Nr. 2 Abs.. 1 Satz 3 zu § 29 StVollzG). Die Kosten dafür muß aber die Staatskasse tragen (VV Nr. 3 zu § 29 StVollzG). Abschliessend zu diesem Thema sei gesagt, dass die Anstalt deine ein- oder ausgehende Post schnell und zügig weiterzuleiten hat. Formuliere z. B. so:

Die Anstalt muß gemäß § 30 Abs. 2 StVollzG alle Schreiben unverzüglich weiterleiten. Auch die Überwachung meines Schriftwechsels darf keine Verzögerungen zur Folge haben (BT-Drucksache 7/9IS, S. 60).

Das bedeutet, die Weiterleitung muss ohne schuldhafte Verzögerung erfolgen (Schmidt/Böhm;30 Rz.2). Normale Schreiben und erst recht Zustellungen, die am Vormittag eingehen, sind im Regelfall bis zum Abend zu verteilen. Ist Post am Wochenende eingegangen, muss sie spätestens bis Montagabend dem Gefangenen ausgehändigt werden (LG Trier v. 9.1.86 -57 Vollz 210/86).

Anhalten von Briefen:

Die Anstalt muß dir immer mit teilen, daß und aus welchen Gründen ein Brief angehalten wurde. (§ 31, Abs. 3 Satz 1 StVollzG). Teile des Briefes, auf die sich die Anhaltebegründung nicht bezieht, müssen dir mitgeteilt werden (VV Nr. 1 Satz 2 zu § 29 StVollzG). Frag also mal nach. Angehaltene Briefe müssen auf Kosten der Anstalt an den Absender zurückgeschickt werden, denn:

Das Anhalten eines Briefes ändert an den Eigentumsverhältnissen nichts. Deshalb sind solche Schreiben grundsätzlich an den Absender, zurückzugeben (BT-Drucksache 713998, 17).

Deshalb sollten Leute von draußen grundsätzlich ihre (oder eine „bessere") Adresse auf den Brief schreiben. Eine allgemeine Argumentation gegen das Anhalten:

Stets muß die Anstalt beachten, welcher Schaden durch das Anhalten eines Briefes hervorgerufen wird, zumal darin die Einschränkung des Grundrechts auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. I GG liegt(Galliess/Müller- Dietz § 31 Rz. 1). Diesen Grundsatz hat die Anstalt nicht beachtet, indem sie mir ohne ausreichende Begründung einen Teil meiner Kommunikation nach außen abgeschnitten hat. Ein paar Argumente gegen Anhaltebegründungen (in § 31) StVollzG sind alle aufgezählt), die am häufigsten benutzt werden:

Gefährdung der „Sicherheit oder der Ordnung" der Anstalt:

In Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung der Meinungsfreiheit darf der Briefverkehr aufgrund der Generalklausel des § 31 StVollzG nur in begründeten Ausnahmefällen unterbunden werden (vgl. Joester in AK § 31 Rdnr. 2). Daher müssen von der Anstalt konkrete, im Einzelfall bestehende und durch ein Gericht überprüfbare Gefährdungen vorgetragen werden (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139). Geringfügige Beeinträchtigungen oder Gefährdungen können das Anhalten von Briefen nicht rechtfertigen. Kein Anhaltegrund ist das Führen eines Künstlernamens, wenn nicht darüber hinaus konkrete Gründe angeführt werden. Mangelnde Identifizierung alleine reicht als Anhaltegrund nicht aus (OLG Celle v. 15.7.81, 3 Ws 173/81). Da es um die Sicherheit derjenigen Anstalt geht, in der Du einsitzt, reicht es zum Anhalten auch nicht aus, wenn Du einen Brief erhälst über Sicherheitsvorkehrungen einer anderen Anstalt (OLG Hamburg NstZ 1981,239). Ebenfalls kein pauschaler Anhaltegrund ist in der Regel der Kontakt mit Mittätern oder gar mit anderen Gefangenen (Joester in AK § 31 Rz. 3; zu Mitgefangenen vgl. auch OLG Zweibrücken v. 16.12.83 – 1 Ws 74/83). Auch hier muss die Anstalt konkrete Gründe anführen. Schriftwechsel mit der Presse ist zumindest so zu behandeln wie der Schriftwechsel mit jedem anderen (OLG Hamm MDR 1979, 428). Auch ein vergleich von Haftbedingungen sowie die Wiedergabe von Zitaten aus Presseberichten über den sogenannten „Terrorismus“ zählen als pauschale Anhaltegründe nicht (OLG Celle v. 17.3.80 – 3 Ws 45/85; Calliess/Müller-Dietz § 31 Rz 2).

„Grob unrichtige Darstellungen von Anstaltsverhältnissen":

Wie bei allen Argumentationen mußt du dich mit der Begründung der Anstalt auseinandersetzen und versuchen nachzuweisen, daß dein Brief genau das beschreibt, was in der Anstalt passiert:

Die Begriffe „grob unrichtig" und „erheblich entstellend" sind im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (zur Bedeutung für Gefangene vgl. BVerfGE 33,1(16)) besonders eng auszulegen (Joester in AK § 31 Rdnr. 6). Meine Darstellung ist weder, „grob unrichtig" noch „erheblich entstellend, sondern in vollem Umfang zutreffend (näher ausführen). Aber selbst wenn meine Angaben falsch wären, wäre das Anhalten des Briefes absolut rechtswidrig, da hier kein „besonders schwerer Fall" zu erkennen ist. (vgl. CalliesslMüller-'Dietz §31 Rdnr. 4).

Wenn die Anstalt meint, dein Schreiben nach draußen stelle die Verhältnisse grob unrichtig dar, kann sie ein „berichtigendes" Begleitschreiben beilegen. Wenn du davon erfährst, ohne daß die Anstalt es dir mitgeteilt hat, kannst du dich beschweren, da dich die Anstalt gem. VV Nr. 2 zu § 31 StVoIlzG davon zu unterrichten hat. Beschwere dich außerdem darüber, daß die Anstalt auf deine Kosten (Porto) ihre eigenen Briefe mitschickt.


Bei „groben Beleidigungen":

Du kannst beschreiben, wie sich die von dir „beleidigte" Person verhält und daß dir deswegen das von dir für diese Person benutzte Wort ganz zutreffend vorkommt und von dir auf jedenfall in Wahrnehmung berechtigter Interessen ausgesprochen oder aufgeschrieben wurde(Schönke/Schröder § 185 StGB Rz. 7). Für nahe Angehörige gibt es noch eine besondere Argumentation:

Mit Rücksicht auf die Erhaltung des grundgesetzlich geschützten Instituts der Familie (Art. 6 Grundgesetz) ist beim Anhalten von Briefen zwischen mir und meinem Ehepartner besonders „großzügig" zu verfahren. Auch in der durch den Strafvollzug bedingten Trennungssituation muß es mir und meinem Ehepartner weitestgehend ermöglicht werden, eine offene Kommunikation — auch über Anstaltsverhältnisse etc. — zu führen (BVerfG in NJW1976,1629; nach Grünau § 31 Rdnr. 5 für Strafvollzug analog anwendbar).

Aber auch auf enge Freunde muss letztere Argumentation ähnlich anzuwenden sein. Versuch's doch mal so:

Der grundsätzlich garantierte Schutz meiner Privatsphäre umfasst nicht nur meine nahen Angehörigen, sondern gibt mir auch ein uneingeschränktes Äusserungsrecht gegenüber Menschen aus vergleichbar vertraulichen Freundeskreisen, so dass durch eine „Beleidigung“ das Anhalten meines Briefes an einen nahestehenden Freund nicht zu rechtfertigen ist. Jedem Menschen muss nämlich ein letzter Freiraum verbleiben, wo er befreit von rechtlichen Sanktionen vertrauliche Gespräche führen bzw. Briefe schreiben kann, und in denen er durchaus auch seinen angestauten Emotionen Luft verschaffen darf (Rudolphi SK § 185 StGB Rz. 18/19; Lackner § 185 StGB Anm. 3b).

Fremde Sprache, Geheimschrift:

Dieser Anhaltegrund liegt nicht vor, weil der Brief von einem (oder an einen) migrantischen Gefangenen ist, der die deutsche Sprache nicht beherrscht. Wenn die Anstalt schon eine Überwachung für erforderlich hält, muss sie auch selbst für eine Übersetzung des Schreibens sorgen (BT-Drucksache 7/918, 60), deren Kosten grundsätzlich die Staatskasse zu tragen hat (Calliess/Müller- Dietz § 31 Rz. 2). Wenn die Anstalt die Schreiben von und an ausländische Gefangene dennoch anhält, helft ihnen beim Beschweren! wenn ein Brief wegen der Anlagen (z.B. Zeitungsausschnitte, Bilder, etc.) angehalten wird, dann muss Dir zumindest der Brief ausgehändigt werden. Aus anderen als in § 31 Abs. 1 StVollzG genannten Gründen dürfen Briefe nicht angehalten werden (Calliess/Müller-Dietz § 31 Rz 31).

Einschränkung des Briefverkehrs: Eine Beschränkung Deines Briefverkehrs wegen der Menge deiner Briefe ist absolut unzulässig.

Um meinen Kontakt zur Außenwelt möglichst intensiv zu gestalten, ist es für mich notwendig. einen sehr umfangreichen Briefwechsel zu unterhalten. Eine Beschränkung »meines Briefverkehrs wegen der Menge der Briefe ist gerade wegen dieser Intention, auf die auch § 28 StVollzG abzielt, unzulässig (siehe dazu Grunau § 28 Rdnr. 1).

Das Verbot eines Schriftwechsels mit bestimmten Personen ausserhalb der Anstalt (§ 28 II StVollzG) kann nur gegenüber den Gefangenen, nicht aber der aussenstehenden Person ergehen (OLG Zweibrücken v. 2.10,1986 – 1 Vollz. (Ws) 74/86).

Briefwechsel mit bestimmten Personen:

Wenn Dein Briefwechsel mit bestimmten Personen ganz verboten wird:

Das Verbot meines Briefwechsels mit ... durch die Anstalt verstösst gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz aus § 81 Abs. 2 StVollzG. Denn wenn die Anstalt schon der Auffassung ist, der Briefwechsel zwischen mir und ... könne so nicht zugelassen werden, dann hat sie nicht deutlich gemacht, warum sie den von ihr angenommenen angeblichen Gefahren nicht auch im Wege der Briefkontrolle nach § 31 StVollzG begegnen kann (Joester in AK § 28 Rz. 5).

Auch können, wie schon mehrfach erwähnt, geringfügige Beeinträchtigungen der Ordnung in der Anstalt kein Verbot des Schriftwechsels begründen, weil das „Behandlungs- und Eingliederungsinteresse“ grundsätzlich Vorrang hat (LG Amberg InfoStVollzPR 1986, 139).

Schriftverkehr zwischen Gefangenen

Er darf nicht anders behandelt werden als sonstiger Schriftverkehr. Dies gilt auch für den Schriftverkehr zwischen männlichen und weiblichen Gefangenen (OLG Zweibrücken v. 16.12.1983 – 1 Ws 74/83).

13. Zeitungen, Zeitschriften

Bei der Zensur kann man zwei Arten feststellen: Das generelle Bezugsverbot einer bestimmten Zeitung/ Zeitschrift und das Anhalten einzelner Seiten bzw. ganzer Ausgaben.

Zum generellen Bezugsverbot:

Die Anstalt darf den Bezug einer Zeitschrift oder Zeitung nicht generell untersagen. Die Auswahl unter den Zeitungen und Zeitschriften steht mir völlig frei, soweit deren Verbreitung nicht mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Das Grundrecht der Informationsfreiheit läßt eine Auswahl der Publikationen unter Gesichtspunkten der Behandlung sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht zu (Callies/Müller-Dietz (68 Rz I; BT- Drucks. 7/918, S. 74).

zum Anhalten einzelner Seiten bzw, ganzer Ausgaben:

Die Anstalt darf dir nach § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften nur dann vorenthalten, wenn sie das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden, Der Grundsatz der Informationsfreiheit führt aber dazu, dass der Ausschluss von Zeitungen oder Zeitschriften auf das unerlässliche Mass zu beschränken ist (OLG Celle v.19.3.1980 – Ws 109/80). Als „unerlässlich“ hat das Bundesverfassungsgericht nur solche Massnahmen bezeichnet, „ohne die der Strafvollzug zusammenbrechen würde“ (BverfGE 41, 284). Die Anstalt muss auch prüfen, ob eine schonendere Massnahme ausreicht, um die Funktionsfähigkeit des Strafvollzuges sicherzustellen (BverfGE 41, 251).

