Die Aufnahmeprozedur in der U-Haft

Aus Gefangenenratgeber

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2.1. Die Aufnahmeprozedur in der U-Haft

An der Pforte der Untersuchungshaftanstalt wird mit dem Eintragen von Name und Uhrzeit in das Pfortenbuch die bürokratische Prozedur der Aufnahme eröffnet. Du wirst - falls noch nicht geschehen - gleich an der Pforte nach Waffen gefilzt. Dabei dürfen Frauen nur von Beamtinnen abgetastet werden!

In der Zugangszelle

Normalerweise kommt man dann erst mal in eine Zugangszelle - für Minuten, Stunden, oder für eine ganze Nacht. Versuche herauszubekommen, wie lange es dauert, damit du dich darauf einstellen kannst. Wenn du krank, verletzt oder wenn du heroin- bzw. alkoholsüchtig bist, dann unbedingt darauf bestehen, dasss sofort ein Arzt gerufen wird. Nicht abwimmeln lassen! Ein Notarzt ist immer erreichbar. Die Zugangszelle ist meistens ganz besonders scheußlich, verdreckt. Versuche ruhig zu bleiben. Wenn es dir irgendwie möglich ist, schlafe ein paar Stunden. Wenn du nicht schlafen kannst, hat der Beamte vielleicht was zu Lesen für dich. Wenn du mit anderen zusammen bist, geht sowieso das Gespräch darum: Weshalb bist du hier. Sage dazu auf keinen Fall mehr als im Haftbefehl steht. Unterhaltet euch aber besser über den U-Knast. Wie sind die Zellen? die Beamten? Nachdem du weißt, dass du jetzt jedenfalls einige Zeit in Untersuchungshaft bleiben wirst, solltest du dich - in Gedanken oder, falls du Schreibmaterial hast (du kannst es dir vom Beamten geben lassen), mit Briefen und Anträgen darum kümmern:

1. um draußen: Wem willst du schreiben? Wer soll sich um deine Wohnung etc. kümmern?

2. um drinnen: Welche Anträge willst du stellen? Was willst du in der Zelle machen, z.B. weiche Bücher lesen?

Der Sinn der verdreckten Zugangszelle und überhaupt der ganzen Prozedur ist, dich von vornherein einzuschüchtern, kleinzukriegen, überlege dir jetzt schon die Antworten, die du vielleicht geben musst, bzw. verweigern wirst und wie du am besten auftrittst. Überlege dir, was du vielleicht fordern und durchsetzen willst.

Auf der Vollzugsgeschäftsstelle

Dann wirst du zur „Vollzugsgeschäftsstelle" geschoben. Dort prüft man die Einlieferungspapiere, nimmt die sogenannte „Aufnahmeverhandlung" vor. Von dir werden nun - unter Strafandrohung - richtige Angaben verlangt. Falsche Angaben sind zwar tatsächlich strafbar, wenn man dir nachweisen kann, dass du sie absichtlich verfälscht hast - nicht strafbar ist natürlich, gar keine Angaben zu machen. Wenn du nun keine Lust hast, Fragen zu beantworten und Erklärungen zu unterschreiben, dann sind die zwar nicht sehr froh darüber, lassen einen-dann aber oft in Ruhe. Offenbar sind sie es gewohnt. Außerdem: sie sparen sich damit Arbeit! Bleiben sie hartnäckig und ist es dir lästig, andauernd Antworten und Unterschriften zu verweigern - man hat sowieso erst einmal andere Sorgen - dann kann man halt auch mal ein paar Fragen beantworten. Überlege dir, ob du eine Unterschrift nicht besser in Druckbuchstaben schreibst, wenn deine Handschrift verräterisch sein könnte. Vor allem mit den folgenden Fragen musst du rechnen und es ist unter Umständen sogar sinnvoll, sie zu beantworten:

„Haben Sie ein unversorgtes Kind in Ihrer Wohnung zurückgelassen?

Ist Ihre Familie hilfsbedürftig?

Fühlen Sie sich krank?

Beziehen Sie eine gesetzliche Rente?

Wenn ja, wie hoch?

Wohin soll sie für die Dauer der Inhaftierung überwiesen werden?

Beziehen Sie Unterhalshilfe?"

Manchmal fragen sie dabei auch gleich, ob man eine Unterbringung in gemeinsamer Zelle beantragt. Wenn man krank oder süchtig ist, sollte man es ruhig tun. Man kann den Antrag auch später stellen bzw. später wieder zurückziehen. Sie fragen dich nach deiner Gesundheit und müssen dich notfalls sofort zu einem Arzt bringen. Wichtig: Am besten hier schon Krankheiten angeben, die z.B. eine Diät oder bestimmte Medikamente erfordern! Sie fragen dich außerdem, ob „dringende Fürsorgemaßnahmen" ergriffen werden müssen: das heißt etwa, ob du eine Wohnung hast, die du zu verlieren drohst, ob für Familienangehörige, vor allem Kinder, Sozial-und Jugendamt einzuschalten sind. Vorsicht, dass sie deine Kinder nicht in ein Heim stecken! Pflegeeltern bestimmen; am besten, man hat das bereits vorher organisiert oder schaltet den Anwalt ein (siehe dazu Näheres im Abschnitt 2.4.). Dann wird ein „Kennzeichnungsbogen" ausgefüllt. Sie versuchen, an dir rumzumessen, Fotos und Fingerabdrücke aufzunehmen. Ob es sich vermeiden lässt, hängt von dem Eifer der Beamten ab. Versuche es. Du kannst - wenn du es nicht sowieso bekommst - ein Merkblatt über die Auswirkungen der Inhaftierung auf die Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung verlangen. Sie werden in U-Haft vom Knast nicht übernommen, auch wenn du arbeitest. Anders in der Strafhaft (näheres im Kapitel 9 über Arbeit im Knast). Aber das ist wohl im Augenblick nicht das größte Problem. Auch die Krankenversicherung muss man selbst vornehmen bzw. weiterlaufen lassen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn man vorhat, sich von einem externen Arzt untersuchen und behandeln zu lassen (siehe Abschnitt 18.3. über Arzt von draußen im medizinischen Teil). Jugendliche sollen außerdem einen Lebenslauf und einen Fragebogen über ihre persönlichen Verhältnisse ausfüllen. Allerdings werden die Beamten das kaum erzwingen können. Wenn dich eine Verweigerung zu sehr nervt, so kannst du dich wenigstens auf einen tabellarischen Lebens­lauf beschränken, also einen Lebenslauf, in dem nur Angaben über Geburtsdatum, Datum der Einschulung und des Schulabschlusses gemacht sind. Wenn sich die Anstalt hiermit nicht zufrieden gibt, sollte man ganz einfach sagen, dass man sich an die ganzen Sachen nicht mehr so richtig erinnern könnte. Schreibe dabei nur Stichworte hin und das noch möglichst in Druckbuchstaben. Du kannst so verhindern, dass sie dieses Papier dazu benutzen, planmäßig deine Vergangenheit und deine Persönlichkeit auszukundschaften.