Das Anhalten der ... (Zeitung/ Zeitschrift) ist keinesfalls unerlässlich. Denn … (hier musst du gegen die Begründung der Anstalt argumentieren!) Die Entscheidung der Anstalt verletzt daher das Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz. Wenn die Anstalt Unterschiede macht zwischen Zeitungen, die sie dir vermittelt und denen, die du selbst beziehst:

Auch wenn die Zeitungen nicht durch die Vermittlung der Anstalt bezogen werden, sind sie nur nach den Grundsätzen des § 68 Absatz 2 StVollzG zu beurteilen (OLG Celle in ZfStrVO 1980, 59).

Du hast das Recht, einzelne Seiten bzw. Ablichtungen, ebenso einzelne Nummern von Zeitschriften als Brief geschickt zu erhalten. Insoweit bedarf es keiner Genehmigung oder gar „Vermittlung“ durch die Anstalt im Sinne des § 68 Abs. 1 StVollzG (OLG Celle v. 13.2.1984 – 2 Vollz (Ws) 52/83, OLG Frankfurt v. 12.1.1982 – 3 (Ws) 817/81 StVollz).

Wenn eine Zeitung regelmäßig angehalten wird, obwohl kein generelles Bezugsverbot vorliegt:

Durch die permanente Annahmeverweigerung der Zeitung ... vgl. Annahmeverweigerungen vom .... etc., durch die Anstalt wird de facto ein Bezugsverbol für die Zeitung durchgeführt. Ein solches Bezugsverbot ist rechtswidrig (Hier die Ausführungen vom generellen Bezugsverbot).

14.Bücher

Nach § 70 Abs. 1 StVollzG hast du -“in angemessenem Umfang“ - das Recht auf Besitz und Bezug von Büchern. Besitz heisst nicht nur Verfügungsmöglichkeit in Deiner Zelle, sondern im gesamten Anstaltsbereich (Lesen eines Buches beim Hofgang, vgl. OLG Celle v. 6.2.1980 – 3 Ws 34/80 StVollz). Wenn die Anstalt argumentiert, Bücher dürften grundsätzlich nur über den Buchhandel oder direkt vom Verlag bezogen werden:

Auch in diesen Fällen muss stets geprüft werden, ob nicht von dieser grundsätzlichen Regelung eine Ausnahme gemacht werden muss, weil z.B. das von mir gewünschte Buch vergriffen ist oder wenn mir der Kauf eines teuren Nuches nicht zuzumuten ist, weil ich es geschenkt bekommen kann (KG NstZ 1084, 478 m. Anm. Heischel).

Argumentiert die Anstalt mit einer Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und Ordnung der Anstalt (§ 70 Abs, 2 StVollzG), so muss sie eine Gefahr gerade in Deinem persönlichen Fall nachweisen (OLG Celle v. 11.5.1981 – 3 Ws 312/81 StVollzG).

15. Pakete

Die Anstalt muss Merkblätter zum Paketverkehr haben und Dir gem. VV Nr. 9 zu § 33 StVollzG aushändigen. Wenn Du noch kein solches Merkblatt erhalten hast, verweise einfach auf die erwähnte Verwaltungsvorschrift. Du hast einen Anspruch darauf, dreimal im Jahr — Weihnachten, Ostern und Geburtstag — ein Paket mit Nahrungs- und Genussmitteln zu empfangen (§33 StVollzG). Bei Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften können auch deren hohe Feiertage als Versendungszeitpunkt genommen werden. Katholiken können es mal mit dem Namenstag probieren.

Allgemeines:

Über die Annahmeverweigerung und derer, Grund bin ich zu unterrichten (W Nr.S Abs. 3 Satz 3 zu § .!.! StVollzG). Die Anstalt darf bei Paketen aus dem Ausland nie die Annahme verweigern (VV Nr. $ Abs. .> zu 5 .).! StVollzG).

Wenn du ein Paket zu einem anderen Zeitpunkt als zu diesen Terminen haben willst, weil Du z.B. kurz vor Weihnachten aus dem Knast rauskommst oder weil Du kurz vor einem der anderen Regeltermine Geburtstag hast oder weil Du aus anderen Gründen den Paketempfangszeitpunkt ändern willst, argumentiere wie folgt:

Da die VV Nr. 1 Abs. 1 zu § 33 StVollzG zu eng und somit rechtswidrig ist (vgl. OLG Hamm v.29.3.79 – 1 Vollz Ws 16/79), ist mir die wahl zu lassen, ob ich den Paketempfang über das jahr verteilen will oder nicht (vgl. Joester AK § 33 Rz. 3). Ich beantrage hiermit einen Paketempfang zu folgenden Zeitpunkten …

Annahmeverweigerung:

Sollte die Anstalt die Annahme Deines Paketes verweigern, so bist du davon und über die Gründe der Annahmeverweigerung zu unterrichten (VV 5 III, 2 zu § 33 StVollzG). Die Anstalt darf bei bei Paketen aus dem Ausland nie die Annahme verweigern (VV 5 III zu § 33 StVollzG). Wirst du aus Sicherheitsgründen vom Paketempfang ausgeschlossen, argumentiere wie folgt: Den Sicherheitsbedenken ist durch sorgfältigere Kontrollen zu begegnen, der Ausschluss vom Paketempfang ist daher unverhältnismässig (vgl. LG Düsseldorf v. 8.12.82 – StVollzG 5/82; OLG Hamm b. 16.2.84 – 1 Ws 9/84).

Gewichtsgrenze:

Eine Beschwerde gegen die Verweigerung wegen Überschreitung des zulässigen Höchstgewichts (5 kg) Weihnachtspaket, jeweils 3 kg die beiden anderen Pakete) kannst du z.B. so begründen:

Da die zulässige Höchstgrenze nur unerheblich überschritten wurde, ist das Anhalten des Pakets nicht gerechtfertigt. Das Paket muß mir also ausgehändigt werden (Calliess/Müller-Dietz § 33 Rz. 1; Joester AK § 33 Rz. 8).

Befindet sich das Paket noch in der Anstalt kannst du hinzufügen:

Hilfsweise beantrage ich, daß das Mehrgewicht aufbewahrt und mir der restliche Inhalt ausgehändigt wird (vgl. Joester AK § 33 Rz. 8).

Weitere Pakete

Du kannst dir auch weitere Pakete zusenden lassen, brauchst dazu aber die Erlaubnis der Anstalt. Diese Erlaubnis solltest Du grundsätzlich vorher einholen, um Komplikationen zu vermeiden (siehe auch OLG Frankfurt v. 2.7.82 – 3 Ws 318/82). Beachte aber, dass Nahrungs- und Genussmittel auf die oben genannten drei Pakete beschränkt sind. Argumentiere gegen die Ablehnung Deines Antrages:

Die beantragten Pakete sollen Unterrichts- und Fortbildungsmittel/ Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung/Entlassungskleidung enthalten. Die Voraussetzungen der VV Nr. 3 zu § 33 StVollzG sind also erfüllt. Auch der Gesetzgeber hat dem Paketempfang einen hohen Stellenwert unter dem Gesichtspunkt der Erleichterung der Lebensführung für den Gefangenen, und der Festigung seiner Beziehungen zu Außenstehenden eingeräumt (vgl. Regierungsentwurf zum StVollzG, S. 62). Da die entsprechende Vorschrift großzügig zu handhaben ist (Joester in: AK § 33 Rdz. 10), muß mir derrEmpfang weiterer Pakete gestaltet werden, wenn nicht zwingende und nachprüfbare Gründe der Sicherheit und Ordnung dagegen sprechen. Im übrigen habe ich einen Anspruch auf Vorbereitung auf die Entlassung, und der Inhalt des Paketes dient diesem Zweck (vgl. Calliess/Müller- Dietz § 33 Rz. 3).

Kosten:

Wenn dir durch Paketempfang Kosten entstehen und du kein oder nur wenig Geld hast, ist die Anstalt verpflichtet, die Kosten zu übernehmen (vgl. Protokolle des Deutschen Bundestages 1976 S. 1849; VV Nr. 8 zu § 33 StVollzG). Dies gilt auch, wenn Du ein Paket verschicken willst; insbesondere dann, wenn Du ein Paket Prozessunterlagen an Deinen Verteidiger schickst (OLG Koblenz NstZ 83, 96; ZfStrVO 32, 378).

Sondereinkauf statt Paket:

Bekommst du kein Paket, hast du die Möglichkeit des Sondereinkaufes gem. VV 6 zu § 33 StVollzG. Geht nach einem Ersatzeinkauf aber noch in der 2-Wochenfrist der VV 5 zu § 33 StVollzG ein Paket für dich ein, darf das Paket keineswegs zurückgeschickt werden, da VV 6 II 2 zu § 33 StVollzG wegen § 33 Abs. 1 Satz 3 StVollzG rechtswidrig ist (Joester AK § 33 Rz. 11).

16. Besuch

Jeder Gefangene hat ein Recht darauf, grundsätzlich jeden Besucher für längere Zeit zu empfangen (Sonderausschuss des Bundestages BT-Drucksache 7/3998 S. 13), wobei die Zahl der Besucher nicht beschränkt werden darf (Joester AK § 24 Rz. 8). Auch Gruppenbesuche sind zulässig, in Ausnahmefällen (z.B. Verwandte aus dem Ausland) auch mehr als drei Besucher auf einmal (Calliess/Müller-Dietz § 24 Rz. 11). Sollte dennoch einer Deiner Besucher abgewiesen werden, so weise ihn darauf hin, dass er hiergegen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG stellen kann (OLG Frankfurt NstZ 1982, S. 221). Du kannst aber natürlich jeden Besucher ablehnen (VV Nr. 1 zu §24 StVollzG), so u.a. auch Behördenvertreter wie z.B. Kriminalbeamte, es sei denn, dass auch der Bürger ausserhalb der Anstalt zu einem Kontakt mit der betreffenden Institution gezwungen werden könnte, wie z.B. bei einer richterlichen oder staatsanwaltlichen Vernehmung (Joester AK § 24 Rz. 2). Auf alle Fälle musst Du jedesmal vor einem Besuch gefragt werden, ob Du den Besucher überhaupt sehen willst. Mindestens steht dir eine Stunde Besuch pro Monat zu (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StVollzG). Sollte die Besuchszeit gegen deinen Willen z.B. in Besuchszeiten unter 30 Minuten aufgeteilt werden, so weise darauf hin, dass es in diesem Fall zu keinem inhaltlichen Gespräch mehr kommen kann (Joester AK § 24 Rz. 4; Schwind/Böhm § 24 Rz. 10). Handelt es sich bei Deinen Besuchern um Berufstätige bzw. um Auswärtige mit einem erheblichen Anreiseweg, dann muss der Besuch auch am Wochenende genehmigt bzw. die zeitliche Zusammenfassung mehrerer Besuche ermöglicht werden (Joester AK § 24 Rz. 9 unter Verweis auf BverfG NJW 1976, S. 1311). Bei Auswärtigen besteht dabei, soweit es sich um Familienangehörige handelt, sogar die Möglichkeit der Übernahme der einmal monatlich wegen des Anstaltsbesuchs anfallenden Fahrtkosten durch das Sozialamt der Heimatstadt im Rahmen der §§ 12 und 27 BSHG, da Besuche zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählen und somit auch zum notwendigen Unterhalt gehören (OVG Münster v. 28.3.1984 ZfStrVO 1985, S. 118). Findet darüber hinaus neben der gesetzlich festgelegten Mindestbesuchszeit in einem bestimmten Teilbereich der Anstalt noch eine zusätzliche Gemeinschaftssprechstunde statt, so hast Du, selbst wenn Du Dich in einem anderen Bereich der Anstalt befindest, eventuell auch hierauf ein Teilnahmerecht. Du musst in diesem Fall nur nachweisen, dass du 1. nicht nur vorübergehend, sondern offenbar für die gesamte Dauer der Strafvollstreckung in diesem nicht derart bevorzugten Bereich untergebracht bist, und dass Dir 2. nicht angelastet werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen, auf die du keinen Einfluss nehmen kannst, nicht vorliegen, so z.B. die Anwesenheit eines ständigen Gruppenleiters (LG Berlin v. 6.9.1985 InfoStVollzPR 1985, S, 373 ff.). Desweiteren ist die Anstalt nach § 24 Abs. 2 StVollzG dazu verpflichtet, weiteren Besuch zuzulassen, wenn Du dies beantragst. Dazu gibt es zwei Begründungsmöglichkeiten:

-Der Besuch dient persönlichen/rechtlichen/geschäftlichen Angelegenheiten, die ich persönlich mit dem Besucher besprechen muß, weil...

-Der Besuch ist notwendig, um durch die Kontinuität der Kontakte mit Personen außerhalb der Anstalt meine Fähigkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen— auch im Hinblick auf später — zu entwickeln.

Letzteres umfasst z.B. auch den Besuch eines freigewählten Arztes oder eines Sachverständigen zwecks Erstellung eines Privatgutachtens, wobei es sich allerdings nach Meinung des OLG Hamm nicht um ein Privatgutachten über vollzugsspezifische Fragen handeln darf (Beschluss v. 30.8.1984 NStZ 85, S. 191).Lehnt die Anstalt deinen Antrag ab, kannst du dagegen anführen:

Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Besuchsregelung des § 24 Abs. 1 StVollzG das absolute Minimum und „an den Aufgaben des Strafvollzuges gemessen zu wenig" ist (Regierungsentwurf zum StVollzG, S. 58). Der Ermessungsbeslimmung des § 24 Abs. 2 StVollzG kommt daher und auch unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Garantien des Gefangenen — nämlich der Gewährleistung einer kommunikationsfähigen Persönlichkeit — der Charakter eines Regelfalles zu (Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug, S. 198). Diesen Gesichtspunkt verkennt der Beschluß der Anstaltsleitung. Darüber hinaus gebietet es die Förderungspflicht der Anstalt, mir weitere Besuche zu gestatten (Joester in AK § 23 Rz. 3 und 5; § 24 Rz. 12; Calliess/Müller-Diez § 24 Rz. 1). Das trifft vor allem auf Besuche meiner engsten Bezugspersonen wie Verwandte, Verlobte etc. zu (Callies/Müller-Dietz, § 24 Rz. 4).

Nach § 25 StVollzG können die Besuche allerdings auch vom Anstaltsleiter untersagt werden. Wenn 1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde oder 2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne des StGB sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf dich haben. Wenn deiner Meinung nach keiner der Gründe aus Ziffer 1 oder 2 vorliegen, oder aber die Ermessensentscheidung gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen hat, kannst du gegen ein solches Besuchsverbot einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (zur Erteilung einer Besuchserlaubnis) stellen, da es sich bei den oben genannten Gründen um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die vom Gericht voll nachgeprüft werden können und deren Voraussetzungen das Geriht

Überwachung

Grundsätzlich findet der Besuch ohne Überwachung statt (§ 27 Abs. I StVollzG). Ordnet der Anstaltsleiter eine Überwachung an, muß er dies begründen.

Gegenargumente:

Die von der Anstalt für die Begründung der Besuchsüberwachung vorgebrachten Ereignisse/Gründe sind unzutreffend und könnten, selbst wenn sie zuträfen, nur als geringfügige Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gewertet werden. Dies ist jedoch kein ausreichender Anlaß für Überwachungsmaßnahmen.

Daß die Anstalt trotzdem die Überwachung angeordnet hat, stellt eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. (vgl. Calliess/Müller-Dietz § 27 Rz. 4). Da die Besuchsüberwachung auch nach den im Strafvollzug herrschenden Grundsätzen nicht aus Gründen der „Resozialisierung" oder „Sicherheit und Ordnung" unerlässlich notwendig ist (vgl. Grunau § 27 Rdnr. I), die Überwachung aber gleichzeitig einen schweren Eingriff in meine persönliche Sphäre und die meiner Besucher darstellt, ist die Anordnung der Überwachung rechtswidrig (vgl. BT-Drucksache 7/918, 58 ff.).

Dies trifft z.B. auch auf Intimkontakte zu, die vom Grundrechtsschutz (bei Verheirateten z.B. der Schutz der Ehe in Art. 6 GG) umfasst sind, und bei denen es nicht einzusehen ist, warum das Grundrecht des nicht inhaftierten Partners beeinträchtigt werden muss, zumal es sich hierbei nicht einmal um geringfügige und damit noch zulässige Störungen der Ordnung der Anstalt handelt (Joester AK § 27 Rz. 6; Calliess/Müller-Dietz § 27 Rz. 4, 8).

Die Überwachung darf allerdings nur durch den Anstaltsleiter oder einen von ihm dazu nach § 156 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ermächtigten nachgeordneten bediensteten durchgeführt werden. Unzulässig ist die Besuchsüberwachung durch einen Aussenstehenden und somit also auch durch einen Polizeibeamten oder anderen Behördenvertreter, es sei denn, dass der Verdacht besteht, dass beim Besuch geheime Nachrichten, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würden, übermittelt werden sollen und der mit der Überwachung betraute Bedienstete nicht über die erforderlichen Spezialkenntnisse bzw. das entsprechende Hintergrundwissen verfügt, um diese zu entschlüsseln. Sollte in Deinem Fall die Überwahung durch einen Aussenstehenden erfolgen, so kannst Du Dich aber immer noch auf die Vorschrift des § 34 StVollzG berufen, wonach die Vertraulichkeit der Wahrnehmung gewährleistet sein muss, denn die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht besteht nicht im verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn, so dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Überwachung erlangte Kenntnisse weiterverwertet werden (OLG Frankfurt 3 Ws 659-661/85).

Zum Verhalten des Lauscherbeamten:

Der Lauscherbeamte ...hat sich mehrfach in das Gespräch beim Besuchstermin vom ... eingemischt. Dies darf er auf keinen Fall, er hat seinen Mund zu halten (vgl. . Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug S. 199).

Wenn der Lauscherbeamte den Besuch abbricht, kannst du einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen (auf das Vorverfahren achten !) und die Feststellung beantragen, dass der Besuchsabbruch rechtswidrig war und in Zukunft in solchen Situationen zu unterbleiben hat. Im übrigen müsste der Lauscherbeamte die Besucher über die Vorschriften zum Besuch belehren (VV Nr. 3 zu § 24 StVollzG) und eine Abmahnung aussprechen, bevor er den Besuch abbrechen darf. (§ 27 Abs. 2 Satz 1 StVollzG). Hat er das nicht gemacht, liegt ein weiterer Grund für die Rechtswidrigkeit des Abbruchs vor. Rechtswidrig ist es auch, wenn der Besuchsraum, besonders wenn er noch mit einer Trennscheibe versehen ist, sowohl optisch (Fenster,Spion) als auch akustisch (schlechte Isolierung zum Nachbarraum) überwacht werden kann, da dies nicht mit den Rechtsstaatsprinzipien vereinbar ist (OLG Hamm v. 19.11.1984 MDR 1985, S. 434). Und letzlich kannst du dich in Hinblick auf die Übergabe von Gegenständen beim Besuch, die nur mit Erlaubnis möglich ist, auf den Angleichungsgrundsatz berufen, wonach es zu den Konventionen der Menschen in Freiheit gehört, bei Besuchen Geschenke auszutauschen. Allerdings musst du dich damit abfinden, dass sich diese Gegenstände in engen Wertgrenzen halten müssen, da hierdurch die Entstehung krasser sozialer Unterschiede im Gefängnis vermieden werden soll. Eine Überschreitung dieser Grenzen ist im Einzelfall aber dennoch möglich und zwar dann, wenn dein Besuch aus beruflichen oder entfernungsmässigen Gründen nicht jedesmal zur Regelsprechstunde kommen kann (KG Berlin v. 12.9. 1984 ZfStrVO 1985, S. 181).

17. Einkauf, Geld

Nach § 22 StVollzG ist Einkauf vom Eigengeld nur dann möglich, wenn der Gefangene ohne eigenes Verschulden (das wäre z.B. Arbeitsverweigerung) nicht über Haus- oder Tacshengeld verfügt (§ 22 Abs. 3 StVollzG). Hiervon gibt es eine Ausnahme: Man darf vom Eigengeld einkaufen, wenn man eines der Regelpakete (Weihnachten, Ostern, Geburtstag) nicht erhalten hat (VV Nr. 6 Absatz 1 zu § 33 StVollzG). I Diese Verwaltungsvorschrift bindet die Anstalt (OLG München in ZfStVollz 1980, S. 122). Es soll nun vorkommen, dass Geldspenden (Eigengeld) für den Einkauf von der Anstalt als notwendiges Überbrückungsgeld ( § 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG) zurückbehalten werden. Dagegen gibt es zwei Argumentationen, zuerst:

Ich will das Geld für Gegenstände verwenden, die meiner sogenannten „Eingliederung in die Gesellschaft" dienen (§ 53 Absatz 3 StVollzG), nämlich Jiir Zeitungen, Bücher ect. um mich wenigstens in Ansätzen mit Sachen zu beschäftigen, wie ich es auch in der Freiheit tue. In diesem l'all ist es der Anstalt verwehrt, vom Eigengeld Beträge für das notwendige Überbrückungsgeld zurückzuhalten (OLG München in ZfStVollz. I980, S. 122 ff).

Wichtiger ist aber, dass das Eigengeld nicht immer dann einbehalten werden kann, wenn der volle Betrag des Überbrückungsgeldes noch nicht erreicht ist:

§ 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG verlangt vielmehr nur, das der dem Ablauf der Strafzeit entsprechende Teilbetrag des Ü-Geldes als notwendiges Überbrückungsgeld zu zählen ist. Dieser Teilbetrag ist danach zu ermitteln, welcher Betrag in fortlaufender Fortschreibung zum voraussichtliche» Vollzugsende hin ein Erreichen des vollen Überbrückungsgeldes gewährleistet. D.h. z.B.. daß vom Eigengeld nichts abgezogen werden kann, wenn nach einem Drittel der Haftzeit ein Drittel des voraussichtlichen U-Geldes vorhanden ist. Nur dieser Teilbetrag kann als notwendiges U-Geld gemäß § 83 Absatz 3 Satz 2 StVollzG angesehen werden (vgl. OLG München in ZfStVollz 1980. S. 122 ff). Und nun ganz grundsätzlich gegen die Verwendung des Eigengeldes als Überbrückungsgeld:

Eigengeld darf grundsätzlich nicht zur Bildung des Überbrückungsgeldes herangezogen werden. Denn nur das Ü-Geld ist gem. § 51 Absatz 3 StVollzG während der Dauer der Strafverbüßung der Verfügung des Gefangenen entzogen (Calliess/Müller-Dietz § 51 Rdnr. 1). Die Inanspruchnahme von Eigengeld zur Bildung der Rücklage würde das Eigengeld einer Verfügungsbeschränkung unterwerfen, der es ansonsten nicht unterliegt. Dafür bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, die es im Strafvollzugsgesetz nicht gibt, insbesondere nicht in § 83 Absatz 2 Satz 3 StVollzG (zur ausführlichen Begründung vgl. OLG Frankfurt am Main in ZfStVollz 1979, S. 255 ff). Umgekehrt ist es aber sehr wohl möglich, Teile des Überbrückungsgeldes in bestimmten Fällen zum Einkauf zu verwenden:

Aufwendungen, die zur Vorbereitung einer beruflichen Tätigkeit nach der Entlassung dienen, können gem. § 51 Absatz 3 StVollzG vom Überbrückungsgeld bezahlt werden (vgl. OLG Frankfurt am Main in ZfStVollz 1979, S. 187 ff). Da ich das genannte Buch/Gegenstand zur Vorbereitung meiner Tätigkeit als … nach der Entlassung benötige und mir nicht genug Eigengeld zur Vefügung steht, muss mir die Beschaffung dieses Buches/Gegenstandes mit Mitteln des Überbrückungsgeldes ermöglicht werden. Ist Geld für einen Gefangenen in die Anstalt geschmuggelt worden, do darf der Betrag nicht dem Überbrückungsgeld gutgeschrieben werden, er ist nämlich als Eigengeld zu behandeln (OLG Celle vom 24.5.1983 (3 Ws 185/83 – StVollz) in ZfStrVO 1983, 383).

18. Verpflegung

Durch ständige und in großer Zahl vorgebrachte Beschwerden lässt sich vielleicht eine Verbesserung der Verpflegung erreichen. Hier eine kleine Argumentationshilfe:

Die Anstalt ist verpflichtet, für die „vollwertige Verpflegung nach den Grundsätzen der modernen Ernährungslehre" (VV Nr. 2 Abs. 2 zu § 21 StVollzG) zu sorgen. Dabei muss die Verpflegung nach dem Willen des Geselzgebers „gesundheitsfördernd, kräftigend, bekömmlich, abwechslungsreich und schmackhaft" sein, (BT-Drucksache 7/918, S. 56).