Auf der Kammer

Die nächste Station, zu der man geschoben wird, ist die „Kammer". In manchen Gefängnissen wird sie auch als „Hausvaterei" und der dort tätige Beamte als „Hausvater" (!) bezeichnet. Der sagt dir dann, dass du nichts verstecken darfst und alles, was du an dir trägst, ausziehen musst. Bei Frauen dürfen dabei keine männlichen Beamten anwesend sein. Die suchen jetzt deinen ganzen Körper und deine Klamotten nach Waffen, Ausbruchswerkzeug, Geld und Ungeziefer ab. Normalerweise kannst du dann baden oder duschen. Dann kriegt man seine Klamotten wieder. Was man sonst noch so dabei hat, wird kontrolliert und entweder als „Asservaten" beschlagnahmt (wenn es nicht bereits die Polizei an sich genommen hat) oder als „Effekten" zu der „Habe" genommen - z.B. Schmuck, Ausweise etc., alles was sie dir nicht mit auf die Zelle geben wollen. Merke: „Habe" ist alles, was man nicht hat. Geld wird ebenfalls nicht ausgehändigt, sondern auf der Verwaltung bei der Kasse vermerkt und gutgeschrieben. Du kannst dann darüber für den Einkauf verfügen. Alles, was dir die Polizei nicht schon abgenommen hat und was nicht zu den „Asservaten" zählt, muss dir ausgehändigt werden oder zu deiner „Habe" gelegt werden. Einen Teil geben sie dir jedoch zurück. Was und wieviel, ist aber ganz verschieden: Wäsche und Körperpflegemittel in geringer Menge, manchmal auch etwas Tabak, Fotos, Briefmarken, Briefpapier, Schreibmaterial, in der Regel auch Ehe- und Verlobungsringe. Versuche möglichst, die wichtigsten Dinge zu bekommen. Was sie zu deiner „Habe" legen, ist jedoch nicht ein für alle mal aus deinen Händen. Du kannst die Herausgabe deiner Sachen später noch beantragen, zum Beispiel deine Uhr und anderes. Du hast zwar das Recht, deine eigene Kleidung zu tragen, du musst aber selbst für Wechsel und Reinigung sorgen - am besten über Freunde oder Verwandte, die Schmutzwäsche abholen und saubere Wäsche bringen. Andernfalls kannst du Anstaltskleidung verlangen - die wird dann im Knast gewaschen. Die Entscheidung kannst du jederzeit wieder ändern. Erkundige dich, wann der wöchentliche „Wäschetauschtag" ist.

Wichtig: Wenn du kein Schreibzeug und Briefpapier dabei gehabt hast oder sie es noch nicht rausrücken wollen, dann unbedingt nachdrücklich Schreibzeug von der Anstalt verlangen. Am besten tut man das auf der Kammer, wo immer Kugelschreiber für diesen Zweck bereitliegen. Man kann auch schon vorher verschiedene Beamte darauf ansprechen. Du kriegst auf der Kammer außerdem noch Bettwäsche, Wolldecken, Handtücher und Eßgeschirr. Wenn du den Empfang quittieren sollst, dann prüfe nach, ob du auch alles bekommen hast, was auf der Liste steht. Fehlt was, so musst du es sonst später ersetzen.

In ,, deiner Zelle

Schließlich wirst du in die Zelle gebracht. Ein Beamter zeigt einem die Zelleneinrichtung. Prüfe, ob alles funktioniert und unbeschädigt ist: Klo, Wasser, „Möbel" und den Rundfunklautsprecher. In manchen Knästen ist ein abschaltbarer Lautsprecher mit zwei oder drei wählbaren Programmen eingebaut - in anderen kriegst du extra einen Kopfhörer ausgehändigt. Verlange ihn, wenn er fehlt! Dann sollst du gleich wieder einen Wisch unterschreiben, auf dem steht, dass das ganze Inventar von dir in unversehrtem Zustand übernommen wurde. Wenn sich dann später herausstellt, dass doch etwas kaputt ist, dann ziehen sie es dir von deinem Geld ab. Deshalb am besten nicht unterschreiben - denn so genau kann man die Sachen in der kurzen Zeit und in der Stimmung, in der man ist, gar nicht kontrollieren. Man sagt z.B.: „Lassen Sie mir die Liste noch zwei Tage hier". Wenn der Beamte sich dann nicht zufrieden gibt und damit droht, den Kopfhörer wieder mit herauszunehmen, kann man notfalls zumindest den Kopfhörer quittieren. Oder man schreibt auf den Wisch: „ Vorbehaltlich einer genaueren Prüfung - Gustav Krüger" oder so ähnlich. Dann wird man auf seine Pflichten und - wie es so schön heißt - auf seine „Rechte" aufmerksam gemacht. Meistens, indem man Hausordnung, Zellenordnung und noch ein „Merkblatt" bekommt. Verlange aber auch noch die „Untersuchungshaftvollzugsordnung". Um dir endgültig klar zumachen, wo du dich befindest, kriegst du in manchen Anstalten noch einen Wisch zum Unterzeichnen hingelegt, auf dem etwa steht: „Mir ist bekanntgegeben worden, dass die Anstalt durch einen elektrisch geladenen Zaun gesichert ist und dass bei Fluchtversuch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht wird". Wie gesagt, das ist wie mit den hausierenden Vertretern: möglichst nichts unterschreiben - erst recht dann nicht, wenn man es nicht genau versteht!


2.1. Die Aufnahmeprozedur in der U-Haft

An der Pforte der Untersuchungshaftanstalt wird mit dem Eintragen von Name und Uhrzeit in das Pfortenbuch die bürokratische Prozedur der Aufnahme eröffnet. Du wirst - falls noch nicht geschehen - gleich an der Pforte nach Waffen gefilzt. Dabei dürfen Frauen nur von Beamtinnen abgetastet werden!

In der Zugangszelle

Normalerweise kommt man dann erst mal in eine Zugangszelle - für Minuten, Stunden, oder für eine ganze Nacht. Versuche herauszubekommen, wie lange es dauert, damit du dich darauf einstellen kannst. Wenn du krank, verletzt oder wenn du heroin- bzw. alkoholsüchtig bist, dann unbedingt darauf bestehen, dasss sofort ein Arzt gerufen wird. Nicht abwimmeln lassen! Ein Notarzt ist immer erreichbar. Die Zugangszelle ist meistens ganz besonders scheußlich, verdreckt. Versuche ruhig zu bleiben. Wenn es dir irgendwie möglich ist, schlafe ein paar Stunden. Wenn du nicht schlafen kannst, hat der Beamte vielleicht was zu Lesen für dich. Wenn du mit anderen zusammen bist, geht sowieso das Gespräch darum: Weshalb bist du hier. Sage dazu auf keinen Fall mehr als im Haftbefehl steht. Unterhaltet euch aber besser über den U-Knast. Wie sind die Zellen? die Beamten? Nachdem du weißt, dass du jetzt jedenfalls einige Zeit in Untersuchungshaft bleiben wirst, solltest du dich - in Gedanken oder, falls du Schreibmaterial hast (du kannst es dir vom Beamten geben lassen), mit Briefen und Anträgen darum kümmern: 1. um draußen: Wem willst du schreiben? Wer soll sich um deine Wohnung etc. kümmern? 2. um drinnen: Welche Anträge willst du stellen? Was willst du in der Zelle machen, z.B. weiche Bücher lesen? Der Sinn der verdreckten Zugangszelle und überhaupt der ganzen Prozedur ist, dich von vornherein einzuschüchtern, kleinzukriegen, überlege dir jetzt schon die Antworten, die du vielleicht geben musst, bzw. verweigern wirst und wie du am besten auftrittst. Überlege dir, was du vielleicht fordern und durchsetzen willst.

Auf der Vollzugsgeschäftsstelle

Dann wirst du zur „Vollzugsgeschäftsstelle" geschoben. Dort prüft man die Einlieferungspapiere, nimmt die sogenannte „Aufnahmeverhandlung" vor. Von dir werden nun - unter Strafandrohung - richtige Angaben verlangt. Falsche Angaben sind zwar tatsächlich strafbar, wenn man dir nachweisen kann, dass du sie absichtlich verfälscht hast - nicht strafbar ist natürlich, gar keine Angaben zu machen. Wenn du nun keine Lust hast, Fragen zu beantworten und Erklärungen zu unterschreiben, dann sind die zwar nicht sehr froh darüber, lassen einen-dann aber oft in Ruhe. Offenbar sind sie es gewohnt. Außerdem: sie sparen sich damit Arbeit! Bleiben sie hartnäckig und ist es dir lästig, andauernd Antworten und Unterschriften zu verweigern - man hat sowieso erst einmal andere Sorgen - dann kann man halt auch mal ein paar Fragen beantworten. Überlege dir, ob du eine Unterschrift nicht besser in Druckbuchstaben schreibst, wenn deine Handschrift verräterisch sein könnte. Vor allem mit den folgenden Fragen musst du rechnen und es ist unter Umständen sogar sinnvoll, sie zu beantworten: „Haben Sie ein unversorgtes Kind in Ihrer Wohnung zurückgelassen? Ist Ihre Familie hilfsbedürftig? Fühlen Sie sich krank? Beziehen Sie eine gesetzliche Rente? Wenn ja, wie hoch? Wohin soll sie für die Dauer der Inhaftierung überwiesen werden? Beziehen Sie Unterhalshilfe?"