Sonderverpflegung:

Durch § 21 Satz 3 StVollzG wird die Anstalt verpflichtet, dir die Befolgung der Speisevorschriften deiner Religionsgemeinschaft zu ermöglichen, d.h. es müssen die Sachen, die du nicht essen darfst, durch andere gleichwertig ersetzt werden. Ist die Anstalt dazu nicht in der Lage, hast du ein Recht auf Selbstverpflegung (BT-Drucksache 7/918, S. 56). Die Anstalt muss dir also die Beschaffung deiner' Esswaren ermöglichen und auch weitestgehend finanzieren. Hierzu solltest du einen Antrag stellen und dich auf die Förderungspflicht aus §§ 2- 4 StVollzG berufen. (Calliess/ Müller- Dietz § 21 Rdnr. 5). Du brauchst dann natürlich auch eine eigene Kochplatte und einen Tauchsieder, um das Essen selbst zuzubereiten. Das gleiche gilt auch für überzeugte Vegetarier (Feest in: AK § 21 Rdnr. 2 und 4). Auf ärztliche Anordnung wird eine besondere Verpflegung gewährt. „In Betracht kommt dies nicht nur bei kranken und alten, sondern auch bei heranwachsenden, weiblichen und schwerarbeitenden Gefangenen" (Calliess/Müller-Dietz § 21 Rdnr. 3). Red doch mal mit dem Arzt … Der jedem Gefangenen rechnerisch zustehende Verpflegungssatz muss voll ausgeschöpft werden; wenn du kein Fleisch isst, musst du stattdessen etwas gleichwertiges erhalten. Dass die Anstalt Dir die Beschaffung Deiner Esswaren ermöglichen muss (s.o.) hat das OLG Hamm entschieden (allerdings nicht mehr) (OLG Hamm vom 14.12.1983, 7 Voll- Ws- 140/83).

19. Aufschluss

Wenn du eine längere Aufschlusszeit erreichen willst:

Da keine Gründe des § 17 Abs. 3 Nr. 1-4 StVollzG vorliegen, ist die Einzelunterbringung in der Freizeit rechtswidrig. Denn es entspricht den Intentionen des Gesetzgebers, das allgemein- menschliche Bedürfnis, sich in Gemeinschaft mit anderen aufzuhalten, hinreichend zu befriedigen (Calliess/Müller-Dietz § 17 Rdnr. 1 und 4; BT-Drucksache 7/918, S. 55). Von einer „hinreichenden“ Befriedigung dieses Bedürfnisses kann jedoch bei einem monatlichen Aufschluss von lediglich … Stunden nicht die Rede sein.

20.Isolierende Massnahmen

Allgemeines

Wenn du von anderen Gefangenen isoliert worden bist oder werden sollst, dann ist juristische Gegenwehr besonders nötig und auch besonders schwierig. Fordere die sofortige Benachrichtigung deines Anwalts oder einer anderen Vertrauensperson (wenn du Ausländer bist: eines Dolmetschers). Versuche Kontakt mit dem Anstaltsbeirat aufzunehmen (der dich unüberwacht aufsuchen darf: § 164 Abs. 2 StVollzG). Und stelle umgehend einen Eilantrag bei der Starfvollstreckungskammer:

Ich beantrage, den Vollzug der gegen mich getroffenen Isolationsmassnahme … (ausführen) bis zur Entscheidung über ihre Rechtmässigkeit auszusetzen. Diese Massnahme ist ungerechtfertigt, weil … (begründen, siehe unten). Eine Eilentscheidung ist erforderlich, weil durch den sofortigen Vollzug der Massnahme mein Recht auf Gemeinschaft während Arbeit und Freizeit (§ 17 StVollzG) vereitelt würde. Ein höher zu bewertendes Interesse an einem sofortigen Vollzug der Massnahme vermag ich nicht zu erkennen.

Nach Vollstreckung der Massnahme kannst du allenfalls noch die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit erreichen (§ 115 Abs. 3 StVollzG). Versuche in jedem Fall festzustellen, ob es sich um eine Disziplinarmassnahme oder um eine Sicherungsmassnahme handelt. Auch wenn die unmittelbaren Auswirkungen für dich die gleichen sind: die gesetzlichen Voraussetzungen und damit die Möglichkeiten der Gegenwehr sind sehr verschieden.

Disziplinarmaßnahmen

Die isolierenden Disziplinarmaßnahmen sind in § 103 Abs. 1 StVollzG aufgezählt: getrennte Unterbringung während der Freizeit; Entziehung der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung; schließlich: Arrest (d.h. Einzelhaft, evtl. in einem besonderen Arrestraum). Diese Isolationsmaßnahmen dürfen jeweils vier Wochen nicht übersteigen. Andere Formen der Isolierung von den Mitgefangenen sind als Disziplinarmaßnahmen nicht zulässig.

Pflichverstoss als Voraussetzung:

Disziplinarmaßnahmen dürfen gegen dich nur angeordnet werden, wenn du vorsätzlich gegen eine Pflicht aus dem Strafvollzugsgesetz oder der Hausordnung verstossen hast (§ 102 Abs. 1 StVollzG). Bestehe darauf, dass dir mitgeteilt wird, gegen welche Bestimmung du verstossen haben sollst (VV zu § 106 Ziff. 1). Argumentiere wie folgt:

Blosse Verstösse gegen Sitte und Anstand reichen als Grundlage einer Disziplinarmaßnahme nicht aus (BT- Drucksache 7/918, S. 81). Selbstmordversuch und Selbstbeschädigung dürfen nicht mit Disziplinarmaßnahmen beantwortet werden (Calliess/Müller-Dietz § 102 Rz. 3; AK § 102 Rz. 3; AK 102 Rz. 6). Auch aus § 4 Abs. 1 StVollzG ergibt sich für mich keine Verpflichtung, an der Gestaltung meiner „Behandlung“ und an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Dementsprechend kann mein passives Verhalten keine Disziplinarmaßnahme rechtfertigen (OLG Celle 4. 3. 1985 – 3 Ws 495/84 StVollzG).

Umstritten ist es, ob Flucht, Entweichung, Nichtrückkehr vom Urlaub oder die Begehung von Straftaten während der Strafverbüßung einen Disziplinartatbestand darstellen. Argumentiere wie folgt:

Ich darf nicht gezwungen werden, an meiner eigenen Einsperrung mitzuwirken. Meine Flucht (Entweichung, Nichtrückkehr etc.) verstößt insbesondere auch nicht gegen § 82 StVollzG, weil diese Bestimmung nur die Sicherheit bzw. Ordnung innerhalb des räumlichen Bereichs der Anstalt gewährleisten soll (Kaiser/Kerner/Schöch 1982, S. 180).

Die bloße Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten während der Zeit der Strafverbüßung stellt keinen Disziplinartatbestand dar, wenn damit nicht gleichzeitig gegen ausdrückliche Pflichten des Strafvollzugsgesetzes oder der Hausordnung verstossen wird (AK § 102 Rz. 6).


Arrest

Seine Verhängung ist nur unter den zusätzlichen engen Voraussetzungen des § 103 Abs. 2 StVollzG zulässig, d.h. Er darf nur „wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden“. In vielen Anstalten werden allerdings auch leichtere Verstösse zum Anlass für Disziplinarmaßnahmen genommen (z.B. Arbeitsverweigerung; betrunkene Rückkehr aus dem Urlaub; Beleidigung von Vollzugsbediensteten etc.) Dagegen solltest du dich wehren:

Als schwere Verfehlung sollten nur grobe Tätlichkeiten angesehen werden (Schwind/Böhm § 103 Rz. 6; AK § 103 Rz.4). Liegt nur eine „einfache Verfehlung“ vor, dann kommt Arrest erst bei der zweiten Wiederholung (d.h. Beim dritten Mal) in Frage.

Verfahren

Der Pflichverstoss muss in einem förmlichen Verfahren (§ 106 StVollzG: Sachverhaltsaufklärung; Anhörung des Gefangenen; Niederschrift) festgestellt und nachgewiesen werden. Um den Sachverhalt zu klären, muss die Anstalt sowohl belastende als auch entlastende Umstände ermitteln (VV Nr. 1 Abs. 1 zu § 106 StVollzG). Wenn du der Meinung bist, dass die Disziplinarmaßnahme auf Verfahrensmängeln beruht, solltest du auch diese rügen, z.B.:

Bei der Sachverhaltsaufklärung sind folgende Zweifel an meiner Schuld nicht ausgeräumt worden: … (ausführen). Diese Zweifel müssen zu meinen Gunsten gewertet werden (KG 17.10.1980 – 2 Ws 300/80 Vollz).

Sicherungsmassnahmen

In manchen Bundsländern (z.B. Hamburg, Bremen) gilt es als besonders liberal, statt der Disziplinarmaßnahme Arrest „besondere Sicherungsmassnahmen“ zum Zweck der Isolation zu verhängen: Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände („Beruhigungszelle“ § 88 Abs. 2 Ziff. 5 StVollzG), (vorübergehende) Absonderung von anderen Gefangenen (§ 88 Abs. 2 Ziff. 3 StVollzG) oder die unausgesetzte Absonderung („Einzelhaft“ § 89 StVollzG). Durch diese Sicherungsmassnahmen könne in der Praxis die engen Voraussetzungen und zeitlichen Begrenzungen (auf vier Wochen) des Disziplinararrestes unterlaufen werden, was dann gar nicht mehr liberal ist. Wenn eine Sicherungsmaßnahme gegen dich verhängt wird, nur um dich für vergangene „Pflichtverstösse“ zu disziplinieren, dann ist dies rechtswidrig und du kannst die Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt angreifen.

Gefahr als Voraussetzung Voraussetzung einer Sicherungsmaßnahme ist, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass bei dir entweder „In erhöhtem Maße“ Fluchtgefahr besteht oder die Gefahr, dass du Aggressionen gegen andere oder gegen Sachen oder gegen dich selbst entfaltest (§ 88 Abs. 1 StVollzG). Darüber hinaus sollen diese Maßnahmen sogar noch zulässig sein, wenn – unabhängig von deinem verhalten- nur dadurch die „Gefahr einer Befreiung oder einer erheblichen Störung der Anstaltsordnung vermieden oder behoben werden kann“ (§ 88 Abs. 3 StVollzG). Hier solltest du betonen, dass im Gesetzgebungsverfahren von einer engen Auslegung dieser weiten Bestimmung die Rede war:

Die gegen mich ergriffenen Sicherungsmaßnahmen sind rechtswidrig, da eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung gar nicht vorlag. Diese müsste nämlich der „Gefahr einer Befreiung“ entsprochen haben (Calliess/Mülleer-Dietz § 88 Rz. 3), wovon gar keine Rede sein kann. Nur eine enge Auslegung der Bestimmung kann den Intentionen des Gesetzgebers gerecht werden (Regierungsentwurf zum Strafvollzugsgesetz, S. 78).

Einzelhaft

Zusätzliche Voraussetzung für die Verhängung von Einzelhaft als Sicherungsmaßnahme ist es, dass die unausgesetzte Absonderung von anderen Gefangenen „aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, unerlässlich ist“ (§ 89 StVollzG). „Unerlässlich“ ist die Einzelhaft nur dann, wenn der gleiche Erfolg nicht durch andere, weniger schwerwiegende Massnahmen erreicht werden kann (z.B. Verlegung, spezielle med. Behandlung etc.).

Die gegen mich verhängte Einzelhaft ist aufzuheben, da andere weniger eingreifende Maßnahmen gar nicht versucht wurden (vgl. OLG Celle ZfStrVO 1980, S. 191).

Wenn du dennoch in Einzelhaft gelandet bist, solltest du dich gegen weitergehende Isolation (z.B. Besuchsverbote) wehren:

Einzelhaft darf nicht zu totaler Isolation führen. Insbesondere dürfen meine Kontakte zur Aussenwelt nicht unterbunden werden (Schwind/Böhm § 90 Rz. 1). Ich beantrage daher, das gegen mich verhängte Besuchsverbot aufzuheben.

Auch wenn die Einzelhaft im Gesetz zeitlich nicht begrenzt ist, folgt eine Begrenzung aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz:

Die gegen mich verhängte Einzelhaft ist aufzuheben, da sie ausser Verhältnis zu ihrem Anlass steht … (näher begründen). Im übrigen wird sie demnächst die Grenze von vier Wochen erreicht haben, die nach herrschender Meinung in der Regel nicht überschritten werden soll (vgl. Schwind/Böhm § 89 Rz. 3).

Verfahren

Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen normalerweise nur vom Anstaltsleiter oder dem Inspektor vom Dienst persönlich angeordnet werden (§ 91 StVollzG). Nur ausnahmsweise können auch andere Bedienstete die Maßnahme vorläufig anordnen, müssen aber unverzüglich die Entscheidung des Anstaltsleiters einholen. Ein förmliches Verfahren und eine Anhörung des Betroffenen sind nicht zwingend vorgeschrieben. Du solltest aber verlangen, dass der Anstaltsleiter vom Dienst dir die Entscheidung persönlich erläutert.

Einschränkung der gemeinschaftlichen Unterbringung

Manche Anstaltsleitungen versuchen, Isolationsmassnahmen zu verhängen und gleichzeitig Voraussetzungen der Disziplinar- bzw. Sicherungsmaßnahmen zu unterlaufen. Besonders beliebt ist es, die Isolation auf § 17 Abs. 3 StVollzG zu stützen, da die Voraussetzungen dort besonders gering sind. Wenn du auf diesem Wege Einzelhaftbedingungen unterworfen wirst, wehre dich wie folgt:

§ 17 Abs. 3 StVollzG gestattet nur eine „Einschränkung“, nicht den totalen Entzug der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit. Letzterer ist nur unter den Voraussetzungen des § 89 StVollzG möglich (OLG Frankfurt ZfStrVO 1979, S. 121; Schwind/Böhm § 17 Rz. 7). Wenn man mir eine schuldhafte Pflichtverletzung vorwirft, dann muss gezeigt werden, dass die Voraussetzungen der Disziplinarmaßnahmen vorliegen (OLG Nürnberg ZfStrVO 1980, S. 250; OLG München StrVert 1981, S. 246). § 17 Abs. 3 StVollzG darf nicht dazu missbraucht werden, die gesetzlichen Bestimmungen über Disziplinarmaßnahmen und besondere Sicherungsmaßnahmen zu unterlaufen.

Auch eine bloße Einschränkung der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit oder der Freizeit ist nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 StVollzG vorliegen, welche eng auszulegen sind:

Schädlicher Einfluss ist nicht schon in einem bloss moralisch unerwünschten Verhalten zu sehen. Die Voraussetzungen von § 17 Abs. 3 Ziff. 1 StVollzG liegen daher nicht schon deshalb vor, weil das schlechte Beispiel von Arbeitsverweigerung allgemein geeignet sein könnte, „Schule zu machen“ (OLG Nürnberg StrVert 1981, S. 245).

Auch die bloße Tatsache, dass du als unbelehrbarer Überzeugungstäter giltst und befürchtet wird, du könntest andere in politisch motivierte Starftaten verwickeln, reicht für Einschränkungen nicht aus (OLG Hamburg StrVert 1983, S. 187). Desgleichen sind die Begriffe „Sicherheit“ bzw. „Ordnung“ der Anstalt stets eng auszulegen, d.h. Die Einschränkungen müssen schon zwingend geboten sein. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, nicht bloß Vermutungen oder ein unbestimmter Verdacht (KG Berlin 19.4.1983 – 5 Ws 111/83 Vollz).

Einschluss

Unzulässig ist es, sich bei kurzfristigen Isolationsmaßnahmen auf § 81 StVollzG zu berufen (wie dies etwa in der JVA Bremen- Oslebshausen geschieht). § 81 StVollzG enthält keine eigene Eingriffsgrundlage. Bei einem Verstoss gegen „Pflichten“ sind nur Disziplinarmaßnahmen unter den Voraussetzungen der §§ 102 ff. StVollzG zulässig. Unter „Beschränkungen“ im Sinne von § 81 Abs. 2 sind nur die allgemeinen Sicherungsmaßnahmen der §§ 83- 87 StVollzG und die besonderen Sicherungsmaßnahmen des § 88 StVollzG zu verstehen, deren Vorausetzungen zusätzlich geprüft werden müssen.

21. Urlaub

Möglichkeiten eines Urlaubs sind im Strafvollzugsgesetz in §§13, 15, 35, 124 (Sozialtherapie) und 134 (Sicherungsverwahrung) geregelt. Nach §13 KANNST DU UNTER BESTIMMTEN Voraussetzungen an bis zu 21 Tagen im Jahr aus der Haft beurlaubt werden, Dieser sog. Regelurlaub stellt keine Belohnung für braves Vollzugsverhalten dar: die Tatsache, dass du mehr oder weniger häufig mit Disziplinarmaßnahmen überzogen wurdest, rechtfertigt allein noch nicht die Ablehnung deines Antrags. Der Regelurlaub dient vielmehr dazu, den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs (§3 Abs. 2 StVollzG) entgegenzuwirken und deine Kontakte nach draussen aufrecht zu erhalten. Du hast zwar keinen Anspruch auf Urlaub, aber ein Recht darauf, dass die Anstalt deinen Antrag genauestens prüft. Ausserdem muss die Anstalt rechtzeitig (ohne grosse Verzögerung) über deinen Urlaubsantrag entscheiden (BverfG ZfStrVO 1985, 311). Wenn die Anstalt den Antrag ablehnt, muss sie dir die entscheidenden Gründe mitteilen. Nicht ausreichend ist dabei der blosse Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 13 StVollzG:

Die Begründung ist nicht ausreichend, da sie meinen konkreten fall nicht berücksichtigt, sondern nur auf die Verwaltungsvorschriften verweist (OLG Velle JR 1978, 258). Mein Antrag darf nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, der Strafrest bir zur voraussichtlichen Entlassung betrage noch über 18 Monate (OLG Frankfurt NJW 1978, 334). Es genügt nicht, darauf hinzuweisen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde nicht zugestimmt hat (OLG Frankfurt 24.9.1986 – Ws 746/86 StVollz). Der blosse Hinweis auf die bei einem ausländischen Gefangenen bestehende Ausweisungsverfügung reicht als Begründung nicht aus (OLG Frankfurt B1StVK 1981, H. 4/5, S. 10).

Die Vollzugsbehörde darf auch nicht nur die alten Gründe einer früheren Urlaubsablehnung bei einem neuen Antrag wiederholen (OLG Celle 27.6.1986 – Ws 290/86 StrVollz). Eine im voraus festgelegte Urlaubssperre ist rechtswidrig (OLG Bremen NstZ 1982, 84). Wenn du es besonders weit nach Hause hast, kannst du den Urlaub mit einem Ausgang (§ 11 Abs. 2 StVollzG) kombinieren, um nicht deinen Urlaub auf der Reise zu verplempern (OLG Hamm NstZ 1986, 142). § 13 Abs. 2 StVollzG besagt, dass in der Regel eine Wartezeit von sechs Monaten verstreichen soll, bevor du die 21 Tage Urlaub bekommen kannst. Wenn du aus der vorherigen U-Haft direkt in den Strafvollzug kommst, kann es angemessen sein, den Urlaub schon dann zu geben, wenn U-Haft und Strafhaft zusammen sechs Monate gedauert haben (LG Gießen 24.6.1985 1 StVKVollz 381/85; Schwind/Böhm § 13 Rz.7). Die Praxis der Behörden die Beurlaubung von Lebenslänglichen (vgl. § 13 Abs. 3 StVollzG) von beanstandungsfreien Ausführungen und Tagesausgängen abhängig zu machen, ist rechtswidrig (Schwind/Böhm § 13 Rz. 37). Auch bei Lebenslänglichen gelten – abgesehen von der Mindestverbüßungszeit – für den Urlaub die gleichen Gesichtspunkte wie bei den anderen Gefangenen. Nach § 35 StVollzG kannst du zusätzlich aus „wichtigem Anlass“ beurlaubt werden. Ein wichtiger Anlass liegt vor, wenn eine persönliche, geschäftliche oder rechtliche Angelegenheit nur ausserhalb des Knastes (also nicht durch einen Brief oder ein Telefongespräch) geregelt werden kann. Als wichtigen Anlass kannst du etwa ausführen:

Ich muss zuhause anwesend sein, um eine dringende Arbeit durchzuführen, die nur ich selbst ausführen kann (OLG Dortmund B1StVK 1982, H3, S. 3).

Ich muss dringende Klempnerarbeiten in der Wohnung ausführen/ eine Untervermietung vorbereiten (LG Hamburg ZfStrVO SH 1978, 33).

Ich muss den nötigen Umzug meiner Familie aus wirtschaftlichen Gründen selbst durchführen (OLG Koblenz ZfStrVO 1979, 253)

Wichtiger Anlass ist auch eine länger andauernde, nicht lebensgefährliche Erkrankung eines Angehörigen (OLG Celle ZfStrVO 1986, 378).

Die Anstalten verweisen dich, wenn du Sonderurlaub beantragst, häufig in den Regelurlaub. Das ist aber dann bedenklich, wenn dadurch der Regelurlaub, der aus Gründen der Resozialisierung nicht zuletzt für Kontakte mit Angehörigen reserviert bleiben soll, ganz oder weitgehend für die Erledigung anderer Angelegenheiten verwendet werden müßte (Calliess/Müller-Dietz § 35 Rz. 1). Die Beurlaubung darf dann nicht auf Kosten des Regelurlaubs gehen. Der Ermessensspielraum der Anstalt wird enger, je näher der voraussichtliche Entlassungszeitraum heranrückt (§ 15 Abs. 1 StVollzG). Innerhalb von 9 Monaten vor der Entlassung kann Freigängern Sonderurlaub bis zu 6 Tagen im Monat gegeben werden (§ 15 Abs. 4 StVollzG). Da es dabei nur auf die Eignung zum Freigänger ankommt, kannst du wie folgt argumentieren:

Es kommt nicht darauf an, ob ich bereits einen der wenigen vorhandenen Freigängerplätze erhalten habe. Vielmehr entscheidet nach herrschender Meinung ausschliesslich meine Eignung zum Freigänger (BGH 14.11.1978 – 4 Str 463/78; OLG Celle 2.4.1986 – 3 Ws 78/86; Calliess/Müller-Dietz § 15 Rz. 5; Schwind/Böhm § 15 Rz.8; AK § 15 Rz. 10).

Zur Rechtslage im Einzelnen

1.Die Staatsanwaltschaft kommt im Strafvollzugsgesetz nicht vor. Dies entspricht einer konsequenten Trennung der Vollzugszuständigkeiten einerseits und der Vollstreckungszuständigkeiten andererseits. Die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde hat nur mit Vorfragen des Strafvollzugs zu tun (§§ 449 ff. StPO, z.B.: Ladung zum Strafantritt, Strafaufschub, Strafunterbrechung etc.).

2.In den bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften wird die Staatsanwaltschaft nur bei Staatsschutzdelikten, wie z.B. Hochverrat, bzw. im Zusammenhang mit Ermittlungs- oder Strafverfahren erwähnt.

2.1. Bei Staatsschutzdelikten ist vor Lockerungen die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zu hören (VV Nr. 1 zu § 10, VV Nr. 5 zu § 11, VV Nr. 3 zu § 13 StVollzG). Im übrigen sind hier Lockerungen nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig.

2.2.Bei Gefangenen, gegen die ein Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist, ist die „zuständige Behörde“ zu hören (VV Nr. 2 zu § 10, VV Nr. 6 zu § 11, VV Nr. 4 zu § 13 StVollzG). Mindestens bei Ermittlungsverfahren ist dies eindeutig die Staatsanwaltschaft. Angesichts der Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, der Vollzugsanstalt über neue Strafverfahren Mitteilung zu machen (MiStra), erscheint eine Regelanfrage bei der StA jedoch überflüssig und sollte daher von den Vollzugsanstalten unterlassenwerden.

3. In jedem Fall ist die Entscheidung über Lockerungen allein von der Vollzugsbehörde uns ausschliesslich nach den im Strafvollzugsgesetz geregelten gesetzlichen Kriterien (§§ 11 und 13 StVollzG9 zu treffen (OLG Koblenz, Beschluß vom 22.11.1977 – 2 Vollz 10/77).

3.1. Wenn ein Strafverfahren anhängig ist, muss die Vollzugsanstalt prüfen, ob dieses im konkreten Fall einen Anhaltspunkt für erhöhte Fluchtgefahr oder für die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten während des Urlaubs darstellt (OLG Celle, Beschluß vom 29.8.1978 – Ws 22/78). Will die Staatsanwaltschaft Lockerungen um jeden Preis verhindern, muss sie einen Haftbefehl (Überhaft) beantragen; tut sie das nicht, dann hat die Vollzugsanstalt diesen Umstand im Rahmen ihrer Ermessungsentscheidung zu berücksichtigen (OLG Frankfurt, Beschluß vom 14.5.1984 – 3 Ws 253/84 Vollz).

3.2. Wenn kein neues Strafverfahren läuft, besteht (ausser bei Staatsschutzdelikten, wie z.B. Hochverrat) keine Veranlassung zu Rückfragen bei der Staatsanwaltschaft. Wird von ihr dennoch eine Stellungnahme abgegeben, so ist diese völlig unbeachtlich, da die Staatsanwaltschaft insoweit keinerlei Zuständigkeit besitzt.