Manchmal fragen sie dabei auch gleich, ob man eine Unterbringung in gemeinsamer Zelle beantragt. Wenn man krank oder süchtig ist, sollte man es ruhig tun. Man kann den Antrag auch später stellen bzw. später wieder zurückziehen. Sie fragen dich nach deiner Gesundheit und müssen dich notfalls sofort zu einem Arzt bringen. Wichtig: Am besten hier schon Krankheiten angeben, die z.B. eine Diät oder bestimmte Medikamente erfordern! Sie fragen dich außerdem, ob „dringende Fürsorgemaßnahmen" ergriffen werden müssen: das heißt etwa, ob du eine Wohnung hast, die du zu verlieren drohst, ob für Familienangehörige, vor allem Kinder, Sozial-und Jugendamt einzuschalten sind. Vorsicht, dass sie deine Kinder nicht in ein Heim stecken! Pflegeeltern bestimmen; am besten, man hat das bereits vorher organisiert oder schaltet den Anwalt ein (siehe dazu Näheres im Abschnitt 2.4.). Dann wird ein „Kennzeichnungsbogen" ausgefüllt. Sie versuchen, an dir rumzumessen, Fotos und Fingerabdrücke aufzunehmen. Ob es sich vermeiden lässt, hängt von dem Eifer der Beamten ab. Versuche es. Du kannst - wenn du es nicht sowieso bekommst - ein Merkblatt über die Auswirkungen der Inhaftierung auf die Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung verlangen. Sie werden in U-Haft vom Knast nicht übernommen, auch wenn du arbeitest. Anders in der Strafhaft (näheres im Kapitel 9 über Arbeit im Knast). Aber das ist wohl im Augenblick nicht das größte Problem. Auch die Krankenversicherung muss man selbst vornehmen bzw. weiterlaufen lassen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn man vorhat, sich von einem externen Arzt untersuchen und behandeln zu lassen (siehe Abschnitt 18.3. über Arzt von draußen im medizinischen Teil). Jugendliche sollen außerdem einen Lebenslauf und einen Fragebogen über ihre persönlichen Verhältnisse ausfüllen. Allerdings werden die Beamten das kaum erzwingen können. Wenn dich eine Verweigerung zu sehr nervt, so kannst du dich wenigstens auf einen tabellarischen Lebens­lauf beschränken, also einen Lebenslauf, in dem nur Angaben über Geburtsdatum, Datum der Einschulung und des Schulabschlusses gemacht sind. Wenn sich die Anstalt hiermit nicht zufrieden gibt, sollte man ganz einfach sagen, dass man sich an die ganzen Sachen nicht mehr so richtig erinnern könnte. Schreibe dabei nur Stichworte hin und das noch möglichst in Druckbuchstaben. Du kannst so verhindern, dass sie dieses Papier dazu benutzen, planmäßig deine Vergangenheit und deine Persönlichkeit auszukundschaften.

Auf der Kammer

Die nächste Station, zu der man geschoben wird, ist die „Kammer". In manchen Gefängnissen wird sie auch als „Hausvaterei" und der dort tätige Beamte als „Hausvater" (!) bezeichnet. Der sagt dir dann, dass du nichts verstecken darfst und alles, was du an dir trägst, ausziehen musst. Bei Frauen dürfen dabei keine männlichen Beamten anwesend sein. Die suchen jetzt deinen ganzen Körper und deine Klamotten nach Waffen, Ausbruchswerkzeug, Geld und Ungeziefer ab. Normalerweise kannst du dann baden oder duschen. Dann kriegt man seine Klamotten wieder. Was man sonst noch so dabei hat, wird kontrolliert und entweder als „Asservaten" beschlagnahmt (wenn es nicht bereits die Polizei an sich genommen hat) oder als „Effekten" zu der „Habe" genommen - z.B. Schmuck, Ausweise etc., alles was sie dir nicht mit auf die Zelle geben wollen. Merke: „Habe" ist alles, was man nicht hat. Geld wird ebenfalls nicht ausgehändigt, sondern auf der Verwaltung bei der Kasse vermerkt und gutgeschrieben. Du kannst dann darüber für den Einkauf verfügen. Alles, was dir die Polizei nicht schon abgenommen hat und was nicht zu den „Asservaten" zählt, muss dir ausgehändigt werden oder zu deiner „Habe" gelegt werden. Einen Teil geben sie dir jedoch zurück. Was und wieviel, ist aber ganz verschieden: Wäsche und Körperpflegemittel in geringer Menge, manchmal auch etwas Tabak, Fotos, Briefmarken, Briefpapier, Schreibmaterial, in der Regel auch Ehe- und Verlobungsringe. Versuche möglichst, die wichtigsten Dinge zu bekommen. Was sie zu deiner „Habe" legen, ist jedoch nicht ein für alle mal aus deinen Händen. Du kannst die Herausgabe deiner Sachen später noch beantragen, zum Beispiel deine Uhr und anderes. Du hast zwar das Recht, deine eigene Kleidung zu tragen, du musst aber selbst für Wechsel und Reinigung sorgen - am besten über Freunde oder Verwandte, die Schmutzwäsche abholen und saubere Wäsche bringen. Andernfalls kannst du Anstaltskleidung verlangen - die wird dann im Knast gewaschen. Die Entscheidung kannst du jederzeit wieder ändern. Erkundige dich, wann der wöchentliche „Wäschetauschtag" ist. Wichtig: Wenn du kein Schreibzeug und Briefpapier dabei gehabt hast oder sie es noch nicht rausrücken wollen, dann unbedingt nachdrücklich Schreibzeug von der Anstalt verlangen. Am besten tut man das auf der Kammer, wo immer Kugelschreiber für diesen Zweck bereitliegen. Man kann auch schon vorher verschiedene Beamte darauf ansprechen. Du kriegst auf der Kammer außerdem noch Bettwäsche, Wolldecken, Handtücher und Eßgeschirr. Wenn du den Empfang quittieren sollst, dann prüfe nach, ob du auch alles bekommen hast, was auf der Liste steht. Fehlt was, so musst du es sonst später ersetzen.

In ,, deiner Zelle

Schließlich wirst du in die Zelle gebracht. Ein Beamter zeigt einem die Zelleneinrichtung. Prüfe, ob alles funktioniert und unbeschädigt ist: Klo, Wasser, „Möbel" und den Rundfunklautsprecher. In manchen Knästen ist ein abschaltbarer Lautsprecher mit zwei oder drei wählbaren Programmen eingebaut - in anderen kriegst du extra einen Kopfhörer ausgehändigt. Verlange ihn, wenn er fehlt! Dann sollst du gleich wieder einen Wisch unterschreiben, auf dem steht, dass das ganze Inventar von dir in unversehrtem Zustand übernommen wurde. Wenn sich dann später herausstellt, dass doch etwas kaputt ist, dann ziehen sie es dir von deinem Geld ab. Deshalb am besten nicht unterschreiben - denn so genau kann man die Sachen in der kurzen Zeit und in der Stimmung, in der man ist, gar nicht kontrollieren. Man sagt z.B.: „Lassen Sie mir die Liste noch zwei Tage hier". Wenn der Beamte sich dann nicht zufrieden gibt und damit droht, den Kopfhörer wieder mit herauszunehmen, kann man notfalls zumindest den Kopfhörer quittieren. Oder man schreibt auf den Wisch: „ Vorbehaltlich einer genaueren Prüfung - Gustav Krüger" oder so ähnlich. Dann wird man auf seine Pflichten und - wie es so schön heißt - auf seine „Rechte" aufmerksam gemacht. Meistens, indem man Hausordnung, Zellenordnung und noch ein „Merkblatt" bekommt. Verlange aber auch noch die „Untersuchungshaftvollzugsordnung". Um dir endgültig klar zumachen, wo du dich befindest, kriegst du in manchen Anstalten noch einen Wisch zum Unterzeichnen hingelegt, auf dem etwa steht: „Mir ist bekanntgegeben worden, dass die Anstalt durch einen elektrisch geladenen Zaun gesichert ist und dass bei Fluchtversuch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht wird". Wie gesagt, das ist wie mit den hausierenden Vertretern: möglichst nichts unterschreiben - erst recht dann nicht, wenn man es nicht genau versteht!

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