21.a Lockerungen

Lockerungen des Vollzug sind in § 11 StVollzG geregelt. Sie sollen der Wiedereingliederung dienen und den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenwirken. Das Gesetz kennt nur zwei zwingende Voraussetzungen: Aber auch dann, wenn bei dir weder Flucht- noch Mißbrauchgefahr (§ 11 Abs. 2 StVollzG) besteht, hast du keinen verbindlichen Anspruch auf Lockerungen. Du kannst allerdings verlangen, dass die Anstalt alle Gesichtspunkte deines Falles berücksichtigt, die gegen eine Flucht – oder Mißbrauchsgefahr sprechen. Eine Befürchtung im Sinne des § 11 Abs. 2 StVollzG besteht nämlich nur, wenn aufgrund konkreter, darzulegender Umstände mit deiner Flucht oder dem Mißbrauch der Vollzugslockerungen gerechnet werden kann (OLG Stuttgart, 25.5.1984 – 4 Ws 70/84). Nicht ausreichend ist es z.B., wenn die Anstalt deinen Antrag allein deshalb ablehnt, weil

- deine Reststrafe noch zu lang ist (OLG Frankfurt NstZ 1983, 93) oder in deiner Anstalt grundsätzlich erst zwei Jahre vor dem Strafende mit Lockerungen angefangen wird (OLG Koblenz, 27.1.1986 – 2 Vollz (Ws) 117/85).

- du dich im Vollzug nicht immer „beanstandungsfrei“ verhalten hast (OLG Karlsruhe ZfStrVO 1983, 181).

- der Verdacht besteht, dass du eine weitere Straftat begangen hast, ohne dass konkrete Tatsachen mitgeteilt werden (OLG Frankfurt, 9.9.1982 – StVollz 3 Ws 646/82). Selbst wenn du vor Jahren wegen einer während der Haft begangenen Straftat verurteilt worden bist, sind Lockerungen nicht von vornherein ausgeschlossen (OLG Hamm, 12.6.1981 – 7 Vollz (Ws) 26/81).

- bei einer Verurteilung wegen einer schweren Straftat der notwendige „nachhaltige Strafeindruck“ Lockerungen verbietet (OLG Koblenz, 27.1.1986 – 2 Vollz (Ws) 117/85).

- eine vollziehbare Ausweisungsverfügung gegen dich besteht (OLG Frankfurt InfoStVollzPR 1985, 35).

Ebenso wenig reichen (andere) pauschale Begründungen und der bloße Hinweis auf Verwaltungsvorschriften für eine Ablehnung aus (OLG Koblenz ZfStrVO 1978, 123). Auch wenn du vor langer Zeit einmal aus dem Urlaub nicht zurückgekehrt bist, muss die Anstalt die Fluchtgefahr sorgfältig prüfen (OLG Frankfurt NstZ 1984, 190). Nicht gefallen lassen solltest du dir auch eine Ablehnung, welche mit Schuldschwere und generalprävention argumentiert:

Nach herrschender Lehre (vgl. Calliess/Müller- Dietz § 13 Rz. 22) ist es unzulässig, im Strafvollzug mit derartigen allgemeinen „Strafzwecken“ zu argumentieren. Auch die Rechtsprechung lässt dies nur in extremen Fällen zu (OLG Stuttgart, 30.10.1986, OLG Frankfurt ZfStrVO 87,11).

Hat die Anstalt nach Abwägung aller für und gegen die Massnahme sprechenden Umstände immer noch Bedenken, so können diese auch dadurch ausgeräumt werden, dass eine vertrauenswürdige Person oder ein_e Verwandte_r bei der Lockerung dabei ist („Begleitausgang“: OLG Celle 2.6.1978 – 3 Ws 91/78)

Nach § 7 Abs. 2 Nr.7 StVollzG muss dein Vollzugsplan Angaben darüber machen, ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt Lockerungen vorgesehen sind.

Mein Vollzugsplan sieht ab … Lockerungen vor. Von dieser Planung darf die Anstalt nicht ohne weiteres abweichen. Gründe, die schon zur Zeit der planung vorgelegen haben und die der Behörde damals bekannt gewesen sind, können nicht später wieder herangezogen werden(OLG Frankfurt ZfStrVO 1985, 170).

Auch darf die Anstalt Lockerungen nicht für die Zukunft („Lockerungssperre“), sondern nur bei deinem jeweiligen Antrag ablehnen (OLG Schleswig 4.1.1983 – 2 Vollz Ws 197/82). Als Beispiele für Lockerungen erwähnt § 11 StVollzG die Aussenbeschäftigung und den freigang sowie die Ausführungen und den Ausgang:

Die Ausführung ist nicht nur eine vorbereitende Massnahme für eine weitergehende Vollzugslockerung wie z.B. Urlaub oder Ausgang. Die Ausführung ist eine eigenständige Massnahme, die gerade dann sinnvoll sein kann, wenn die Voraussetzungen für eine weitergehende Massnahme nicht vorliegen (OLG Hamm NstZ 1985, 189). Insbesondere bei Lebenslänglichen können Ausführung und Ausgang der Vorbereitung und Erprobung für den Urlaub oder für die Gestaltung eines freien Beschäftigungsverhältnisses dienen (OLG Celle ZfStrVO 1981, 244). Hier gilt übrigens nicht die beim Urlaub von Lebenslänglichen vorgeschriebene 10.Jahres-Grenze des § 13 Abs. 3 StVollzG (OLG Frankfurt MDR 1983, 78).

Ausführungen in Anstaltskleidung sind nur in Ausnahmefällen angebracht (OLG Frankfurt 22.11.1977 – Ws 147/78). Eine Fesselung bei der Ausführung setzt eine besonders grosse, mit konkreten Anhaltspunkten belegbare Gefahr voraus (OLG Celle 24.4.1985 – 3 ws 63/85 StrVollz).

Ein Ausgang kann auch zur Ausübung des Wahlrechts (BverfG NstZ 1982, 83) oder zur Erleichterung der praktischen Durchführung eines Urlaubs (OLG Celle NstZ 1981, 276) gegeben werden. Der Freigänger kann bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt werden (OLG Celle NstZ, 35).

Weitere Lockerungen stehen unter den gleichen Voraussetzungen im ermessen der Anstalt. Besonders gesetzlich geregelt sind der Urlaub (§ 13 StVollzG) und Lockerungen „aus wichtigem Anlass“ /§ 35 StVollzG). Die verschiedenen Arten von Lockerungen, wie Ausgang, Urlaub oder Sonderurlaub können miteinander kombiniert werden (OLG Celle NstZ 1981, 276). Du kannst aber auch andere als die in § 11 StVollzG ausdrücklich erwähnten Lockerungsmöglichkeiten beantragen.

Nach § 14 Abs. 1 StVollzG kann der Anstaltsleiter für die Lockerungen Weisungen erteilen. Aufheben darf er die Lockerungen nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 StVollzG.

22. Verlegung in eine andere Anstalt

Ein Antrag auf Verlegung in eine andere Anstalt kommt dann in Frage, wenn dein Knast soweit vom Wohnort deiner Familienangehörigen und Bekannten entfernt ist, daß diese dich nur schwer besuchen können. Für die Familie gilt auch Artikel 6 Grundgesetz, bei Bekannten kannst du dich allein auf Artikel 2 Grundgesetz berufen:

Da nur in der JVA (Ort) die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu meinen Angehörigen und Bekannten und damit meiner individuellen Lebensumwelt möglich ist, habe, ich aus Artikel 6 GG/ Artikel 2 GG ein Recht auf Verlegung (vgl., Hoffmeyer, Grundrechte im Strafvollzug, Verlag C. F. Müller 1979, S. 112 f., mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen).

Wirst du innerhalb der Anstalt „verlegt“, so muss die Anstalt die Gründe ihrer Entscheidung bekanntgeben. Die Begründung, dass dies aufgrund „vertraulicher Hinweise“ erfolge, ist unzureichend (KG Berlin, 6.3.1984 – 5 Ws 492/83 Vollz). Gegen diese Entscheidung kannst du durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 ff. StVollzG) vorgehen (in einigen Bundesländern – siehe oben zu 18 – erst nach Vorverfahren).

23. Selbstbeschäftigung

Unter Berücksichtigung meiner individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten (vgl. § 57 Absatz 2 StVollzG), ist mir eine sinnvolle Beschäftigung im Rahmen des Beschäftigungsangebots der Vollzugsanstalt nicht möglich. Begründung: ... (vgl. dazu OLG Karlsruhe in ZfStrVollz 1979, S. 54).

oder:

Für mich besteht ein besonderer Anlass, einer Beschäftigung nachzugehen, die nur im Rahmen der Selbstbeschäftigung möglich ist. Denn nur durch Selbstbeschäftigung ist gewährleistet, dass ich meine Fähigkeiten als … erhalten/ fördern kann. Begründung: … (vgl. dazu OLG Karlsruhe in ZfSTRVollz 1979, S. 54

Wenn du selbstständig bist, kannst du dich darauf berufen, dass Selbstbeschäftigung nach dem Wortlaut des Gesetzes auch ausserhalb der Anstalt zulässig ist (OLG Frankfurt in NstZ 1981, 159f.). Wenn du rechtzeitig Regelurlaub beantragt hast, dein Antrag aber von der Anstalt abgelehnt wurde und dein Rechtsschutzverfahren bis zum Ablauf des Urlaubsjahres andauert, verfällt dein Regelurlaub nicht automatisch. Der Urlaub kann dir auch noch im folgenden Jahr bewilligt werden (OLG München v. 15.7.83 – 1 Ws 459/83 in ZfStrVO 1983, 184ff).

24.Kleidung, Wäsche

Anstaltskleidung ist Pflicht; Privatkleidung kann von der Anstalt zugelassen werden. In wenigen Anstalten (Hamburg- Fuhlsbüttel, Lingen, einige offene Anstalten) ist Privatkleidung die Regel. In Bremen weigert sich ein Gefangener seit Jahren, Anstaltskleidung zu tragen. Nach vielfältiger Bestrafung, Isolierung etc. hat er jetzt einen Prozess gewonnen. Die Anstalt hat rechtswidrig gehandelt, als sie ihn wegen seiner Weigerung mehr als drei Monate in Einzelhaft hielt (LG Bremen 1984, bei Redaktionsschluss der Erstauflage noch nicht rechtskräftig). Inzwischen anders entschieden vom OLG Bremen vom 14.11.1984. Ws 137/84 (B1 193/84) zum Teil abgedruckt in „Durchblick“ Feb./März 85, 39.

25.Telefon

Einen direkten Anspruch auf Telefonate hast du als Gefangener nicht, sondern nur einen Anspruch auf „fehlerfreie Ermessensentscheidung“. Vernünftige Gründe für ein Telefonat müssen für eine Erlaubnis zum Telefonieren aber ausreichen, denn „besondere Gründe“ verlangt das StVollzG nicht. Und dass die Benutzung moderner Kommunikationsmittel wie dem Telefon zur normalen Verständigung heranzuziehen ist, folgt aus dem „Angleichungsgrundsatz“ (§ 3 Abs. 1 StVollzG). Besonders schwer, Dir das Telefonieren nicht zu erlauben, dürfte es dem Knast fallen, wenn du für das Telefonat besondere Gründe hast, z.B. ist in Krisen häufig eine schnelle – also telefonische – Kontaktaufnahme wichtig. Die Kosten für Telefonate musst Du selbst tragen. Bist Du dazu nicht inder Lage, kann die Anstalt die Kosten in „begründeten Fällen in angemessenen Umfang“ übernehmen. Bei Behörden- und Anwaltskontakten wir Dir zunächst stets die Erlaubnis zum Telefonieren gegeben werden müssen, denn schriftliche Anfragen von Gefangenen an Behörden oder AnwältInnen sind meist unpräzise und verlangen ausführlicher Nachfragen. Zudem besteht oft die Gefahr, dass, wenn Du nur auf den Schriftverkehr angewiesen bist, Kontakte abgebrochen werden, weil sich Probleme im Schriftverkehr nicht lösen lassen und Besuche zu aufwendig sind. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Orts- und Ferngesprächen. Die Überwachung der Telefonate hat sich gem. § 32 Satz 2 an den Grundsätzen der Überwachung des Besuchs zu orientieren, d.h. dass eine akustische Überwachung grundsätzlich nicht erlaubt ist. DA zur Rechtsdurchsetzung bei Ablehnung von Telefonaten durch die Anstalt der Prozessweg häufig zu lange sein dürfte, ist für die Herbeiführung einer schnellen Entscheidung an das Rechtsschutzverfahren nach § 114 Abs. 2 StVollzG zu denken, d.h. Du kannst an das Gericht den Antrag auf Aussetzung des Vollzuges der angefochtenen Maßnahme stellen.

26.Arbeitspflicht

Arbeit im Knast ist Zwangsarbeit zu einem lächerlichen „Arbeitsentgelt“, ohne Kranken- und Sozialversicherung, ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc. Umso mehr solltest Du auch hier noch vorhandene Rechte kennen, insbesondere die Alternativen innerhalb der Arbeitspflicht, die Freistellung von der Arbeitspflicht (Erholungsurlaub) und die generellen Ausnahmen von der Arbeitspflicht. Durchgesetzt wird die Arbeitspflicht übrigens auf zwei Wegen: wenn du die Arbeit verweigerst, wird Dir selbst das geringe Arbeitsentgelt noch gestrichen, und es können Disziplinarmaßnahmen verhängt werden. Hast Du gute Gründe zur Arbeitsverweigerung gehabt, solltest Du gegen eventuelle Disziplinarmaßnahmen Rechtsmittel einlegen. Stelle dabei heraus, dass nur freiwillige Mitarbeit der Resozialisierung dient und dass Du durch die finanziellen Einbußen schon hart genug betroffen bist (dabei kannst Du Dich auf Calliess/Müller-Dietz 4. Auflage § 41 Anm. 2 berufen). Aber auch die finanziellen Einbußen musst Du nicht in jedem Fall hinnehmen. Taschengeld (§ 46 StVollzG) oder Einkauf vom Eigengeld (§ 22 Abs. 3 StVolzG) erhälst Du allerdings nur, wenn Du „ohne eigenes Verschulden“ ohne Arbeit bist. Dies ist vor allem bei krankheitsbedingter Arbeitsverweigerung der Fall; aber auch, wenn Du dich aus religiösen Gründen weigerst, bestimmte Arbeitsbedingungen hinzunehmen (z.B. Durchsuchung mit völliger Entkleidung bei gläubigen Moslems: OLG Koblenz 2.10.1985 – 2 Vollz Ws 15/85.

Alternativen innerhalb der Arbeitspflicht

Nach § 41 StVollzG bist Du verpflichtet, eine Dir zugewiesene, Deinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit auszuüben, zu deren Verrichtung Du aufgrund Deines körperlichen Zustand in der Lage bist. Normalerweise wird dies eine Dir von der Anstalt zugewiesene Arbeit sein. Du kannst verlangen, dass es sich um „wirtschaftlich ergiebige Arbeit“ handelt, und dass dabei Deine „Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen“ (§ 37 Abs. 2 StVollzG) berücksichtigt werden. Dabei ist aber von den Möglichkeiten der Anstalt auszugehen, d.h. vielfach sind zu wenig und gering qualifizierte Arbeitsplätze vorhanden. Du kannst auch versuchen, Deine Arbeitspflicht auf eine andere, Deinen Vorstellungen vielleicht entsprechende Art zu erfüllen:

a) Durch Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, wie Berufsausbildung, Umschulung (§ 37 Abs. 3 StVollzG) oder Unterricht (§ 38 StVollzG). Voraussetzung dafür ist Deine „Eignung“. Hierbei ist das Problem, dass Du unter Umständen eine Verlegung in eine JVA beantragen musst, in der die Ausbildungsmaßnahme angeboten wird.

b) Durch Selbstbeschäftigung (§ 39 Abs. 2 StVollzG), d.h. freiberufliche Tätigkeit. Insbesondere gilt dies für Gefangene, die schon draußen freiberuflich tätig waren (Künstler_innen, Schriftsteller_innen etc.). Du kannst es aber auch sonst beantragen und wie folgt argumentieren:

„Da die Anstalt mir keine sinnvolle Beschäftigung nachweisen kann, liegt es nach herrschender Meinung nahe, mir Selbstbeschäftigung zu gestatten (OLG Karlsruhe ZfStrVo 1979, 54; Calliess/Müller-Dietz § 39 Ziff. 5; Schwind/Böhm § 39 Rz. 13; Ak § 39 Rz. 11).“

c) Im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt (§ 39 Abs. 1). Da dies praktisch nur im Wege des Freigangs möglich ist, musst Du die Voraussetzungen dafür (§ 11 StVollzG) erfüllen. Argumentiere:

„Es ist stets ermessensfehlerhaft, einem Gefangenen, der sich für den offenen Vollzug eignet und eine gesicherte Außenbeschäftigung vorweisen kann, die Ausübung mit der Begründung abzulehnen, es seien nicht genügend Plätze im offenen Vollzug vorhanden (Pecici AK StVolzG § 39 Rz. 8b).“

d) Durch arbeitstherapeutische Beschäftigung (§ 37 Abs. 5 StVollzG). Dies soll Dir ermöglicht werden, wenn Du – etwa aus psychischen Gründen – nur eingeschränkt arbeitsfähig bist.

Freistellung von der Arbeitspflicht

Wenn Du ein Jahr lang Deiner Arbeitspflicht genügt hast, dann kannst Du einen Anspruch auf Erholung geltend machen. Du kannst dann beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden (§ 42 Abs. 1 StVollzG). Dies setzt nicht voraus, dass Du der Arbeitspflicht ein Jahr lang ununterbrochen nachgekommen bist. Es kommt darauf an, ob die Unterbrechung unverschuldet oder von Dir verschuldet war.

a) Wenn die im Laufe eines Jahres aufgetretenen Fehlzeiten unverschuldet waren (Krankheit, Betriebsferien, Arbeitslosigkeit etc.), dann kannst du anteilige Freistellung verlangen:

„Da ich die Wartezeit von einem Jahr unverschuldet nur teilweise erfüllt habe, beantrage ich, mir wenigstens den entsprechenden Anteil an Erholungsurlaub zu bewilligen /vgl. OLG Koblenz NstZ 1985, S. 353).“

Leider ist auch dies umstritten, da das OLG Hamm eine andere Meinung vertritt, so dass die Frage demnächst vom Bundesgericht entschieden werden muss.

b) Wenn die Fehlzeiten von Dir „verschuldet“ waren (indem DU z.B. einige Tage im Arrest zubringen musstest), dann reicht dies allein auch noch nicht aus, Dir die Freistellung zu versagen. Denn die Vorschrift hat das Ziel, jemandem, der längere Zeit gearbeitet hat, die Möglichkeit zur körperlichen und seelischen Erholung zu geben. Argumentiere wie folgt:

„Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 42 StVollzG wäre es rechtswidrig, mir die Freistellung allein deshalb zu versagen, weil ich eine Fehlzeit schuldhaft verursacht habe. Dies käme einer im Gesetz nicht vorgesehenen Disziplinarmaßnahme gleich (vgl. BverfG, Strafverteidiger 1984, S. 428). Ich beantrage daher, mir die Freistellung anteilig, entsprechend der von mir geleisteten Zahl von Arbeitstagen, zu bewilligen. Hilfsweise beantrage ich, die Wartezeit um die von mir „verschuldeten“ Fehlzeiten zu verlängern.

Ausnahmen von der Arbeitspflicht

Arbeitsverweigerung wird im Knast häufig mit Disziplinar- oder Sicherungsmaßnahmen beantwortet. Deshalb ist es besonders wichtig, die Ausnahmen von der Arbeitspflicht zu kennen. Im Gesetz selbst stehen nur zwei davon (§ 41 Abs. 1 Satz 3 StVollzG Danach gilt die Arbeitspflicht nicht

für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind

für werdende und stillende Mütter für sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung gelten die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes (keine schwere Arbeit, ausreichende Zeit zum Stillen etc.).

Ebenfalls nicht zur Arbeit verpflichtet bist Du natürlich im Krankheitsfall. Krank ist man offiziell nur, wenn man von dem_der Anstaltsärtz_in krankgeschrieben ist. Umstritten ist es, ob Du auch als Behinderte_r inm Knast zur Arbeit verpflichtet bist. Du solltest jedenfalls einen behindertengerechten Arbeitsplatz verlangen. Eindeutiger ist die Situation, wenn du draußen eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehst. Argumentiere dann wie folgt:

„Nach dem Angleichungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 StVollzG ist das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzupassen. Es ist davon auszugehen, dass der_diejenige, der_die in Freiheit als erwerbsunfähig gilt, auch während des Strafvollzugs nicht anders behandelt werden darf (OLG Frankfurt NstZ 1985, 429).“

27. Vorzeitige Entlassung

Beim Antrag auf Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung dürfte es sich um das in deutschen Knästen bekannteste Strafvollstreckungsinstitut handeln. Für den_die, der_die es nicht weiß: die gesetzliche Grundlage ist § 57, für „Lebenslängliche“ die §§ 57 a, 57 b StGB. Deine Entlassung erfolgt nur auf Bewährung, d.h. Dir können Auflagen und Weisungen erteilte werden – ebenso ist ein Widerruf möglich (die §§ 56 a bis 56 g StGB gelten entsprechend).

Antrag auf „Zweidrittel“- Entlassung

Der Antrag ist zu richten an die für die JVA zuständige Strafvollstreckungskammer. Soweit die Anstalt den Antrag befürwortet, ist es in der Regel so, dass die Sozialarbeiter_innen die Antragsstellung übernehmen und die Stellungnahme der JVA gleich an die Kammer mitschicken. Dazu besteht aber keine Verpflichtung. Du solltest also unbedingt darauf achten, dass die Antragsstellung erfolgt, vor allem dass sie rechtzeitig (d.h. einige Wochen vor dem Zweidritttel-Zeitpunkt) erfolgt. Der Antrag sollte lauten:

„Ich beantrage, die Reststrafe der gegen mich durch ein Urteil des … Gerichts in … vom … verhängten Freiheitsstrafe nach Verbüßung von zwei Dritteln zur Bewährung auszusetzen (§§ 57 Abs. 1 StGB).“

Sollte der Antrag mehrere Verurteilungen betreffen, bei denen jeweils die Vollstreckung nach Verbüßung von 2/3 unterbrochen wurde, müssen alle Urteile wie oben aufgeführt werden. Neben der Anstalt nimmt in der Regel auch die zuständige Staatsanwaltschaft zu Deinem Anrag Stellung. Du hast nach § 454 StPO ein Recht darauf, von der Strafvollstreckungskammer mündlich gehört zu werden (darauf kann nur verzichtet werden, wenn alle Beteiligten sich einig sind, dass Du entlassen werden sollst). Bereite Dich hierauf gut vor. Hierzu solltest Du auch die Stellungnahme der Anstalt anfordern. Für die Anstalt ist meistens die Erprobung im Rahmen von Vollzugslockerungen ausschlaggebend. Wenn da noch nichts gelaufen ist stelle Anträge auf Ausführung, Ausgang, Urlaub. Neben der Voraussetzung, dass zwei Drittel der Strafe verbüßt sein müssen, hat die Vorschrift noch zwei unwichtige Bedingungen:

1.dass der Gefangene einwilligt (!) und

2.dass mindestens zwei Monate verbüßt sind, d.h. bei ganz kurzen Freiheitsstrafen läuft nichts. § 57 StGB gilt auch für die Ersatzfreiheitsstrafen (dies ist zwar strittig, sollte aber auf jeden Fall versucht werden):

„ Anstelle einer uneinbringlichen Geldstrafe, welche gegen mich durch das Urteil des … Gerichts in … vom … verhängt wurde, verbüße ich eine Ersatzfreiheitsstrafe. Ich beantrage, den Rest dieser Strafe nach Verbüßung von zwei Dritteln zur Bewährung auszusetzen (vgl. Dreher/Trönde § 57 StGB Rz. 2A m.w.N.).“

Daneben gibt es dann noch eigentlich wichtige Voraussetzungen, nämlich, dass die Strafvollstreckungskammer zu dem Schluss kommt, dass (so das Gesetz) „verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird …“ Wenn Du auf Anhieb nicht weiß, was das heißen soll, bist Du damit sicher mit vielen Jurist_innen einig. Eines heißt es jedenfalls nicht, nämlich, dass das Gericht überzeugt sein muss, dass keine Straftaten mehr begangen werden. Vielmehr reicht die Überzeugung des Gerichts aus, dass jetzt eine Chance gegeben ist, dass nix mehr vorkommt (KG Berlin NJW 1973, 1421). Bei der Entscheidung, ob Deinem Antrag stattgegeben wird, berücksichtigt das Gericht auch Dein Verhalten im Vollzug. Daher zeige, dass Du eine gewisse „positive“ Entwicklung im Knast genommen hast – also lieber den Frust am Anfang rauslassen und nicht damit bis zum Ende warten. Weiter ist wichtig die Aussicht auf einen Arbeitsplatz und Bindungen nach draußen. Suche Dir vor allem beizeiten eine Wohnung, frag mal bei einer Straffälligenhilfe oder ähnlichen Organisationen nach. Neben der Anstalt nimmt in der Regel auch die zuständige Staatsanwaltschaft zu dem Antrag Stellung. Ist eine dieser Stellen dagegen, oder hat die Strafvollstreckungskammer Zweifel, wird in aller Regel eine mündliche Anhörung durchgeführt. Da solltest Du Dich natürlich nett geben. Rechne aber auch damit, dass Dir bei Deiner Anhörung Deine Tat wieder vorgehalten wird. Reagiere also bloß nicht überempfindlich, sondern zeige Einsicht und arrangiere Dich, auch wenn es für den Moment unangenehm ist.

Antrag auf Gewährung von Halbstrafe

Hier hat sich der Gesetzgeber etwas Neues einfallen lassen. Nachwievor gilt aber weiterhin alles, was auch zur Zweidrittel-Entscheidung gesagt wurde, mit der Einschränkung, dass die Knäste hier von sich aus nie tätig werden. Grundvoraussetzung ist also zunächst, dass alle Voraussetzungen einer positiven „2/3“- Entscheidung vorliegen, siehe also oben. Der Antrag sollte lauten:

„Ich beantrage, die Reststrafe der gegen mich durch das Urteil des … Gerichts in … vom … verhängten Freiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung auszusetzen (§ 57 Abs. 2 StGB).“

Neu seit 1.5.1986 ist, dass Du dann eine „Halbstrafe“ bekommen kannst,

wenn Du Ersttäter bist und Deine Strafe zwei Jahre nicht übersteigt (§ 57 Abs. 2 Nr. 1) oder

die Gesamtwürdigung Deine Tat und Persönlichkeit, sowie Deine Entwicklung im Vollzug ergibt, dass besondere Umstände vorliegen (§ 57 Abs. 2 Nr. 2).

Um herauszufinden, wie diese Neuigkeiten zu verstehen sind, haben wir uns im Mai in Bremen mit der Redaktion der Gefangenenzeitung „Diskurs“ und einigen Anwälten und anderen Juristen zusammengesetzt. Dabei ist herausgekommen, dass diese beiden neuen Voraussetzungen durch das Wort „oder“ alternativ zu verstehen sind. D.h., dass Du nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Halbstrafe auch rauskommen könntest, wenn Du Mehrfachbestrafter bist und/oder Du Dir eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren gefangen hast. In diesen Fällen musst Du allerdings im Gegensatz zum 2/3-Antrag die Hürde der „besonderen Umstände“ nehmen. Nach der neuen Gesetzesfassung wird unter „Gesamtwürdigung“ von Tat, Persönlichkeit und Entwicklung im Vollzug zu verstehen sein, dass du diejenigen Bereiche, wo u keine Pluspunkte sammeln konntest, mit anderen günstigen Bereichen ausgleichen kannst, damit „besondere Umstände“ für Deine Entlassung vorliegen. Hier wird es aber maßgeblich auf Dein Verhalten im Vollzug ankommen. Während Du nach der alten Gesetzeslage schon bei der „Halbstrafe“ durchgefallen bist, weil in Deiner Tat und Persönlichkeit nichts „besonderes“ zu finden war, so nimmt der neue § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB Deine Vollzugsentwicklung ausdrücklich in die Gesamtwürdigung mit auf. Also: wenn Du keine „besonderen Umstände“ in Tat und Persönlichkeit vorbringen kannst, versuche es mal mit „besonderen Umständen“ bei Deiner Entwicklung im Vollzug. Was die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang künftig über die bisherigen Kriterien hinaus entwickeln wird, bleibt jedoch abzuwarten. Weiterhin bleibt aber auch Dein Strafurteil Grundlage bei der Gesamtwürdigung. Schreibst Du also in Deinen Antrag: „Ich will „Halbstrafe“, weil ich es nicht gewesen bin“, dann kannst Du es gleich lassen. Vielmehr müssen sich auch „besonderer Umstände in der Tat“ aus dem Urteil ergeben (Ausnahmesituation etc.). Du solltest versuchen zu begründen, warum die Tat für Dich selbst völlig „persönlichkeitsfremd“ war. Ein Stück Identitätsverleugnung wirst du in diesem Zusammenhang wohl oder übel hinnehmen müssen. Wenn Du allerdings schon mehrfach wegen gleicher oder ähnlicher Delikte vorbestraft bist, wird Dir wohl auch dies nix nützen. Auch nach der Tat eingetretene „besondere“ persönlichkeitsbezogene Umstände können erheblich sein. Hier sieht es allerdings besonders finster aus. So haben die Gerichte bei folgenden Sachverhalten „besondere Umstände“ angenommen:

Bei Verlust einer nahestehenden Person (OLG Hamm, NstZ 81, 352),

bei schweren familiären und wirtschaftlichen Schwierigkeiten (OLG Zweibrücken MDR 1973, 514).

Und noch ein weiteres Erschwernis: Eine positive Entwicklung nimmt das Gericht allerdings dann nicht dann schon an, wenn Du sagst, wo die Knete versteckt ist. Dies wird neuerdings als Deine Verpflichtung angesehen, denn es ist durch einen neuen Abs. 5 in § 57 StGB ausdrücklich festgeschrieben, dass das Gericht von der Aussetzung Deiner Freiheitsstrafe absehen kann, wenn Du nichts zu dem Verbleib der Beute sagst. Überlege Dir daher genau, was Du bei Deiner Anhörung dazu sagen willst. Noch was Neues für Leute, die mehrere Freiheitsstrafen abzusitzen haben: Grundsätzlich gilt, dass die kürzere Freiheitsstrafe vor der längeren vollstreckt wird (§ 43 Abs. 2 Strafvollstreckungsordnung). Sollst Du aber das erste Mal in den Knast und bekommst Du z.B. eine Strafe von 20 Monaten (jedenfalls aber unter zwei Jahren) und eine Strafe von 15 Monaten, so solltest Du versuchen, die kürzere, z.B. durch Rechtsmittel (Berufung oder Revision, die Du ja später wieder zurücknehmen kannst) hinauszuzögern und die längere Strafe sofort antreten. Die Strafvollstreckungsbehörde muss nämlich neuerdings bei Erstbestraften unter zwei Jahren die erste Strafe schon nach der Hälfte, frühestens jedoch nach sechs Monaten unterbrechen, um die zweite zu vollstrecken (§ 454b Abs. 2 StPO). Dadurch kannst Du, wenn später beide Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden, Zeit sparen.

Antrag auf Aussetzung des Strafrests bei lebenslanger Freiheitsstrafe

Zu den Formalien gilt das oben gesagte. Als Voraussetzungen sind hier zu nennen, dass erstens 15 Jahre der Strafe verbüßt sein müssen und zweitens, (neben der Einwilligung des Gefangenen) die Wahrscheinlichkeit besteht, dass außerhalb des Vollzugs keine weiteren Straftaten begangen werden (also wie bei 2/3). Aber auch hier gibt es – natürlich – wieder eine Bedingung, die den Gerichten weiterhin freie Hand sichert. Voraussetzung ist nämlich (so das Gesetz), dass „nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weiter Vollstreckung gebietet …“. Hast Du eine lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe abzusitzen, so werden bei der Feststellung der „besonderen Schwere der Schuld“ die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt (§ 57b StGB). Dies sind so einzelfallbezogene Kriterien, dass wir uns hierzu weitere Ausführungen ersparen.

Rechtsmittel

Gegen eine Ablehnung der Aussetzung (egal nach welcher Vorschrift) ist die „sofortige Beschwerde“ gegeben. Die heißt deshalb so, weil sie, mit oder ohne Begründung, binnen einer Woche nach Zustellung der Entscheidung bei der Strafvollstreckungskammer, deren Entscheidung einem_r nicht passt, eingegangen sein muss. Entscheiden muss über die Sache dann das zuständige Oberlandesgericht. Wird die Aussetzung gewährt, so kann allerdings auch die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung „sofortige Beschwerde“ erheben. D.h., die erfreuliche Entscheidung wird erst nach einer Woche ab Zustellung bei der Staatsanwaltschaft rechtskräftig. Erklärt die Staatsanwaltschaft nicht vorher Rechtsmittelverzicht, muss der_die Gefangene bis zum Ablauf der Woche noch drin bleiben.

Reststrafengesuch

Wenn sie Deinen Antrag auf 2/3 ablehnen, kannst Du ihn wiederholen. Beachte aber, dass das Gericht für weitere Anträge eine Sperrfrist von bis zu sechs Monaten festsetzen kann (§ 57 Abs. 6 StGB). Inhaltlich gilt hier das selbe wie bei der 2/3 Entlassung. Hier musst du jedoch in jedem Fall selbst einen Antrag bei der Strafvollstreckungskammer stellen. Gleiches gilt, wenn Du einen schon einmal ausgesetzten Strafrest verbüßt, weil die Bewährung widerrufen wurde.

Gnadengesuche

Diese Gesuche kannst du jederzeit stellen. Weil es in den einzelnen Bundesländern verschiedene „Gnadeninstanzen“ gibt, die wir nicht alle aufführen können, ist es am sinnvollsten, wenn du Deinen Gnadenantrag an den_die jeweilige_n Ministerpräsident_in schickst. Diese_r muss, falls er nicht selbst entscheidet, den Antrag an die zuständige Stelle weiterleiten. Sitzt Du alerdings wegen Staatsschutzdelikten, musst du den Gnadenantrag an den Bundespräsidenten stellen. Bei Gnadengesuchen müssen ganz ungewöhnliche Gründe, insbesondere außerordentliche Härten für den_die Gefangene_n und oder seine_ihre Familie vorliegen, ansonsten werden sie Dein Gesuch ablehnen und auf die anderen Möglichkeiten der Strafaussetzung verweisen.

28. Antrag für ausländische Gefangene auf vorzeitige Abschiebung (vor vollständiger Verbüßung der Haftstrafe in der BRD)

Wenn du ausländische_r Gefangene_r bist und Dir die Freiheit in der Heimat wichtiger ist als die „Resozialisierung“ in deutschen Landen, kannst Du bei der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf vorzeitige Abschiebung stellen (Antrag gemäß § 456a StPO). Der Antrag gemäß § 456a StPO ist zu richten an die in der Strafsache zuständige Staatsanwaltschaft, unter dem Aktenzeichen, welches – in der Regel – oben auf dem Urteil steht. Formulierung:

„In der Strafsache gegen mich, AZ: Js … beantrage ich, von der weiteren Vollstreckung der gegen mich verhängten Freiheitsstrafe abzusehen, § 456a Abs. 1 StPO“

Aus der Begründung sollte sich ergeben, welche Ausländerbehörde für die Ausweisung und Abschiebung zuständig ist und welche ausländerrechtlichen Maßnahmen schon gegen Dich ergriffen wurden. Damit ist schon der erste „Haken“ der Geschichte angesprochen. Sollte Ausweisung oder Abschiebung noch nichts rechtskräftig sein, muss praktisch der_die Gefangene selbst das ausländerrechtliche Verfahren gegen sich beschleunigen oder sogar erst in Gang bringen. Zur Beschleunigung ist es deshalb am besten, wenn man einen Durchschlag des Antrags an die zuständige Ausländerbehörde sendet mit der Bitte, sich mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in Verbindung zu setzen. Die Ausländerbehörden sind dann – oft im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – in der Regel erfreut und leiten die erforderlichen Schritte in die Wege. Argumentiere wie folgt:

„Der Strafvollzug in der Bundesrepubik Deutschland stellt für mich eine besondere Härte dar, da ich sprachlich und kulturell in der Anstalt völlig isoliert bin. Ich beantrage daher, mich zum frühstmöglichen Zeitpunkt zu entlassen.“

Der Antrag gemäß § 456a StPO hat einen weiteren Haken: Die Staatsanwaltschaft ist oftmals versucht, die Entscheidung bis zum 2/3-Zeitpunkt hinauszuzögern. Dies vor allem, wenn sie keine Neigung verspürt, dem Antrag stattzugeben. Um den 2/3-Zeitpunkt gibt sie dem Antrag dann statt. Das hat zur Folge, dass der Strafrest vollstreckt wird (werden kann), sobald der Betroffene wieder in der Bundesrepublik angetroffen wird. Teilweise wird nach der Abschiebung sogar ein vorsorglicher Vollstreckungsbefehl erlassen. Diese Nachteile bestehen bei den oben geschriebenen Formen der vorzeitigen Entlassung nicht. Dann kann der Rest nur vollstreckt werden, wenn eine neue Straftat in der Bewährungszeit vorkommt oder sonst massiv gegen Bewährungsauflagen verstoßen wurde. Vergiss daher nicht, dass auch Ausländer_innen Anträge auf „Halbstrafe“ oder auf „2/3“-Entlassung stellen können. Auch wenn Erfolge hier seltener sein dürften als bei Deutschen, ist das besser als ein Antrag nach § 456a StPO, insbesondere wenn du in der Bundesrepublik bleiben willst. Lehnt die Staatsanwaltschaft den Antrag ab, ist dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG gegeben. Der ist an das zuständige Oberlandesgericht zu richten. Da es sich aber um eine reine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft handelt, hat man da wenig Aussicht.

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